Tularämie (Hund)
Synonym: Nagerpest
Englisch: tularemia
Definition
Als Tularämie des Hundes ist eine Infektionskrankheit, die durch Francisella tularensis verursacht wird.
Ätiologie
Francisella tularensis ist ein kleines, pleomorphes und gramnegatives Stäbchenbakterium, das eine hohe Widerstandsfähigkeit gegenüber äußeren Einflüssen (Kälte, Feuchtigkeit, pH-Wert-Änderungen) besitzt.
Epidemiologie
Die Tularämie kommt vorwiegend bei Hasen, Kaninchen und Nagetieren in endemischen Gebieten vor. Bei diesen Tieren verläuft eine Infektion meist tödlich. Hunde weisen eine hohe natürliche Resistenz auf, weshalb sie auch nur selten an der Tularämie erkranken. Eine klinisch manifeste Tularämie betrifft vorwiegend immunsupprimierte Tiere, z.B. während bzw. nach einer Staupeerkrankung.
In Endegemiebetieten kommt es bei den meisten Hunden zu einer stummen Serokonversion. In Mittel- sowie Westeuropa kommt die Tularämie nur selten vor. Die Erkrankung ist vorwiegend auf Ostmitteleuropa sowie Russland beschränkt. In Schweden hingegen kommt die Tularämie relativ häufig vor. Die Erkrankung ist in Deutschland meldepflichtig.
Pathogenese
Die Bakterien gelangen durch Zecken, Mücken, durch den Verzehr von Kaninchen- oder Nagerkadavern sowie (selten) durch die Inhalation von mit Nagerurin kontaminiertem Staub in den Wirt. Anschließend halten sich die Erreger fakultativ intrazellulär (v.a. in Makrophagen) auf. Infolge einer Bakteriämie entstehen Mikroabszesse und granulomatöse Entzündungen in verschiedenen Organen, z.B. Lunge, Milz, Leber, Lymphknoten und Haut.
Klinik
Während der Zeit der Serokonversion kommt es manchmal zu kurzen Anorexie- und leichtgradigen Fieberepisoden. Nur in seltenen Fällen entwickeln sich schwere Symptome, wie hohes Fieber, multifokale Abszesse, Lymphadenopathie, mukopurulenter Nasenausfluss, Myalgien und Uveitis. Nach der Inhalation der Erreger werden gelegentlich respiratorische Symptome beobachtet.
Im Blutbild lassen sich eine Leukozytose mit Linksverschiebung, Thrombozytopenie, erhöhte Leberenzymwerte und Hyperbilirubinämie nachweisen.
Differenzialdiagnosen
Als Differenzialdiagnosen müssen andere - mit Lymphadenopathie und Abszessen einhergehende Krankheiten - ausgeschlossen werden, z.B. Streptokokken- und Staphylokokkeninfektionen, Bartonellose, Toxoplasmose, Neosporose und Staupe.
Diagnose
In den meisten Fällen wir die Diagnose erst post mortem bei der Sektion gestellt. Bei einer Verdachtsdiagnose kann entweder ein indirekter (Agglutinationstest und Nachweis einer Serokonversion) oder ein direkter Erregernachweis (Fluorescein-Antikörper-Test in Gewebe und Exsudat) die Diagnose sichern.
In der Humanmedizin wird eine PCR durchgeführt.
Therapie
Aufgrund des seltenen Vorkommens sind in der Literatur keine gesicherten Therapien beschrieben. Aufgrund der hohen Ansteckungsgefahr für Menschen ist eine Euthanasie gerechtfertigt.
Eine Behandlung kann mit Doxycyclin versucht werden.
Zoonotische Bedeutung
Da ein hohes Zoonoserisiko besteht, sind besondere Sicherheitsvorkehrungen beim Umgang mit erkrankten Tieren einzuhalten. Da der Hauptansteckungsweg über blutsaugende Vektoren erfolgt, ist eine adäquate Insektenprophylaxe unbedingt notwendig.
Quellen
- Niemand HG (Begr.). Suter PF, Kohn B, Schwarz G (Hrsg.). 2012. Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke-Verlag in MVS Medizinverlag Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1125-3.
- Kwit NA, Middaugh NA, VinHatton ES, Melman SD, Onischuk L, Aragon AS, Nelson CA, Mead PS, Ettestad PJ. 2020. Francisella tularensis infection in dogs: 88 cases (2014-2016). J Am Vet Med Assoc 256(2):220-225. DOI: 10.2460/javma.256.2.220
- Kwit NA, Schwartz A, Kugeler KJ, Mead PS, Nelson CA. 2019. Human tularaemia associated with exposure to domestic dogs-United States, 2006-2016. Zoonoses Public Health 66(4):417-421. DOI: 10.1111/zph.12552
- Meinkoth KR, Morton RJ, Meinkoth JH. 2004. Naturally occurring tularemia in a dog. J Am Vet Med Assoc 225(4):545-7, 538. DOI: 10.2460/javma.2004.225.545
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