Tracheotomie
von altgriechisch: τραχύς ("trachys") - rau, hart; τομή ("tomé") - Schnitt
Synonym: Luftröhrenschnitt
Englisch: tracheotomy
Definition
Die Tracheotomie beschreibt einen operativen Zugang zur Luftröhre auf der Höhe des 2. bis 4. Trachealknorpels und dient der Sicherstellung der Beatmung des Patienten in spezifischen Situationen. Die dabei entstandene Verbindung zwischen Trachea und dem äußeren Luftraum wird Tracheostoma genannt. Die Tracheotomie als elektiver Eingriff ist nicht mit der in Notfallsituationen indizierten Koniotomie (Zugang nach Spreizung oder Durchtrennung des Ligamentum cricothyroideum) zu verwechseln.
Nomenklatur
Der Begriff "Tracheotomie" bezeichnet nur die chirurgische Eröffnung der Luftröhre, während mit "Tracheostomie" die Eröffnung der Luftröhre mit ihrer anschließenden Fixierung an der Halshaut gemeint ist. In der klinischen Alltagssprache werden beide Begriffe jedoch häufig synonym verwendet.
Lokalisation
Je nach Höhe, an der die Tracheotomie durchgeführt wird, unterscheidet man klinisch:
- Tracheotomia superior: zwischen dem 2. und 3. Trachealknorpel
- Tracheotomia media: zwischen dem 3. und 4. Trachealknorpel
- Trachetotomia inferior: zwischen dem 4. und 5. Trachealknorpel
Beim Erwachsenen wird im Regelfall eine Tracheotomia media durchgeführt.[1] Dabei wird der Schilddrüsenisthmus, wenn möglich, nach kranial verlagert. Ist das nicht der Fall, wird er reseziert und der Absetzungsrand an beiden Schilddrüsenlappen umstochen. In manchen Lehrbüchern wird abweichend die Tracheotomia superior als präferierter Zugang genannt.
Methoden
Neben der klassischen plastischen Tracheotomie (OCT) besteht seit etwa 20 Jahren die Alternative einer perkutanen Dilatationstracheotomie (PDT). Der Eingriff erfolgt in Lokalanästhesie unter Sedierung oder unter totaler intravenöser Anästhesie bei übergestrecktem Kopf.
Klassische (Plastische) Tracheotomie
Zunächst muss die ventrale Trachealwand freigelegt werden. Hierzu werden zunächst die Kutis und die Subkutis gespalten. Anschließend wird durch das Platysma und die mediane Faszie der geraden Halsmuskulatur durchpräpariert. Besondere Vorsicht gilt bei der Präparation des subkutanen Gewebes sowie des Randes des Musculus sternocleidomastoideus, wo Nervenbahnen und Gefäße verlaufen. Ebenfalls geachtet werden muss auf den Truncus brachiocephalicus, welcher ventral und rechtslateral der Trachea verläuft. Anschließend wird die Trachea identifiziert, inzidiert und der Tubus eingeführt. Das entstandene Tracheostoma ist größer und stabiler als bei der PDT. Nach Entfernung des Tubus verschließt es sich zumeist komplikationslos nach einigen Minuten.
Soll das Tracheostoma längere Zeit liegen, wird es als so genanntes epithelisiertes "Tracheostoma" angelegt. Hierbei wird ein Teil der Trachea fensterflügelartig aufgeklappt und mit der Halshaut fest vernäht. Es entsteht ein stabiler Atemkanal ohne Wundfläche. Der Verschluss eines plastischen Tracheostomas erfolgt ebenfalls chirurgisch mittels einer Tracheostomie-Verschlussplastik, die in örtlicher Betäubung durchgeführt werden kann.
Perkutane Dilatationstracheotomie
Bei der perkutanen Dilatationstracheotomie wird ebenfalls eine kleine Inzision durchgeführt, der zunächst sehr kleine Schnitt wird jedoch anschließend mit modifizierter Seldinger-Methode mittels Dilatatoren unterschiedlicher Größe geweitet und der Tubus letztendlich eingeführt.
