Stomatitis vesicularis (Pferd)
Synonyme: Vesikuläre Stomatitis, VSV-Infektion
Englisch: vesicular stomatitis
Definition
Die Stomatitis vesicularis ist eine Viruserkrankung beim Pferd.
Ätiologie
Die Infektionskrankheit wird durch das Vesikuläre Stomatitis-Virus (VSV) verursacht. Das Vesikuläre-Stomatitis-Virus ist ein Virus aus der Gattung Vesiculovirus innerhalb der Familie der Rhabdoviridae.
Das behüllte Virus weist eine geschossähnliche Form auf, ist etwa 180 nm lang und hat einen Durchmesser von rund 65 nm. Das Genom enthält eine lineare, negative und einzelsträngige RNA, die etwa 11 kb groß ist.
Epidemiologie
Das Vesikuläre-Stomatitis-Virus kommt in Süd-, Mittel- und Nordamerika vor. Neben Equiden können sich auch Rinder, Schweine und Neuweltkameliden infizieren. Schafe und Ziegen sind unempfänglich für das Virus.
Die Erkrankung tritt gehäuft im Sommer und Frühherbst auf, weshalb Insekten als mechanische Vektoren in Betracht gezogen werden. Das Virus konnte in einer Reihe von Insekten nachgewiesen werden (u.a. Simulium, Tabanus, Aedes, Culex, Culicoides u.a.). Neben einer mechanischen Übertragung ist die Infektion auch direkt von Pferd zu Pferd (über Speichel oder Vesikelflüssigkeit nach Ruptur) übertragbar. Eine indirekte Übertragung über Futter, Einstreu oder Stallgerätschaften ist nicht auszuschließen.
Pathogenese
Nach experimentellen Infektionen im Maulbereich von Pferden reichern sich die Viren in den Tonsillen und in den regionalen Lymphknoten an. Es kommt zu primären Veränderungen an der Inokulationsstelle sowie zu sekundären oralen Läsionen. Eine Virämie findet nicht statt.
Nach rund 6 bis 12 Tagen kommt es zur Ausbildung von Antikörpern, die zeitgleich mit einer Rückbildung der Läsionen und der Elimination des Virus einhergehen.
Klinik
Nach einer Inkubationszeit von 1 bis 8 Tagen treten Symptome wie Fieber und Hypersalivation auf. Betroffene Tiere sind abgeschlagen und weisen weißlich-erhabene Vesikel an der oralen Mukosa auf (Oberfläche der Zunge, Zahnfleisch, Lippen, Nüstern). In seltenen Fällen sind auch Läsionen an Euter und Zitzen sowie am Präputium oder am Kronsaum (Kronitis) zu finden.
Diagnose
Die Diagnose wird anhand des typischen klinischen Bildes und mittels Erregernachweis in Zellkulturen (z.B. Vero-Zellen, BHK-Zellen) gestellt. Zusätzlich kann ein Antigen-ELISA mit Vesikelflüssigkeit oder Vesikeldeckenmaterial durchgeführt werden. Ein Antikörpernachweis erfolgt mittels Virusneutralisationstest.
Differenzialdiagnosen
Obwohl das klinische Bild weitestgehend pathognomonisch ist, muss an folgende Differenzialdiagnosen gedacht werden:
- physikalisches Trauma
- Sonnenbrand
- irritierende/reizende Chemikalien oder Medikamente
- Pemphigus foliaceus
- Equine exfoliative eosinophile Dermatitis
- Urämie
- Vergiftung
Therapie
Da die Stomatitis vesicularis in der Regel eine kurze und selbstlimitierende Erkrankung ist, benötigt sie keine besondere Behandlung. Bei stark ausgeprägten Fällen können die Läsionen mit milden antiseptischen Lösungen (z.B. verdünnte Povidon-Iod-Lösung) behandelt werden.
Prophylaxe
Durch das Einhalten strikter Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen kann eine Weiterverbreitung der Infektion innerhalb eines Betriebes verhindert werden. Ein zusätzlicher Schutz der Pferde vor Insekten (Repellentien u.ä.) reduziert das Risiko einer Infektion.
Eine Vakzine ist derzeit (2020) nicht zugelassen.
Rechtliches
Die Stomatitis vesicularis ist in Österreich gemäß dem § 16 des Tierseuchengesetzes (RGBl. Nr. 177/1909) als anzeigepflichtige Tierseuche gelistet.[1]
Literatur
- Brehm W., Gehlen H., Ohnesorge B. et al., Hrsg. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag; 2016.
Quelle
- ↑ Rechtsinformationssystem des Bundes Österreich. Bundesrecht konsolidiert: Gesamte Rechtsvorschrift für Tierseuchengesetz RIS - Tierseuchengesetz, abgerufen am 05.06.2020
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