Vogelgrippe
Synonyme: Influenza-A (seit 1997 H5N1), Geflügelpest, aviäre Influenza
Englisch: avian influenza, bird flu, avian flu
Definition
Die Vogelgripppe oder Influenza-A-(H5N1) ist eine Sonderform der Influenza (Grippe), die durch das Influenza-A-(H5N1)-Virus ausgelöst wird. Es ist ein Subtyp des Influenza-A-Virus, das zur Familie der Orthomyxoviren gehört und bei Vögeln - vor allem bei Hühnern und Wasservögeln - vorkommt.
Verbreitung
Die Vogelgrippe ist eine Zoonose und verläßt in der Regel nicht die Wirtstierpopulation. Unter bestimmten Voraussetzungen ist jedoch eine Übertragung auf den Menschen möglich. Die ersten Fälle traten vor allem in ländlichen Gebieten Südostasiens auf, wo Menschen zum Teil in enger häuslicher Gemeinschaft mit den Tieren leben. Hier wurde das Virus mittlerweile mehrmals beim Menschen isoliert, erstmals 1997, danach im Februar 2003 und Januar 2004.
Wahrscheinlich durch Zugvögel verbreitet, ließ sich das Virus erstmals Ende 2005 auch in der Türkei und in Rumänien nachweisen, wo es ebenfalls zu einzelnen Todesfällen in der Landbevölkerung führte. Anfang 2006 wurden Mutationen des in der Türkei isolierten H5N1-Virus nachgewiesen, die möglicherweise seine Bindung an menschliche Zellen erleichtern.
Im Februar 2006 erreichte das Virus erstmals auch Deutschland und wurde auf Rügen bei mehreren toten Zugvögeln nachgewiesen.
Aktuell (2024) verbreitet sich das Virus in den USA bei Vögeln und Rindern.
Infektion
Die Übertragung von Influenzaviren erfolgt über infizierten Vogelkot oder aerogen durch Tröpfchen in der Atemluft. Sie erfolgt in der Regel vom Gefügel auf den Menschen. 2004 wurde in Thailand der erste Fall der Übertragung von Mensch zu Mensch geschildert.
Infektiosität
Das Risiko, mit Influenza-A-(H5N1) infiziert zu werden, ist beim Menschen relativ gering. Hat die Erkrankung jedoch die Wirtstierpopulation verlassen, kann das Virus mutieren und dadurch seine Infektiosität ändern. Deshalb wird jeder Erkrankungsfall beim Menschen von der WHO und anderen Gesundheitsinstitutionen genau beobachtet.
Symptome
Wie bei humanpathogenen Influenza-Viren, kann das Symptombild sehr unterschiedlich ausgeprägt sein. Es reicht vom asymptomatischen Verlauf über leichte Erkältungssymptome bis hin zur schweren Pneumonie. Typische klinische Zeichen einer Influenza-Infektion sind:
- Fieber (> 39°C)
- Kopfschmerzen
- Myalgien (Gliederschmerzen)
- Halsschmerzen
- Husten
- Atemnot (bei schwerem Verlauf)
Komplikationen
Eine mögliche Komplikation der Influenza-A-(H5N1) ist der so genannte "Zytokinsturm". Dabei versagt die adaptive Immunantwort und es kommt zu einer Überreaktion des Immunsystems im Sinne einer sich selbst verstärkenden Kaskadenreaktion. Die dazu fähigen Zellen des Immunsystems (T-Zellen, Makrophagen) schütten große Mengen an Zytokinen aus, die eine massive Entzündungsreaktion hervorrufen. Sie tritt klinisch als schwere, perakut verlaufende Influenzapneumonie mit Dyspnoe und möglichem Organversagen in Erscheinung.
Bestimmte Erregervarianten des Influenzavirus begünstigen die Entstehung eines Zytokinsturms. Sie bilden Proteine, auf die das Immunsystem offensichtlich besonders empfindlich reagiert. Häufig unterscheiden sie sich nur in einigen wenigen Genabschnitten von weniger pathogenen Stämmen.
Diagnostik
Der direkte Nachweis von Virus-Antigenen kann mittels Immunfluoreszenz, ELISA oder PCR erfolgen. Als Probenmaterial werden Rachenabstriche, Nasenspülwasser, Rachenspülwasser oder durch eine bronchoalveoläre Lavage (BAL) gewonnenes Bronchialsekret verwendet.
Der indirekte Nachweis einer Infektion wird durch Bestimmung der Influenza-Antikörper (IgA, IgG, IgM) im Serum mittels ELISA erbracht.
Prophylaxe
Zur aktiven Immunisierung gegen die Influenza-A-(H5N1) sind spezifische Impfstoffe (z.B. Prepandrix®) verfügbar. Es handelt sich allerdings um so genannte "Prä-Pandemie-Impfstoffe", die auf in der Vergangenheit isolierten Virusstämmen basieren. Die Impfung bietet jedoch nur dann einen ausreichenden Schutz, wenn sie auch gegen den jeweils aktuellen Virusstamm immunisiert.
Eine effektive, aber häufig unterschätzte Maßnahme ist das gründliche Händewaschen, da die Erreger durch Seifen abgetötet werden. Es minimiert vor allem das Risiko einer Schmierinfektion.
Das Tragen von Gesichtsmasken ist nur sinnvoll, wenn es sich um Masken handelt, die den ungefilterten Lufteinstrom ausreichend vermindern, wie z.B. FFP3-Masken. Einfache Gesichtsmasken (Mundschutz) sind als Schutzmaßnahme unwirksam, da sie den Atemstrom nicht filtrieren, sondern Luft frei an den Seiten ein- und austreten kann.
Therapie
Allgemeinmaßnahmen
- Bettruhe
- Körperliche Schonung
- Ausreichende Kalorien- und Flüssigkeitszufuhr
Medikamente
In der Frühphase der Infektion können wie bei anderen Influenza-Formen antivirale Medikamente eingesetzt werden. Dazu zählen unter anderem:
- M2-Hemmer
- Amantadin
- Rimantadin (Flumandine®)
- Neuraminidase-Hemmer
- Oseltamivir (Tamiflu®)
- Zanamivir (Relenza®)
- Peramivir (Notfallzulassung wurde zum 23. Juni 2010 aufgehoben)
Die Wirksamkeit dieser Medikamente gegen einen bestimmten isolierten Erregerstamm ist sehr variabel. Mutationen bzw. Punktmutationen im Virusgenom können jederzeit zu einer Veränderung der Resistenzlage und damit zur Unwirksamkeit der Medikamente führen. Wie bei bakteriellen Erregern nehmen Resistenzen durch den breiten Einsatz antiviraler Substanzen zu.
Zur Verhinderung oder Therapie von Sekundärinfektionen kann der Einsatz von Antibiotika sinnvoll sein. Bei sehr hohem Fieber ist zudem die Gabe von Antipyretika (z.B. Paracetamol) zu erwägen.
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