Indikationen
Die Anlage eines Tracheostomas erfolgt vor allem bei langzeitbeatmeten Patienten, deren Beatmungsdauer (voraussichtlich) über 21 Tage betragen wird. Die Entscheidung für die Anlage eines Tracheostomas sollte bis zum 7. Tag der endotrachealen Beatmung getroffen sein. Die Tracheostomie gehört zu den häufigsten Eingriffen bei beatmeten Patienten in der ICU. Weitere Indikationen sind
- Anomalien oder Verletzungen der oberen Atemwege (Nasengänge, Larynx und Pharynx), die eine sichere endotracheale Beatmung erschweren oder unmöglich machen
- Mittelgesichtsfrakturen
- Schädelbasisfrakturen
- Langfristig fehlende Schutzreflexe (z.B. nach schwerem Schädel-Hirn-Trauma)
Kontraindikationen
- Schwierige anatomische Bedingungen der oberen Atemwege
- Voroperationen am Hals mit erheblicher Narbenbildung
- Manifeste Infektion im Halsbereich
- Schwere Gerinnungsstörungen
- Schwerste Gasaustauschstörungen
Vor- und Nachteile
Vorteile der Tracheotomie
Die Tracheotomie bietet viele Vorteile gegenüber der konventionellen endotrachealen Beatmung, die besonders in der Intensivmedizin eine Rolle spielen.
- Die Möglichkeit zur Verwendung größerer Tubusdurchmesser senkt den Atemwegswiderstand (Weaning)
- Die Möglichkeit der oralen Nahrungsaufnahme
- Die Mundpflege und die Bronchialtoilette (d.h. das Absaugen) werden erleichtert
- Keine Larynxschäden (Stimmbandverletzung)
- Verminderte Inzidenz nosokomialer Pneumonien
- Durch den Einsatz eines Sprechaufsatzes wird dem Patienten das Sprechen ermöglicht (im Gegensatz zu intubierten Patienten)
Nachteile der Tracheotomie
- Bei nicht optimaler Verheilung oder Schnittführung kann eine kosmetisch störende Narbe zurückbleiben.
- Durch die Umleitung der Atemluft erreicht diese i.d.R. nicht mehr den Riechnerv, sodass der Patient nur noch eingeschränkt riechen und daher auch schmecken kann.
- Die Anwärmungs- und Reinigungsfunktion der oberen Atemwege kann nicht mehr genutzt werden.
- Der Fremdkörperreiz der Kanüle führt in der Trachea zur vermehrten Sekretbildung.
Komplikationen
Mögliche Komplikationen einer Tracheotomie sind:
- Druckulzera (Druckgeschwüre)
- tracheoösophageale Fisteln: Fistelverbindungen zwischen Trachea und Speiseröhre
- Verlegung des Stomas durch Sekrete (z.B. Wundwasser)
- Verletzungen von Gefäßen, Nerven, Haut oder Weichteilen
- Wundinfektion
Die häufigsten Ursachen für Tracheotomie-assoziierte Todesfälle sind Blutung, Verlust der Atemwege und Via falsa, d.h. das unbeabsichtigte (iatrogene) Verlassen des korrekten bzw. geplanten Verlaufs eines eingebrachten Instruments. Die Tracheotomie-assoziierte Mortalität beträgt bei der OCT 0,62 %, bei der PDT 0,67 %.[2]
Mögliche Langzeitkomplikationen eines Dilatationsstomas bei dauerhaft tracheotomierten Patienten sind:
- Ausbildung einer Trachealstenose (häufigste Langzeitkomplikation)
- Blutungen
- Läsionen
- Granulationen am Stoma
Quellen
- ↑ WebOP: Plastische Tracheotomie, abgerufen am 10.3.2021
- ↑ Klemm, Eckart; Nowak, Andreas Karl: Tracheotomie-assoziierte Todesfälle Dtsch Arztebl Int 2017; 114(16): 273-9; DOI: 10.3238/arztebl.2017.0273
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