Gesamtbilirubin
Synonyme: Serumbilirubin gesamt, totales Bilirubin, TBIL, T-BIL
Englisch: total serum bilirubin, TSB
Definition
Das Gesamtbilirubin ist ein wichtiger Laborparameter zur Erfassung von Störungen des Bilirubin-Stoffwechsels und gibt damit Auskunft über mögliche
- Störungen der Erythrozytenfunktion (Hämolyse)
- Erkrankungen der Leber
- Störungen des Galleabflusses
Hintergrund
Das Gesamtbilirubin umfasst vier Fraktionen:
- unkonjugiertes Bilirubin ("indirektes Bilirubin"): Bilirubin, das praktisch wasserunlöslich ist und im Plasma locker an Albumin gebunden vorliegt
- konjugiertes, direktes Bilirubin: Bilirubin, das glucuronidiert wurde und dadurch wasserlöslich ist
- Delta-Bilirubin: Konjugiertes Bilirubin, das im Plasma kovalent an Albumin gebunden ist
- freies Bilirubin: Bilirubin, das im Plasma ungebunden vorliegt, normalerweise nur ein sehr geringer Anteil
Bei der Bestimmung des direkten Bilirubins wird neben dem konjugiertem Bilirubin auch Delta-Bilirubin und in geringem Umfang unkonjugiertes Bilirubin erfasst. Im klinischen Alltag sind diese Feinheiten selten relevant. "Konjugiertes Bilirubin" und "direktes Bilirubin" werden synonym verwendet.
Material
Für die Untersuchung werden 1 ml Serum oder EDTA-Plasma benötigt.
Präanalytik
Bilirubin wird durch kurzwelliges Licht zersetzt. Direkte Sonneneinstrahlung kann innerhalb einer Stunde zu Bilirubinverlusten von bis zu 50% führen. Proben für die Bilirubinmessung müssen deshalb vor Licht geschützt oder rasch ins Labor gebracht werden (Präanalytik).
Methode
Die Bestimmung des Gesamtbilirubin erfolgt mittels photometrischem Farbtest. Hierbei wird ein Diazonium-Ion in stark saurer Lösung an Bilirubin gekoppelt, wobei Azobilirubin entsteht. Die Farbintensität des roten Azofarbstoffes ist direkt proportional zur Gesamtbilirubin-Konzentration.
Referenzwerte
Alter | Norm in mg/dl |
---|---|
Neugeborene 1. Tag | < 4,0 mg/dl |
Neugeborene 2. Tag | < 9,0 mg/dl |
Neugeborene 3. bis 5. Tag | < 13,5 mg/dl |
Erwachsene | < 1,1 mg/dl |
Umrechnung
Da die Gesamtbilirubin-Konzentration auch in der Einheit "µmol/l" angegeben wird, können die Werte hier umgerechnet werden:
Interpretation
Gesamtbilirubin erhöht
Die Gesamtbilirubin-Konzentration im Serum ist bei prähepatischem, intrahepatischem und posthepatischem Ikterus erhöht.
Prähepatischer Ikterus
Bei prähepatischem Ikterus ist vor allem das indirekte Bilirubin erhöht.
Intrahepatischer Ikterus
Bei intrahepatischem Ikterus kann sowohl das indirekte als auch das direkte Bilirubin erhöht sein. Entscheidend ist, ob die auslösende Lebererkrankung die Glukuronidierung des Bilirubins beeinträchtigt, oder nicht.
- primäre Störung des Bilirubinstoffwechsels (familiäre Hyperbilirubinämiesyndrome)
- Morbus Meulengracht (häufige Ursache)
- Crigler-Najjar-Syndrom
- Dubin-Johnson-Syndrom
- Rotor-Syndrom
- sekundäre Störungen des Bilirubinstoffwechsels (Leberparenchymschäden)
Posthepatischer Ikterus
Der posthepatische Ikterus führt vor allem zu einer Erhöhung des direkten Bilirubins.
- extrahepatische Cholestase
- Choledocholithiasis
- Neoplasien (Pankreaskopfkarzinom, Gallenblasenkarzinom, Cholangiozelluläres Karzinom)
- Gallengangsatresie
- Abstoßungsreaktion nach Lebertransplantation
- Ascaris-Infektion
Gesamtbilirubin erniedrigt
Erniedrigte Gesamtbilirubinwerte haben keinen Krankheitswert.
Falsch hohe Werte
Bei einer Urämie oder einem Darmverschluss kann es zur Messung von falsch hohen Gesamtbilirubinwerten kommen,
Hinweise zum Neugeborenen
Bei der Geburt ist die Leberfunktion noch nicht vollständig ausgereift, sodass das physiologisch anfallende Bilirubin nicht ausreichend konjugiert und ausgeschieden werden kann (Icterus neonatorum).
Bei einer Blutgruppeninkompatibilität kann die erhöhte Konzentration von unkonjugiertem Bilirubin (insbesondere bei Werten > 20 mg/dl) eine erhöhte Konzentration im Gehirn bewirken, wo es toxisch wirkt (Kernikterus). Eine Phototherapie kann hier Abhilfe schaffen.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 06.02.2021
- L. Thomas: Labor und Diagnose online, (2020), frei zugänglich