Mastitis (Pferd)
Synonyme: Euterenzündung, Gesäugeentzündung
Englisch: mastitis
Definition
Als Mastitis bezeichnet man eine Entzündung der Milchdrüse bei der Stute, die häufig mit systemischen Krankheitszeichen sowie einer deutlichen Veränderung des Milchsekrets einhergeht.
Vorkommen
Mastitiden treten bei Stuten in allen Reproduktionsstadien (Trächtigkeit, Rosse, Zwischenrosse) auf. Rund 50 % der Mastitiden sind Laktations-assoziiert, wohingegen ca. 25 % der Erkrankungen sich bei Stuten nach dem Absetzen oder Verlust des Fohlens entwickeln. Die restlichen 25 % der Mastitiden manifestieren sich hingegen erst einige Monate nach der letzten Laktation.
Bei etwa der Hälfte aller Erkrankungen ist nur eine Euterhälfte betroffen.
Ätiologie
Der Auslöser einer Mastitis ist in fast allen Fällen eine bakterielle Infektion. Innerhalb des möglichen Erregerspektrums dominieren β-hämolysierende Streptokokken:
- Streptococcus equi subspecies zooepidemicus
- Streptococcus equi subspecies equi
- Streptococcus dysgalactiae subspecies equisimilis
- Streptococcus agalactiae (selten)
Zusätzlich können häufig auch koagulase-positive Staphylokokken (v.a. Staphylococcus aureus) gefunden werden. In rund 40 % der Erkrankungen sind gramnegative Bakterien beteiligt, insbesondere:
- Escherichia coli
- Klebsiella spp.
- Pseudomonas spp.
- Enterobacter spp.
Neben den genannten Erregern sind auch Nocardia spp. sowie Nematoden als Auslöser beschrieben.
Pathogenese
Der genaue Infektionsweg kann meistens nicht mehr nachvollzogen werden. Da die beim Pferd vorkommenden Mastitiserreger Umweltkeime sind, können sie sowohl in der Umgebung als auch auf der Haut betroffener Tiere nachgewiesen werden. Aufgrund dessen wird in den meisten Fällen von einer galaktogenen Infektion ausgegangen.
Zu den prädisponierenden Faktoren einer galaktogenen Übertragung zählen das ungenügende Saugen oder gar der Tod des Fohlens während der Laktation. Gleichzeitig soll es auch zu einer Erregerübertragung aus dem Nasen-Rachen-Raum des Fohlens während des Saugaktes kommen.
Ein Teil der bei betroffenen Stuten isolierten Erreger befällt nach der Infektion auch andere Organsysteme sowie die regionären Lymphknoten. Aufgrunddessen besteht häufig eine Erregerpersistenz in diesen Organen. Infolge unbekannter Auslöser können sich diese Erreger über den Blutweg (hämatogen) wieder im Euter ansammeln und eine erneute Infektion verursachen.
Selten werden auch Entzündungen des Gesäuges nach oberflächlichen Verletzungen der Euterhaut sowie der Zitze beobachtet. Gleichzeitig stehen zudem Insektenstiche im Verdacht, eine Infektionspforte für verschiedene Erreger zu sein.
Klinik
Anhand der Klinik sowie der Dauer der Erkrankung ist zwischen folgenden zwei Mastitisformen zu unterscheiden:
- akute Mastitis
- chronische Mastitis
Akute Mastitis
Akute Mastitiden verlaufen meist als katarrhalische Entzündungen mit weitgehendem Erhalt des Milchcharakters. Gelegentlich entwickelt sich auch eine phlegmonösee Entzündung.
Bei deser Form der Mastitis ist das Gesäuge diffus geschwollen und deutlich palpationsdolent. Die Euterhaut ist gespannt und kaum mehr vom darunterliegenden Gewebe abhebbar. Die vom Gesäuge ausgehende Schwellung zieht v.a. nach kranial in den Voreuterbereich und teilweise auch nach kaudal sowie bis an die Hintergliedmaßen. Sowohl die Blut- als auch die Lymphgefäße im Voreuter- sowie Zwischenschenkelbereich sind gestaut und vergrößert.
