Cushing-Schwelle
Definition
Die Cushing-Schwelle bezeichnet die Dosis an therapeutisch appliziertem Glukokortikoid, ab welcher der Patient ein iatrogenes Cushing-Syndrom entwickelt.
Hintergrund
Der körpereigene Regelkreis, die so genannte Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse, kann durch eine langfristige Therapie mit Glukokortikoiden (z.B. Prednisolon, Dexamethason, etc.), welche die Cushing-Schwellendosis überschreitet, aus dem Gleichgewicht gebracht werden. Aufgrund der hohen Konzentration an Glukokortikoiden entsteht ein Cushing-Syndrom, das sich u.a. mit folgenden Symptomen zeigt: Stammfettsucht, Stiernacken, rundes Gesicht, Striae rubrae, Virilisierung sowie Osteoporose, Amenorrhoe, Adynamie, Pergamenthaut und Diabetes mellitus.
Des Weiteren entsteht eine verminderte Stimulierbarkeit bis hin zur Atrophie der Nebennierenrinde, dem Bildungsort der Glukokortikoide. Eine hochdosierte über längere Zeit durchgeführte Glukokortikoid-Therapie muss daher auch immer langsam und vorsichtig abgesetzt werden, damit keine Nebenniereninsuffizienz auftritt.
Klinik
Das Risiko, die Cushing-Schwelle bei einer Therapie zu überschreiten, ist von der Applikationsart abhängig. Bei topischer Therapie, zum Beispiel bei Hauteffloreszenzen oder inhalativer Therapie bei Asthma bronchiale, liegt es deutlich niedriger als bei aggressiver intravenöser Therapie bei Systemmanifestationen einer Krankheit.
Die Cushing-Schwellendosis variiert aufgrund der unterschiedlichen Ansprechbarkeit auf Kortisonpräparate von Mensch zu Mensch. Die individuelle Cushing-Schwellendosis ist in erster Linie abhängig vom Alter und vom Geschlecht. Sie beträgt für die Substanz Hydrocortison (Cortisol) bei
- Kindern: ca. 7,5 mg/Tag
- Jugendlichen: ca. 7,5-10 mg/Tag
- Frauen:
- vor Menopause: ca. 25-30 mg/Tag
- nach Menopause: ca. 15-25 mg/Tag
- Männern: ca. 30-40 mg/Tag
Zum anderen bestehen auch zwischen den Präparaten selbst erhebliche Unterschiede. Synthetische Glukokortikoide haben eine relativ stärkere glukokortikoide Wirkung, so dass die Schwellendosis entsprechend niedriger liegt. Während zum Beispiel Betamethason und Dexamethason eine Cushing-Schwelle von nur 1,5 mg/Tag haben, liegt diese für das konventionelle Kortison bei 40 mg/Tag. Eine Übersicht über die Cushing-Schwellwerte einiger gebräuchlicher Glukokortikoide gibt folgende Tabelle:
Glukokortikoid | Relative Wirkpotenz | Cushing-Schwelldosis in mg/d |
---|---|---|
Betamethason | 30 | 1 |
Dexamethason | 30 | 1,5 |
Paramethason | 10 | 3 |
Triamcinolon | 5 | 6 |
Prednison bzw. Prednisolon | 4 | 7,5 |
Hydrocortison (Cortisol) | 1 | 30 |
Kortison | 0,8 | 40 |
Therapie
Das Risiko, die Cushing-Schwelle bei einer Glukokortikoidtherapie zu überschreiten und ein Cushing-Syndrom auszulösen, ist bei chronisch kranken Patienten, bei welchen wenig therapeutische Alternativen bestehen, besonders hoch. Hierzu zählen z.B. Patienten mit
Prophylaxe
Bei einer Langzeittherapie mit Glukokortikoiden gilt es eine Kortisondosis zu wählen, die gerade noch kein Cushing-Syndrom induziert. Dies kann zum einen durch Titration des jeweiligen Medikamentes erreicht werden. Dabei wird in einem akuten Stadium oder bei Ausbruch der Krankheit eine relativ hohe Dosis apliziert, diese jedoch im Laufe der Therapie auf eine niedrigere Erhaltungsdosis minimiert, sodass eine therapeutische Wirksamkeit besteht, jedoch keine Cushing-ähnlichen Symptome hervorgerufen werden.
Zum anderen können Immunsuppressiva wie Azathioprin, Cyclophosphamid, Methotrexat, Cyclosporin und andere mit der Glukokortikoidtherapie kombiniert werden, um eine Reduktion der Glukokortikoid-Erhaltungsdosis zu erreichen und somit unterhalb der Cushing-Schwelle zu therapieren.