Lysergid
Synonyme: Lysergamid, D-Lysergsäurediethylamid
Drogen-Slang: Acid, Trips, Blotter, Blots
Abkürzung: LSD, L5D-25
Englisch: lysergide
Definition
Lysergid (D-Lysergsäurediethylamid) ist ein stark wirksames synthetisches Halluzinogen. Es ist ein Derivat der Lysergsäure, die vom Mutterkornpilz (Claviceps purpurea) gebildet wird, der parasitär verschiedene Getreidesorten, insbesondere den Roggen (Secale cereale), befällt.
Strukturformel
Pharmakologie
Bei Lysergid handelt es sich um einen Serotonin-Partialagonisten, der postsynaptische 5-HT2A-Rezeptoren aktiviert. Die halluzinogene Wirkung kann bereits 30 bis 60 Minuten nach oraler Einnahme einsetzen und erreicht meist nach 1 bis 4 Stunden ihr Maximum. Stärke und Dauer der Wirkung hängen von der individuellen Empfindlichkeit (Vulnerabilität) des Konsumenten und den äußeren Bedingungen ("Set und Setting") ab, unter denen konsumiert wird. Die Wirkung klingt nach 6 bis 12 Stunden ab. LSD wird zu 2-Oxo-3-Hydroxy-LSD biotransformiert. Die Plasmahalbwertszeit beträgt ca. 4 Stunden. Die selektive und kompetitive Blockade der 5HT2A-Rezeptoren durch Ketanserin als "Prämedikation" verhindert bewusstseinsverändernde Wirkungen von LSD.[1]
Symptome
Der Konsum von LSD löst einen chaotischen Bewusstseinszustand aus, welcher der prodromalen Phase einer paranoiden Psychose ähnlich ist.[2] Zuerst kommt es zu visuellen Halluzinationen (kaleidoskopartige Bilder, Verzerrungen), die von eher leichten gastrointestinalen Störungen begleitet werden. Eine ausgeprägte Euphorie setzt ein. Das formale Denken ist gestört. Zeit- und Raumgefühl sind aufgehoben; die Zeit wird als gedehnt erlebt. Es kommt zur Kreuzung von Wahrnehmungen unterschiedlicher Sinnesqualitäten (Synästhesie). Das psychotische Erleben (Derealisation und Depersonalisation) kann eine Panikreaktion auslösen ("Horrortrip"). Durch den LSD-Konsum kann sich eine latente Psychose dauerhaft manifestieren. Flashbacks, also das Wiederauftreten psychotischen Erlebens ohne erneuten Konsum, sind möglich.
Begleitend kommt es zu sympathomimetischen und parasympathischen Effekten. Dazu zählen u.a.:
- Kältegefühl, periphere Vasokonstriktion mit lividen Akren
- Mydriasis, Akkommodationsstörungen
- leichte Tachykardie/Bradykardie
- leichte Hypertonie/Hypotonie
- Hyperhidrosis
- Hyperreflexie
Toleranz und Abhängigkeit
Bei wiederholter täglicher LSD-Einnahme kommt es innerhalb weniger Tage bis zu 2 Wochen zum Nachlassen der Wirksamkeit und Kreuztoleranz gegenüber anderen Halluzinogenen (z.B. Meskalin). Es entwickelt sich eine psychische, jedoch keine physische Abhängigkeit.
Anwendung
LSD wurde anfangs zur Erforschung der schizophrenen Psychose (Modellpsychose) eingesetzt und ab den 1950er Jahren als Hilfsmittel einer psychoanalytisch orientierten Psychotherapie als Psycholytikum zur Therapie von Neurosen untersucht. Auch zur Behandlung der Alkoholabhängigkeit wurden Untersuchungen mit LSD durchgeführt. Gegenwärtig wird über eine Verwendung von LSD beim sogenannten Clusterkopfschmerz sowie in der Psychotherapie von Krebspatienten im Endstadium (Sterbebegleitung) diskutiert.[3][4]
Bereits in den 1960er Jahren wurde LSD auch als Weg zur Bewusstseinserweiterung und als Mittel des Protestes gegen eine technisierte Leistungsgesellschaft durch Timothy Leary propagiert, was 1967 zur Illegalisierung in den USA führte. In den 1980er Jahren wurde es als Partydroge vor dem Hintergrund der Musikrichtungen Acid und Techno wieder modern. Als "Candyflipping" wird LSD zusammen mit Ecstasy eingenommen. LSD wird vor allem oral, aber auch intravenös oder intramuskulär konsumiert. Als Träger der geringen Dosis dienen getränktes Löschpapier (Blotter), dünne Kartons (Pappen) oder beträufelte Zuckerstückchen. Auch in Form von Tabletten ("Mini-Mikro-Drips") wird LSD angeboten.
