Stinkende Nieswurz
Englisch: stinking hellebore, dungwort
Definition
Die Stinkende Nieswurz, botanisch als Helleborus foetidus (L.) Moench. bezeichnet, ist eine Pflanzenart aus der Gattung der Nieswurzen und zählt zur Familie der Hahnenfußgewächse (Ranunculaceae). Die Pflanze hat Bedeutung als Zier- und Giftpflanze.
Eigenschaften
Es handelt sich um eine ausdauernde Pflanze mit stammbildendem Hauptspross, der an der Basis verholzt. Es wird eine Größe von 50 bis 80 cm erreicht. Die unteren Blätter überdauern den Winter. Sie sind lang gestielt und 3- bis 9-fach geteilt. Die einzelnen Blattabschnitte sind schmal-lanzettlich und besitzen einen stark gesägten Blattrand. Stengelständige Laubblätter gehen nach oben in ungeteilte, ganzrandige Hochblätter über. Die Blüten erscheinen vor allem zwischen März und Mai und besitzen glockig zusammenneigende Kelchblätter mit rötlichem Saum und zahlreiche Staubblätter. Die Kronblätter sind zu kleinen Nektarblättern umgebildet. Die Bestäubung erfolgt durch Insekten, als Bestäuber kommen in erster Linie Hautflügler wie Bienen und Hummeln in Betracht. Als Fruchtstand werden quergestreifte, vielsamige Balgfrüchte gebildet. Die reifen Samen sind mattschwarz, eiförmig und besitzen eine Längswulst. Es wird kein Rhizom gebildet, stattdessen weist Helleborus foetidus ein stark verzweigtes Wurzelsystem auf.
Vorkommen
Helleborus foetidus kommt in Deutschland vor allem vom Süden bis in die Mittelgebirge vor, wird jedoch darüber hinaus durch Gartenkultur verbreitet. Als Lebensräume dienen warme, mäßig trockene Mischwälder mit Eichen- und Buchenbestand, trockene Gebüsche und Waldränder. Es wird kalkreicher Boden bevorzugt.
Die Art steht in Deutschland unter Artenschutz.
Inhaltsstoffe
Als Inhaltsstoffe der oberirdischen Pflanzenteile werden Ranuncosid, Flavonoide, Protoanemonin (0,07%; Lacton der Hydroxy-penta-2,4-diensäure) und Corytuberin (ein Alkaloid) genannt. Die Wurzeldroge enthält circa 0,1% Helleborin, ein Gemisch aus Saponinen mit Steroidstruktur. Es sind keine herzwirksamen Glykoside enthalten.
Pharmazeutische Drogen
Helleborus foetidus dient als Stammpflanze für die Droge Hellebori foetidi rhizoma (Stinkende Nieswurzel). Dazu werden der getrocknete Wurzelstock mit Wurzeln verarbeitet. Frisches Wurzelmaterial riecht widerlich, der Geruch verringert sich jedoch mit dem Trocknen. Der Geschmack der Droge ist bitter und scharf.
Indikationen
Die Verwendung von Helleborus foetidus in der Schulmedizin ist obsolet. Von historischer Bedeutung sind die Anwendung bei Verstopfung, Emesis, Wurmerkrankungen, Menstruationsstörungen sowie als Abortivum.
cave: aufgrund toxischer Effekte und schwerer Dosierbarkeit ist die Anwendung nicht-homöopathischer Zubereitungen aus Helleborus foetidus in der Selbstmedikation kontraindiziert.
Toxikologie
Die Aufnahme von Pflanzenmaterial kann beim Menschen zu einer Intoxikation führen. Es zeigen sich unter Umständen folgende Symptome nach peroraler Aufnahme:
- Reizungen der Schleimhäute in Mund und Rachen
- Störungen des Gastrointestinaltrakts mit Diarrhoe, Emesis, Nausea und Schmerzen
- Mydriasis
- Krämpfe
- Vertigo
- Herzrhythmusstörungen, Bradykardie
- Atemnot, Atemlähmung
Therapie
Als Sofortmaßnahme wird künstlich Erbrechen herbeigeführt. Weiterhin erfolgt die Gabe von Aktivkohle (Dos.: 10 g) und Natriumsulfat. Klinisch kann eine Magenspülung erfolgen. Als Azidose-Ausgleich wird Natriumbikarbonat verabreicht. Bei Auftreten von Krämpfen kann auf Benzodiazepine, etwa Diazepam, zurückgegriffen werden. Die Möglichkeit der künstlichen Beatmung ist sicherzustellen.
Veterinärtoxikologie
Es sind Vergiftungen bei Rindern beschrieben. Hierbei traten folgende Symptome auf:
- intervallartig auftretende epileptoide Krämpfe
- Zittern
- Haltungsstörungen mit Sturzneigung
- Augenverdrehen
- Mydriasis
Eintritt des Todes teilweise 20 Stunden nach Aufnahme von Pflanzenmaterial. Kurz vor Todeseintritt zeigten sich Aufblähung des Bauches, Bewegungsstörungen, Diarrhoe, Konjunktivitis, Tachykardie und Hypothermie. Post mortem wurden Blutreste an Maul und After festgestellt.
Literatur
- Hagers Handbuch der Pharmazeutischen Praxis, Bd. 5 Drogen E-O, Springer Verlag, 1993.
- Jäger et al.: Rothmaler - Exkursionsflora von Deutschland, Bd. 2. Aufl. 20, Spektrum Akadem. Verlag.