Neuraminidase-Hemmer
Englisch: neuraminidase inhibitor
Definition
Neuraminidase-Hemmer sind Medikamente, die das Enzym Neuraminidase des Influenzavirus hemmen und so die Symptomatik einer Grippe mildern und die Krankheitsdauer verkürzen können.
Substanzen
Verfügbar sind:
- Zanamivir (Inhalationspulver)
- Oseltamivir (Tabletten und Pulver zur Applikation p.o.)
- Peramivir (intravenöse Applikation)
Indikationen
Neuraminidase-Hemmer werden entweder zur Therapie einer bereits manifesten Grippe oder zur Postexpositionsprophylaxe, d.h. zur Verhinderung einer Erkrankung nach Kontakt mit einem Grippekranken gegeben.
Therapeutische Wirksamkeit
Die meisten klinischen Studien über Neuraminidase-Hemmer machen ihre Wirksamkeit an der Verkürzung der Krankheitsdauer und/oder der Verhinderung von Komplikationen (z.B. bakterielle Bronchitis) fest. Die Erkrankungsdauer konnte bei gesunden Erwachsenen und Jugendlichen durch den Einsatz von Neuraminidase-Hemmern um 1-1,5 Tage verkürzt werden. Bei Risikopatienten (z.B. Personen ab 65) konnte dieser Effekt nicht gesichert werden. Bei Kindern wurden unter Oseltamivir Sekundärerkrankungen, die antibiotisch behandelt werden mussten (z.B. Otitis media) von 28% auf 17% gesenkt (1).
Entscheidend für die Wirkung der Neuraminidase-Hemmer ist der möglichst frühzeitige Therapiebeginn nach Auftreten der ersten Symptome, um den Vermehrungszyklus des Virus zu unterbrechen. Ist die Erkrankung bereits in einem fortgeschrittenen Stadium, bleiben Neuraminidase-Hemmer in der Regel wirkungslos oder zeigen nur noch einen geringen klinischen Effekt.
Die vorliegenden Daten zeigen, dass ein Einsatz von Neuraminidase-Hemmern therapeutisch sinnvoll sein kann. Ihre Wirksamkeit ist jedoch nicht so hoch, wie - insbesondere in der Laienpresse - suggeriert wird. Neuere Reviews (2014) gehen aufgrund der verfügbaren Studiendaten sogar nur von einer geringen bis mäßigen Effektivität der arrivierten Neuraminidasehemmer gegen Influenza aus. Insbesondere die Verhinderung von Komplikationen (z.B. Otitis media, Sinusitis) und Hospitalisationen lässt sich nach Meinung der Autoren aus den verfügbaren klinischen Daten nicht ausreichend ableiten. Es wird empfohlen, das Risiko-Nutzen-Verhältnis abzuwägen und weitere unabhänigige klinische Studien anzustrengen, um die Unsicherheiten zu klären.[1] Der von den Herstellern postulierte, virusspezifische Wirkmechanismus passt nach Meinung der Autoren nicht zu den messbaren klinischen Effekten.
Resistenzentwicklung
Wie die Bakterien gegen Antibiotika können auch Influenzaviren Resistenzen gegen Neuraminidase-Hemmer entwickeln, in dem sich der vorherrschende Neuraminidase-Typ im Rahmen der Selektion von Virusvarianten verändert. In klinischen Studien trat eine Resistenzentwicklung bei ca. 16% der Erkrankten auf. Bei einem breiteren Einsatz der Präparate, z.B. im Rahmen einer Grippepandemie ist wahrscheinlich mit einer noch höheren Quote zu rechnen.
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