Toxizität
Bei Überdosierungen werden relativ hohe Dosierungen ohne vitale Bedrohung toleriert. Als lebensgefährlich gelten 0,2 bis 1,0 mg/kgKG.
Toxikologische Analytik
Für die Untersuchung (Enzymimmunoassay, Radioimmunoassay) werden 10 ml Spontanurin bzw. 2 ml Serum oder Plasma benötigt. Die Nachweisdauer im Urin beträgt etwa 1 bis 4 Tage nach der Einnahme, im Blut aber nur bis zu 12 Stunden. Die Nachweisgrenze im Urin beträgt 20 ng/l, im Serum 25 ng/l. Nach dem Konsum einer halluzinogen wirksamen Dosis wurden im Urin bis 50 ng/ml nachgewiesen.
Im Urin-Schnelltest kann es durch Kreuzreaktionen mit Ambroxol, Fentanyl, Sertralin und Trazodon zu falsch-positiven Ergebnissen kommen.[5][6]
Geschichte
Der Schweizer Chemiker Albert Hofmann (1906-2008), der seit 1938 an der Synthese von Lysergsäure-Derivaten für den Pharmakonzern Sandoz arbeitete, beschreibt den LSD-Selbstversuch am 19. April 1943 (sogenannter Bicycle Day) wie folgt:
16:20 Uhr Einnahme der Substanz. 17:00 Uhr beginnender Schwindel, Angstgefühl, Sehstörungen, Lähmungen, Lachreiz. Mit Velo (Fahrrad) nach Hause. Von 18:00 bis ca. 20:00 Uhr schwerste Krise ... die Veränderungen und Empfindungen waren von gleicher Art (wie gestern), nur viel tiefgreifender ... Schon auf dem Heimweg mit dem Fahrrad ... nahm mein Zustand bedrohliche Formen an. Alles in meinem Gesichtsfeld schwankte und war verzerrt wie in einem gekrümmten Spiegel. Auch hatte ich das Gefühl, mit dem Fahrrad nicht vom Fleck zu kommen. Indessen sagte mir später meine Assistentin, wir seien sehr schnell gefahren ...
Er hatte versehentlich wahrscheinlich 250 µg, die drei- bis fünffache der heute »gebräuchlichen« Dosis (75–150 µg), eingenommen. Anfang der 1970er-Jahre wurde LSD als Therapeutikum aufgegeben.[7]
Rechtslage
LSD untersteht der Anlage I des BtMG (nicht verkehrsfähige Substanz).
Quellen
- ↑ Becker AM et al. Ketanserin Reverses the Acute Response to LSD in a Randomized, Double-Blind, Placebo-Controlled, Crossover Study in Healthy Participants. Int J Neuropsychopharmacol. 2023
- ↑ Preller KH et al. Effective connectivity changes in LSD-induced altered states of consciousness in humans. Proc Natl Acad Sci U S A. 2019
- ↑ Gasser et al. Safety and Efficacy of Lysergic Acid Diethylamide-Assisted Psychotherapy for Anxiety Associated With Life-threatening Diseases. J Nerv Ment Dis 2014
- ↑ Gasser et al. LSD-assisted psychotherapy for anxiety associated with a life-threatening disease: A qualitative study of acute and sustained subjective effects. J. Psychopharmacol 2015
- ↑ Pfäffli M et al. Urinschnelltests (Immunoassays) auf Drogen und Medikamente. Schweiz Med Forum 2013
- ↑ Dicheva-Radev S. Falsch-positiver Test auf Amphetamin unter Methyldopa. Bulletin zur Arzneimittelsicherheit 02/2024, abgerufen am 17.07.2024
- ↑ Hofmann A. LSD - Mein Sorgenkind : Die Entdeckung einer "Wunderdroge". 7. Aufl., Stuttgart : Klett-Cotta 2018
Literatur
- Scherbaum N. LSD. In: Scherbaum N (Hrsg.) Das Drogentaschenbuch. 5 Aufl., Stuttgart: Thieme 2016
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