Akutes hämorrhagisches Ödem des Kleinkindes
Synonyme: akutes infantiles hämorrhagisches Ödem, Kokardenpurpura Seidlmayer, Morbus Finkelstein, Finkelstein-Seidlmayer Syndrom
Englisch: acute haemorrhagic edema of infancy, AHEI, acute hemorrhagic edema of childhood, Finkelstein-Seidlmayer Disease
Definition
Das akute hämorrhagische Ödem des Kleinkindes, kurz AHEI, ist eine Form der leukozytoklastischen Vaskulitis, die überwiegend bei Kleinkindern auftritt. Es handelt sich hierbei um eine Immunkomplex-vermittelte Form einer kutanen Kleingefäßvaskulitis.
Hintergrund
Das AHEI wurde früher als kutane Variante der Purpura Schönlein-Henoch beschrieben. Da das AHEI jedoch klinische, pathologische und epidemiologische Unterschiede aufweist, findet es mittlerweile (2022) in der Literatur vermehrt Erwähnung als eigene Krankheitsentität.
Geschichte
Die Erstbeschreibung des AHEI erfolgte im Jahr 1913 durch Irving M. Snow im Journal of the American Medical Association (JAMA).
Epidemiologie
Bisher sind mehr als 300 Fälle weltweit beschrieben. Das AHEI tritt vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern vor dem zweiten Lebensjahr auf, bevorzugt in den Wintermonaten. Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen.
Ätiologie
Die Ursache des AHEI ist derzeit (2022) nocht nicht bekannt. Es wird angenommen, dass es sich beim AHEI um eine Immunkomplex-vermittelte Krankheit handelt. Dabei sind verschiedene Auslöser für dieses Krankheitsbild beschrieben. In vielen Fällen geht dem AHEI eine Infektion voraus, z.B. eine Otitis media, eine Harnwegsinfektion, ein Atemwegsinfekt oder eine Pneumonie. Häufige Erreger sind:
- Bakterielle Erreger, wie beispielsweise Mykoplasmen, Streptokokken oder Staphylokokken
- Virale Erreger, wie beispielsweise Rotaviren, Coxsackieviren, Adenoviren, CMV oder HSV
Darüber hinaus können Medikamente (z.B. Cephalosporine oder Penicilline) oder Impfungen die Entstehung eines AHEI triggern.
Infektionen, Medikamente oder Impfungen gehen in 75 % der Fälle einer AHEI vorraus.
Klinik
Die klassische Trias besteht aus Fieber, Ödem und einer rosettenartigen bzw. kreisförmigen Purpura.
Nach einer kurzen Prodromalphase mit leichtem Fieber entwickeln sich Ödeme an den Akren, die nach proximal voranschreiten können. Daraufhin entstehen bis zu 1 bis 3 cm große, gut abgrenzbare, kreisförmige, teils kokardenförmige, urtikarielle Plaques, die als palpable Purpura imponieren. Prädilektionsstellen sind die unteren Extremitäten, das Gesicht und die Glutealregion. Typisch ist eine Aussparung des Stammes und der Schleimhäute. Eine Blasen- oder Nekrosenbildung dieser Hautläsionen ist möglich. Es liegt in der Regel kein Pruritus vor.
Eine extrakutane Manifestation oder Beteiligung von viszeralen Organen ist selten.
Diagnostik
Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Gegebenenfalls wird eine Hautbiopsie zur Erhärtung der Verdachtsdiagnose durchgeführt. Eine Urindiagnostik und Blutuntersuchung sind meist ohne pathologischen Befund. In manchen Fällen kann eine Leukozytose, Thrombozytose und Eosinophilie vorliegen.
Um das AHEI von anderen möglichen Krankheitsbildern zu differenzieren, empfiehlt sich ein Blutbild, eine Urinanalyse sowie eine Gerinnungsdiagnostik.
Histologie
Histopathologisch zeigt sich eine leukozytoklastische Vaskulitis der kleinen Gefäße mit Ablagerungen von IgA (1/3 der Fälle) und Komplement in den Gefäßwänden. Dabei sieht man eine perivaskuläre neutrophile Infiltration mit Kernfragmenten in der Gefäßwand, die mit fibrinoiden Nekrosen einhergehen kann.
In der direkten Immunfluoreszenz einer Hautbiopsie ist IgA nur in einem Drittel der Fälle nachweisbar.
Differentialdiagnosen
- Purpura Schönlein-Henoch
- Waterhouse-Friderichsen-Syndrom
- Purpura fulminans
- Urtikaria-Vaskulitis
- Erythema exsudativum multiforme
- papulopurpurisches Gloves-and-Socks-Syndrom (PPGSS)
- Kawasaki-Syndrom
- Arzneimittelexanthem
Differenzierung zur Purpura Schönlein-Henoch
Das AHEI wird häufig fälschlicherweise als Purpura Schönlein-Henoch diagnostiziert.
Im Gegensatz zur Purpura Schönlein-Henoch zeigt sich bei der AHEI jedoch nur selten eine Beteiligung von inneren Organen (Niere, GI-Trakt, Gelenke). Seltene Komplikationen der Erkrankung sind eine Beteiligung der Nieren, eine GI-Blutung, Orchitis, Arthritis sowie ein Ödem des Scrotums.
AHEI | PSH | |
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Alter |
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Hautausschlag |
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Organbeteiligung |
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Histopathologie |
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Rezidivneigung |
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Prognose
Das AHEI ist in der Regel nach 1 bis 3 Wochen selbstlimitierend und hat eine gute Prognose ohne Rezidivneigung.
Therapie
Die Behandlung erfolgt rein symptomatisch. In einigen Fällen wird der Einsatz von Kortikosteroiden diskutiert, wobei dafür noch Studien bezüglich des Nutzens notwendig sind.
Literatur
- Kretschmer et al. Akutes hämorrhagisches Ödem des Kleinkindes - Klinisches Bild einer leukozytoklastischen Vaskulitis Monatsschrift Kinderheilkunde, Ausgabe 7/2016, Springer
- Altmeyers - Akutes hämorrhagisches infantiles Ödem, abgerufen am 20.08.2022
- Lava et al. Cutaneous Manifestations of Small-Vessel Leukocytoclastic Vasculitides in Childhood, Clinical Reviews in Allergy & Immunology, 2017, Springer
- DermNet NZ - Acute haemorrhagic oedema of infancy, abgerufen am 20.08.2022
- Alhammadiet al. Acute hemorrhagic edema of infancy: a worrisome presentation, but benign course, Clin Cosmet Investig Dermatol. 2013
- Cunha et al. Acute Hemorrhagic Edema of Infancy: an unusual diagnosis for the general pediatrician, Autops Case Rep. 2015
- AlSufyani Case report Acute hemorrhagic edema of infancy: unusual scarring and review of the English language literature The International Society of Dermatology, 2009
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