Erkrankte Stuten fallen insbesondere durch Bewegungsunlust, Lahmheit und/oder Schwellungen der Gliedmaßen auf. Das Eutersekret enthält Eiter- oder Fibrinflocken. Abhängig vom Ausmaß der Entzündung kann der Milchcharakter entweder erhalten oder auch verloren gegangen sein. Zusätzlich weisen die Tiere eine deutlich erhöhte innere Körpertemperatur, ein gestörtes Allgemeinbefinden und Inappetenz auf.
Chronische Mastitis
Chronische Mastitiden treten meist als katarrhalische und in weiterer Folge auch als abszedierende Mastitis (Mastitis apostematosa) klinisch in Erscheinung. Bleibt die Infektion unbehandelt, kommt es häufig zu einer bindegewebigen Induration des Gesäuges mit Verlust der Milchproduktion.
Bei der Palpation des Euters fallen entweder derbe Knoten oder nekrotisierende Umfangsvermehrungen auf, die auch fluktuieren können und abszedieren. Ein Durchbruch der Abszesse zurch die Haut nach außen ist möglich. Das Euter ist in den meisten Fällen hochgradig schmerzhaft. Das Eutersekret ist entweder wässrig oder wässrig-eitrig, wobei die Milchbildung auch völlig sistieren kann.
Differenzialdiagnosen
Differenzialdiagnostisch ist ein physiologisch auftretendes, geburtsbedingtes Euterödem auszuschließen.
Diagnose
Bei Verdacht auf eine Mastitis muss das Euter sowie das Eutersekret sowohl adspektorisch als auch palpatorisch beurteilt werden.
Die Stute ist für die Untersuchung in einen Zwangsstand zu bringen. Sollte es aufgrund der Schmerzen zu deutlichen Abwehrbewegungen kommen, ist ggf. eine Sedierung notwendig. Nach der klinischen Untersuchung erfolgt die detaillierte Untersuchung des Gesäuges. Eine diffuse Schwellung weist hierbei auf eine akute Mastitis hin, während umschriebene Knoten oder gar Abszesse auf eine chronische Entzündung deuten. Zusätzlich ist das abgemolkene Milchsekret makroskopisch zu beurteilen. Hierbei sind v.a. folgende Punkte relevant:
- Stadium der Laktation (die Milch wechselt während der Laktation den Charakter)
- Milchcharakter (serös, milchig, molkig u.ä.)
- Beimengungen (Eiter, Blut, Fibrin)
Zusätzlich ist eine bakteriologische Untersuchung einer steril entnommenen Milchprobe durchzuführen. Die Zitzen werden hierfür vorab mittels Zellstoff und Alkohol desinfiziert und anschließend ausgemolken. Die Milchprobennahme ist möglichst unter sterilen Kautelen vorzunehmen. Eine (wie beim Rind übliche) quantitative Bestimmung der in der Milch enthaltenen Zellen ist beim Pferd aufgrund der geringen Zellzahl nicht aussagekräftig.
Therapie
Die akute Mastitis wird mit parenteralen Antibiotika und nichtsteroidalen Antiphlogistika behandelt. Die Wahl des geeigneten Antibiotikums hängt dabei vom Antibiogramm und von der Pharmakologie des Wirkstoffs ab. Wichtig ist, dass das Antibiotikum die Blut-Euter-Schranke passieren kann. Gut geeignet sind Penicilline sowie Cephalosporine. Oftmals wird Penicillin G (10.000 I.E./kgKG i.v. QID) mit Gentamicin (6,6 mg/kgKG i.v. SID) kombiniert. Zusätzlich sind NSAID's wie z.B. Flunixin (1,1 mg/kgKG i.v. BID) indiziert. Parallel dazu muss das Euter mehrmals täglich händisch ausgemolken und das Ausmelken mittels Oxytocin-Injektionen (20 I.E./Injektion) unterstützt werden.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Chronische Mastitiden werden ähnlich wie eine akute Mastitis mit Antibiotika und NSAIDs behandelt. Bereits gereifte Abszesse sind chirurgisch zu spalten und mittels Drainage und mehrmaligem Spülen zu versorgen. Bei hochgradig knotigen Euterveränderungen kann eine Euteramputation notwendig sein.
Literatur
- Aurich C (Hrsg.). 2009. Reproduktionsmedizin beim Pferd. Gynäkologie - Andrologie - Geburtshilfe. 2., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Parey-Verlag. ISBN: 978-3-8304-4179-3