Crigler-Najjar-Syndrom
nach dem US-amerikanischen Pädiater John Fielding Crigler (geb. 1911) und dem libanesisch-stämmigen US-amerikanischen Pädiater Victor Assad Najjar (geb. 1914)
Synonym: Arias’ syndrome
Englisch: Crigler-Najjar syndrome
Definition
Das Crigler-Najjar-Syndrom ist eine angeborene Störung im Stoffwechsel des Bilirubins. Durch eine Konzentrationserhöhung von unkonjugiertem Bilirubin im Blut resultiert dabei ein Ikterus.
Einteilung & Pathophysiologie
Durch wissenschaftliche Fortschritte bezüglich des molekularbiologischen Verständnisses, können derzeit (2006) zwei Formen des Crigler-Najjar-Syndroms unterschieden werden:
- Crigler-Najjar-Syndrom Typ 1 (CN-I)
- Crigler-Najjar-Syndrom Typ 2 (CN II)
Beiden Formen liegen Gendefekte im UGT1A1-Gen auf Chromosom 2 mit gänzlich fehlender oder minimaler Aktivität der Bilirubin-UDP-Glukuronyltransferase zugrunde. Die Vererbung folgt einem autosomal-rezessiven Erbgang. Bei beiden Erkrankungen bestehen keinerlei Zeichen für eine Hämolyse.
Pathophysiologie des CN-I
Beim Crigler-Najjar-Syndrom Typ 1 ist die Enzymaktivität gleich null oder nur spurenhaft vorhanden. Es liegen Mutationen in den Exonen 2-5 des UGT1A1-Gens vor. Je nach Form und Außmaß der Mutation ist so die Glukuronidierung von Bilirubin, Steroidhormonen (v.a. Östrogen) und Medikamenten gestört.
Dadurch sind die Konzentrationen des unkonjugierten Bilirubins exzessiv erhöht (> 20 mg/dl). Die sonstigen Leberwerte (Transaminasen, Gamma-GT, AP) sind normwertig, die Histologie unauffällig. Die Galle betroffener Patienten ist nahezu farblos. Die Enzyme der Glukuronidierung lassen sich auch durch die Gabe von potenten Enzyminduktoren (Phenobarbital, Rifampicin) nicht induzieren.
Angehäuftes Bilirubin wird nur langsam metabolisiert und in zu geringem Umfang fäkal eliminiert. Im Urin ist kein Urobilinogen nachweisbar.
Pathophysiologie des CN-II
Im Gegensatz zum Crigler-Najjar-Syndrom Typ 1 besteht beim CN-II eine Restaktivität der UDP-Glukuronyl-Transferase von etwa 10 %. Der verantwortliche Gendefekt betrifft ebenfalls das UGT1A1-Gen (über 10 bekannte Mutationsformen) und kann ähnlich wie beim CN-I auch zur Konjugationsstörung von Hormonen und Medikamenten führen.
Der Plasmaspiegel für unkonjugiertes Bilirubin ist beim CN-II nicht so exzessiv erhöht (6-20 mg/dl). Durch eine Enzyminduktion mittels Phenobarbital können Werte auf 3-5 mg/dl erreicht werden.
Wie beim CN-I sind auch beim CN-II die sonstigen Leberparameter und die Histologie unauffällig.
Verlauf
Das Crigler-Najjar-Syndrom Typ 1 manifestiert sich unmittelbar nach der Geburt durch eine exzessive Hyperbilirubinämie, die unbehandelt regelhaft zu einem Kernikterus mit gravierenden neurologischen Schäden führt. Daher versterben betroffene Patienten unbehandelt in der frühen Kindheit.
Das Crigler-Najar-Syndrom Typ 2 verläuft nicht so zerstörerisch. Ein Kernikterus ist selten, die störende Symptomatik eines Ikterus mit Gelbfärbung der Haut und ausgiebigem Pruritus können die Lebensqualität jedoch stark einschränken.
Therapie
Die Therapie richtet sich nach Typ und Schweregrad der Erkrankung. Insbesondere bei einem CN-I ist die schnelle Einleitung einer Therapie äußerst wichtig.
Therapie des CN-I
Die konservative Therapie des Crigler-Najjar-Syndrom Typ 1 stützt sich auf drei Säulen:
- konsequente tägliche Blaulicht-Fototherapie mit (dadurch wird Bilirubin wasserlöslich)
- Gabe von Tinprotoporphyrin, einem Hemmer der Häm-Oxygenase (schwächt Bilirubinerhöhungen ab)
- Gabe von Calciumcarbonat und Calciumphosphat (steigert die Sekretion von unkonjugiertem Bilirubin in den Darm)
Durch diese Therapie kann die Lebenserwartung verlängert und das Eintreten neurologischer Komplikationen verzögert werden.
Eine weitere Therapieoption, die Lebertransplantation, ist möglichst frühzeitig anzustreben. In der experimentellen Phase befindet sich die allogene Transplantation von Hepatozyten.
Therapie des CN-II
Die Therapie des CN-II erfolgt durch die einmal tägliche Gabe von Phenobarbital. Alternativ ist auch Rifampicin möglich. Durch die Induktion der enzymatischen Aktivität kann die Bilirubinkonzentration im Plasma auf unbedenkliche Werte gesenkt werden.
Siehe auch: Morbus Gilbert-Meulengracht, Dubin-Johnson-Syndrom, Rotor-Syndrom, Neugeborenenikterus
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