Krongelenkarthrose (Pferd)
Synonym: Osteoarthritis/Arthrose des Krongelenks
Englisch: osteoarthritis of the proximal interphalangeal joint/pastern joint
Definition
Als Krongelenkarthrose bezeichnet man eine chronisch-degenerative Erkrankung des Krongelenks beim Pferd.
Epidemiologie
Krongelenkarthrosen sind häufige Auslöser einer Lahmheit beim Pferd. Die Erkrankung tritt bei allen Rassen und in jedem Alter auf, wobei ältere Pferde häufiger betroffen sind als jüngere. Die Veränderungen kommen an der Vordergliedmaße häufiger vor als an der Hinterhand.
Ätiologie
Häufigste Ursachen einer Krongelenkarthrose sind chronische Überbelastung sowie sich wiederholende Traumata des Krongelenks und der angrenzenden Weichteilstrukturen. Prädisponierende Faktoren sind u.a.:
- unphysiologische Gliedmaßenstellung (zeheneng bzw. zehenweit sowie einwärts- oder auswärts rotierte Hufen)
- untrainierte Pferde
- falsche Belastungen (z.B. schnelle Stops und Wendungen)
- Verletzungen des periartikulären Weichteilgewebes
- artikuläre Kronbeinfrakturen
- Osteochondrose
- septische Arthritis
Pathogenese
Das Krongelenk ist ein Sattelgelenk, das wenig Bewegungsspielraum zulässt (low-motion-joint), jedoch hohen Kräften ausgesetzt ist (high-energy-joint). Aufgrund dessen kommt es während der Belastung zu großen Krafteinwirkungen auf den Gelenkknorpel und auf den subchondralen Knochen, weshalb bereits kleine statische Abweichungen auf Dauer zu Schäden im und rund um das Gelenk führen.
Durch externe Kräfte (z.B. chronische Überbeanspruchung) kommt es zur direkten Schädigung des Knorpels und des darunterliegenden Knochens, weshalb sich subchondrale zystische Läsionen bilden. Zusätzlich werden oftmals die am Kronbein ansetzenden Weichteilgewebe (Gelenkkapsel, Bänder und Sehnen) gezerrt, sodass sich eine Periostitis bildet, die wiederum die Bildung von Osteophyten begünstigt. Das Gelenk wird instabil; es kommt zu sich wiederholenden Subluxationen und der Gelenkknorpel wird zusätzlich zerstört.
Krongelenkarthrosen entstehen auch sekundär infolge anderer Erkrankungen bzw. Verletzungen. Durch Osteochondrose (v.a. Hinterextremitäten bei jungen Pferden), Frakturen der Kronbeinbasis (hauptsächlich an den Hinterextremitäten), Traumata, septische Arthritis (z.B. Penetration eines Fremdkörpers) und unphysiologische Belastung (v.a. bei jungen Pferden) entwickelt sich im Verlauf eine Arthrose.
Klinik
Hauptsymptom ist eine fokal oder diffus vergrößerte Kronbeinregion, die sich sowohl adspektorisch als auch palpatorisch (v.a. dorsomedial und dorsolateral) darstellt. Häufig sind aktive Beuge- und Rotationsbewegungen in dieser Region schmerzhaft. Die Lahmheit hängt vom Schweregrad der Arthrose und von der Dauer der Erkrankung ab (Stützbeinlahmheit Grad 2-4 von 5). Die Lahmheit verschlimmert sich in der Regel im Trab, auf unebenem Boden oder bei Kreisbewegungen, z.B. an der Longe, wenn sich die betroffene Gliedmaße innen befindet.
