Aseptische Knochennekrose
Synonyme: Aseptische Osteonekrose, aseptische Knochennekrose, aseptische Osteonekrose, (Juvenile) Osteochondrose
Englisch: aseptic osteonecrosis
Definition
Nomenklatur
Die Begriffe "ischämische" und "avaskuläre Nekrose" werden v.a. bei subchondralen (epiphysären) Osteonekrosen verwendet. Der Begriff "Knocheninfarkt" bezieht sich hingegen auf medulläre (metaphysäre) Osteonekrosen. Inzwischen wird der umfassende Begriff Osteonekrose bevorzugt verwendet.
Als "Osteochondrose" bzw. "Osteochondritis" werden Erkrankungen bei Kindern und Jugendlichen bezeichnet, bei denen eine Osteonekrose zu einer Störung des Knochenwachstums führt. Der Begriff "Osteochondrose" wird in der klinischen Alltagssprache jedoch auch häufig als Sammelbegriff für degenerative Veränderungen des Gelenkknorpels und des gelenknahen Knochens verwendet.
Ätiologie
Die Ätiologie aseptischer Knochennekrosen ist bisher (2022) unklar. Es werden unter anderem konstitutionelle Faktoren, lokale Durchblutungsstörungen und rezidivierende Mikrotraumen als begünstigende Faktoren angegeben.
Epidemiologische Untersuchungen und Fallstudien konnten einige Risikofaktoren für die Entstehung von aseptischen Knochennekrosen aufzeigen. Hierzu gehören unter anderem:
- hochdosierte immunsuppressive Therapie, z.B. mit Glukokortikoiden oder Sirolimus
- Zustand nach Chemotherapie, insbesondere bei Leukämien und Lymphomen
- Bisphosphonate (aseptische Osteonekrose des Unterkiefers)
- Bestrahlungen
- Taucherkrankheit
- Aufenthalt in Druckluftumgebungen (z.B. im Bergbau)
- Chronischer Alkoholismus
- Morbus Gaucher
- Sichelzellanämie
- Systemischer Lupus erythematodes
- rheumatoide Arthritis
Die Risikofaktoren sind nicht ausreichend untersucht, um kausale pathophysiologische Zusammenhänge folgern zu können.
Pathogenese
Gemeinsames Merkmal der Entstehung aller aseptischen Knochennekrosen ist der Verschluss eines den betreffenden Knochenabschnitt versorgenden Blutgefäßes. Infolge der Ischämie des Knochens kommt es zum Knochenabbau, Destruktion und eventuell Funktionsausfall. Die Knochendestruktionen können folgenlos ausheilen, jedoch auch zu schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Gelenke und Skelettfunktion führen.
Krankheitsbilder
Je nach betroffenem Knochen gibt es für die aseptischen Knochennekrosen eigene Bezeichnungen.
- Obere Extremität
- Morbus Haas (Humeruskopf)
- Morbus Friedrich (mediale Seite der Clavicula)
- Morbus Panner (Capitulum humeri)
- Morbus Hegemann (Trochlea humeri)
- Morbus Kienböck (Os lunatum)
- Morbus Preiser (Os scaphoideum)
- Morbus Dietrich (Kopfbereiche der Metacarpalia)
- Morbus Thiemann (Basen der Fingermittelglieder)
- Untere Extremität
- Morbus Perthes (Femurkopf)
- Morbus Ahlbäck (Femurkondylen)
- Osteochondrosis dissecans (v.a. der Femurkondylen)
- Morbus Sinding-Larsen (distale Patellaspitze)
- Morbus Blount (medialer Tibiakopf)
- Morbus Osgood-Schlatter (Tuberositas tibiae)
- Morbus Haglund (Calcaneus)
- Morbus Köhler I (Os naviculare bei Kindern)
- Müller-Weiss-Syndrom (Os naviculare bei Erwachsenen)
- Morbus Köhler II bzw. Morbus Freiberg (Kopfbereiche der Metatarsalia)
- Morbus Renander (Os sesamoide hallucis)
- Wirbelsäule
- Morbus Scheuermann (Deckplatten der Wirbelkörper)*
- Morbus Calvé (Wirbelkörper)
- Morbus Kümmel-Verneuil (Wirbelkörper)
- Becken
- Morbus van Neck (Os ischii)
- Morbus Pierson (Os pubis)*
*Der Morbus Scheuermann wird in älteren Lehrbüchern noch als aseptische Knochennekrose geführt. Er ist jedoch keine Osteonekrose, sondern eine Wachstumsstörung an den Deck- und Grundplatten der Wirbelkörper.
Diagnostik
Im Rahmen der Diagnostik erfolgt eine Darstellung mittels verschiedener bildgebender Verfahren. Die normale Röntgenaufnahme bietet häufig bereits charakteristische Veränderungen. Durch Anwendung moderner Schnittbildverfahren wie dem MRT und dem CT können Art und Ausmaß der Nekrose sehr genau analysiert werden um ein bedarfsgerechtes therapeutisches Vorgehen planen zu können.
Diagnostisch auszuschliessen bzw. zu differenzieren sind vor allem septische Formen der Knochennekrosen, eine Osteomyelitis, Neoplasien des Knochens und Knochenzysten.
Klassifiziert werden aseptische Knochennekrosen in je nach betroffenem Knochen erstellten Klassifikationen. Einen Ansatz zur einheitlichen Klassifikation bietet die sogenannte ARCO-Klassifikation.
Therapie
Die Therapie der aseptischen Knochennekrosen erfolgt adaptiert an den betroffenen Knochen, das Alter der Patienten und den Schweregrad der Nekrose.
Das Spektrum reicht hierbei von mechanischer Entlastung über Physiotherapie (z.B. Orthesen) bishin zu orthopädischen Eingriffen mit Bohrungen der Knochen (z.B. Pridie-Bohrungen), Osteotomien (z.B. Varisationsosteotomie bei M. Perthes) oder Gelenkersatz durch Endoprothetik.