Diagnostische Anästhesie (Pferd)
Synonyme: Infiltrations- und Leitungsanästhesie, diagnostische Injektion
Englisch: diagnostic anesthesia
Definition
Als diagnostische Anästhesie bezeichnet man die Lokalanästhesie unterschiedlicher anatomischer Strukturen im Rahmen der Lahmheitsdiagnostik beim Pferd.
Methoden
Zu den diagnostischen Anästhesien zählt man - abhängig von der Zielstruktur - folgende Methoden:
Medikamente
Aufsteigend nach der Wirkdauer können folgende Wirkstoffe herangezogen werden:
Wirkung
Bei Leitungsanästhesien tritt die anästhetische Wirkung zwischen 5 und 15 Minuten nach der Applikation ein. Bei der Injektion ist jedoch zu beachten, dass im umliegenden Gewebe keine Entzündung vorliegt, da es sonst zu einer verminderten und/oder verzögerten Wirkung kommt. Nach intrartikulären Anästhesien erfolgt der Wirkungseintritt etwa nach 5 Minuten.
Um die vollständige Desensibilisierung des Nervs bzw. der gewünschten Region zu überprüfen, muss das entsprechende Hautareal oder das betroffene Gelenk von außen (z.B. durch Berühren mit einem stumpfen Gegenstand oder durch Hyperflexion des Gelenks) gereizt werden.
Vorgehen
Leitungsanästhesien werden häufig mit 0,4 bis 0,9 mm weiten Kanülen (20 bis 25 G), intrasynoviale Injektionen hingegen mit 0,8 bis 1,2 mm weiten Kanülen (18 bis 21 G) durchgeführt. Werden tief im Körper liegende Regionen anästhesiert (z.B. Bursa podotrochlearis), sind Spinalkanülen zu verwenden.
Bei subkutanen und subfaszialen Injektionen müssen vorab nicht die Haare an der betroffenen Region entfernt werden. Es genügt, wenn der Bereich großzügig mit 70 %igem Alkohol desinfiziert wird. Befinden sich synoviale Strukturen im Injektionsgiebet, muss zusätzlich mit einer desinfizierenden Seife gewaschen und möglichst sauber gearbeitet werden. Werden synoviale Strukturen gezielt punktiert, müssen unbedingt sterile Kautelen eingehalten werden. Die gewünschte Stelle wird bei Bedarf mit einer Schermaschine von langen Haaren entfernt, mit desinfizierender Seife mehrmals gewaschen und anschließend gründlich desinfiziert. Bei der Punktion sind sterile Handschuhe sowie unangebrochene Medikamentengefäße Voraussetzung. Werden alle Vortsichtsmaßnahmen eingehalten, ist eine routinemäßige und prophylaktische Antibiotikaapplikation nicht nötig.
Beurteilung
Nachdem die diagnostische Anästhesie durchgeführt und die notwendige Wirkzeit abgewartet wurde, kann das Pferd erneut vorgeführt werden. Das Ergebnis der Anästhesie wird dann mit negativ, positiv oder mit Restlahmheit beurteilt. Der Grad der verbliebenen Lahmheit sollte subjektiv in Prozent angegeben werden (z.B. die Verminderung der Lahmheit um 70 bis 80 % deutet auf ein positives Ergebnis hin). Im Zweifelsfall können weitere diagnostische Schritte (z.B. Provokationsproben) angeschlossen werden.
Komplikationen
Nach diagnostischen Anästhesien können auch nach gründlicher Vorbereitung und aseptischem Vorgehen Infektionen auftreten. Zusätzlich kann eine mögliche Fissur durch die Anästhesie maskiert und bei anschließender Belastung vollständig frakturieren. Die Pferdebesitzer müssen daher im Vorhinein auf die möglichen Komplikationen hingewiesen werden.
Literatur
- Brehm W, Burk J, Delling U, Hagen J, Köhler M, Litzke LF, Nowak M, Rijkenhuizen A, Schusser GF, Tietje S, Troillet A. Krankheiten des Bewegungsapparats. In: Brehm W, Gehlen H, Ohnesorge B, Wehrend A (Hrsg.). 2017. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. 849-1148. ISBN: 978-3-13-219621-6
- Brehm W, Hertsch B, Jahn W, Stadtbäumer G, Stadler P. 2013. Leitfadensammlung: Zur Sorgfalt bei diagnostischen Anästhesien im Rahmen der Lahmheitsuntersuchung und bei therapeutischen Injektionen synovialer Einrichtungen beim Pferd. Gesellschaft für Pferdemedizin (GPM).
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