Diagnose
Eine Verdachtsdiagnose lässt sich meistens mithilfe der Anamnese sowie der klinischen und orthopädischen Untersuchung (v.a. geschwollene Kronbeinregion, schmerzhafte Flexion und Rotation) stellen. Durch diagnostische Anästhesien kann die betroffene Region eindeutig eingegrenzt werden. Hierbei weist ein positiver hoher (proximaler) Fesselringblock bei negativer TPA-1 sowie TPA-2 auf eine Erkrankung des Krongelenks hin. Da eine intraartikuläre Anästhesie (Krongelenkanästhesie) nur die schmerzhaften Prozesse innerhalb der Gelenkkapsel desensibilisiert, ist die diagnostische Anästhesie bei zusätzlicher Beteiligung anliegender Strukturen nur teilweise positiv und daher nicht aussagekräftig.
Zusätzlich durchgeführte Röntgenuntersuchungen der Zehenregion vervollständigen die Diagnosestellung. Zu den häufigsten radiologischen Veränderungen einer Krongelenkarthrose gehören eine Weichteilschwellung, ein verengter und/oder deformierter Gelenkspalt, Osteophytenbildung, subchondrale Sklerosierung und periostale sowie periartikuläre knöcherne Proliferationen. Osteolysen und Knochenzysten werden ebenso beobachtet. In unklaren Fällen sollte eine Szintigraphie oder eine Magnetresonanztomographie (MRT) durchgeführt werden.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach dem Schweregrad der Arthrose, den klinischen Symptomen, dem Alter und dem Verwendungszweck (z.B. Sportpferd oder Freizeitpferd) des Tieres sowie den finanziellen Mitteln der Patientenbesitzer. Grundsätzlich kann zwischen einer konservativen und einer chirurgischen Therapie ausgewählt werden.
Konservative Therapie
Die konservative Therapie kommt bei Pferden mit milder bis moderater Krongelenkarthrose zum Einsatz. Der Therapieplan besteht aus Ruheperioden, systemisch und/oder intraartikulär verabreichten antiphlogistischen sowie analgetischen Medikamenten, Hufkorrektur und orthopädischem Hufbeschlag. Häufig werden oral verabreichte NSAIDs (z.B. Phenylbutazon 2,2 bis 4,4 mg/kgKG SID für 10 bis 14 Tage) mit intraartikulären Triamcinolon- und Hyaluronsäure-Injektionen kombiniert.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Chirurgische Therapie
Chirurgische Behandlungsmethoden kommen vor allem bei Pferden zum Einsatz, die an starker Lahmheit in Kombination mit hochgradigen radiologischen Veränderungen leiden. Sämtliche Behandlungen zielen darauf ab, das Gelenk durch Ankylose unbeweglich zu machen. Hierfür wird entweder der Gelenkknorpel entfernt oder es werden das Fesselbein und das Kronbein mit Zugschrauben und/oder Platten aneinander fixiert. Anschließend ist die Gliedmaße mit einem Castverband (bis unterhalb des Karpus bzw. Tarsus) für ca. zwei Wochen zu stützen. Die Pferde müssen dann für weitere sechs bis acht Wochen Boxenruhe einhalten, bis anschließend wieder mit dem Aufbautraining begonnen werden kann.
Prognose
Grundsätzlich ist die Prognose nach einer Arthrodese an der Hintergliedmaße besser als an der Vordergliedmaße. Nach erfolgter Therapie können daher zwischen 89 und 95 % (Arthrodese an der Hintergliedmaße) bzw. 70 bis 85 % (Arthrodese an der Vordergliedmaße) der Pferde wieder ihren gewohnten Aktivitäten nachkommen (z.B. Freizeitpferd o.ä.). Rund 85 % der Pferde sind wieder im Sport einsetzbar.
Literatur
- Baxter GM. 2011. Adams and Stashak's Lameness In Horses. Sixth edition. Wiley-Blackwell Publishing, Ltd. ISBN: 978-0-8138-1549-7/2011.
- Brehm W, Burk J, Delling U, Hagen J, Köhler M, Litzke LF, Nowak M, Rijkenhuizen A, Schusser GF, Tietje S, Troillet A. Krankheiten des Bewegungsapparats. In: Brehm W, Gehlen H, Ohnesorge B, Wehrend A (Hrsg.). 2017. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. 849-1148. ISBN: 978-3-13-219621-6