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Akutes hämorrhagisches Ödem des Kleinkindes

Synonyme: akutes infantiles hämorrhagisches Ödem, Kokardenpurpura Seidlmayer, Morbus Finkelstein, Finkelstein-Seidlmayer Syndrom
Englisch: acute haemorrhagic edema of infancy, AHEI, acute hemorrhagic edema of childhood, Finkelstein-Seidlmayer Disease

1. Definition

Das akute hämorrhagische Ödem des Kleinkindes, kurz AHEI, ist eine Form der leukozytoklastischen Vaskulitis, die überwiegend bei Kleinkindern auftritt. Es handelt sich hierbei um eine Immunkomplex-vermittelte Form einer kutanen Kleingefäßvaskulitis.

2. Hintergrund

Das AHEI wurde früher als kutane Variante der Purpura Schönlein-Henoch beschrieben. Da das AHEI jedoch klinische, pathologische und epidemiologische Unterschiede aufweist, findet es mittlerweile (2022) in der Literatur vermehrt Erwähnung als eigene Krankheitsentität.

3. Geschichte

Die Erstbeschreibung des AHEI erfolgte im Jahr 1913 durch Irving M. Snow im Journal of the American Medical Association (JAMA).

4. Epidemiologie

Bisher sind mehr als 300 Fälle weltweit beschrieben. Das AHEI tritt vor allem bei Säuglingen und Kleinkindern vor dem zweiten Lebensjahr auf, bevorzugt in den Wintermonaten. Jungen sind etwas häufiger betroffen als Mädchen.

5. Ätiologie

Die Ursache des AHEI ist derzeit (2022) nocht nicht bekannt. Es wird angenommen, dass es sich beim AHEI um eine Immunkomplex-vermittelte Krankheit handelt. Dabei sind verschiedene Auslöser für dieses Krankheitsbild beschrieben. In vielen Fällen geht dem AHEI eine Infektion voraus, z.B. eine Otitis media, eine Harnwegsinfektion, ein Atemwegsinfekt oder eine Pneumonie. Häufige Erreger sind:

Darüber hinaus können Medikamente (z.B. Cephalosporine oder Penicilline) oder Impfungen die Entstehung eines AHEI triggern.

Infektionen, Medikamente oder Impfungen gehen in 75 % der Fälle einer AHEI vorraus.

6. Klinik

Die klassische Trias besteht aus Fieber, Ödem und einer rosettenartigen bzw. kreisförmigen Purpura.

Nach einer kurzen Prodromalphase mit leichtem Fieber entwickeln sich Ödeme an den Akren, die nach proximal voranschreiten können. Daraufhin entstehen bis zu 1 bis 3 cm große, gut abgrenzbare, kreisförmige, teils kokardenförmige, urtikarielle Plaques, die als palpable Purpura imponieren. Prädilektionsstellen sind die unteren Extremitäten, das Gesicht und die Glutealregion. Typisch ist eine Aussparung des Stammes und der Schleimhäute. Eine Blasen- oder Nekrosenbildung dieser Hautläsionen ist möglich. Es liegt in der Regel kein Pruritus vor.

Eine extrakutane Manifestation oder Beteiligung von viszeralen Organen ist selten.

7. Diagnostik

Die Diagnose wird in der Regel klinisch gestellt. Gegebenenfalls wird eine Hautbiopsie zur Erhärtung der Verdachtsdiagnose durchgeführt. Eine Urindiagnostik und Blutuntersuchung sind meist ohne pathologischen Befund. In manchen Fällen kann eine Leukozytose, Thrombozytose und Eosinophilie vorliegen.

Um das AHEI von anderen möglichen Krankheitsbildern zu differenzieren, empfiehlt sich ein Blutbild, eine Urinanalyse sowie eine Gerinnungsdiagnostik.

8. Histologie

Histopathologisch zeigt sich eine leukozytoklastische Vaskulitis der kleinen Gefäße mit Ablagerungen von IgA (1/3 der Fälle) und Komplement in den Gefäßwänden. Dabei sieht man eine perivaskuläre neutrophile Infiltration mit Kernfragmenten in der Gefäßwand, die mit fibrinoiden Nekrosen einhergehen kann.

In der direkten Immunfluoreszenz einer Hautbiopsie ist IgA nur in einem Drittel der Fälle nachweisbar.

9. Differentialdiagnosen

9.1. Differenzierung zur Purpura Schönlein-Henoch

Das AHEI wird häufig fälschlicherweise als Purpura Schönlein-Henoch diagnostiziert.

Im Gegensatz zur Purpura Schönlein-Henoch zeigt sich bei der AHEI jedoch nur selten eine Beteiligung von inneren Organen (Niere, GI-Trakt, Gelenke). Seltene Komplikationen der Erkrankung sind eine Beteiligung der Nieren, eine GI-Blutung, Orchitis, Arthritis sowie ein Ödem des Scrotums.

AHEI PSH
Alter
  • 4 Monate bis 2 Jahre
  • 3 bis 6 Jahre
Hautausschlag
  • kreisförmige, plaqueförmige Purpura
  • v.a. im Gesicht und an den Extremitäten
  • palpable Purpura
  • v.a. gluteal und an den Streckseiten der unteren Extremitäten; Aussparung des Gesichts
Organbeteiligung
  • selten
  • häufig, mit gastrointestinalen und renalen Komplikationen
Histopathologie
  • perivaskuläre IgA-Ablagerungen selten
  • perivaskuläre IgA-Ablagerungen häufig
Rezidivneigung
  • selten
  • häufig

10. Prognose

Das AHEI ist in der Regel nach 1 bis 3 Wochen selbstlimitierend und hat eine gute Prognose ohne Rezidivneigung.

11. Therapie

Die Behandlung erfolgt rein symptomatisch. In einigen Fällen wird der Einsatz von Kortikosteroiden diskutiert, wobei dafür noch Studien bezüglich des Nutzens notwendig sind.

12. Literatur

Fachgebiete: Rheumatologie

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