Scombrotoxismus
Synonyme: Scombroidvergiftung, pseudoallergische Fischvergiftung
Englisch: histamine fish poisoning, pseudo-allergic fish poisoning, mahi-mahi flush, scombroid, scombrotoxic fish poisoning
Definition
Als Scombrotoxismus wird eine weltweit häufig vorkommende Lebensmittelvergiftung durch Fisch (Fischvergiftung) bezeichnet.
- ICD10-Code: T61.1
Hintergrund
Eine Scombroidvergiftung wurde erstmals 1799 in Großbritannien beschrieben. Nach Ausbrüchen in Japan in den 1950er Jahren erfolgte die heute übliche Bezeichnung der Vergiftung.[1]
Ätiologie
Scombrotoxismus entsteht nach dem Verzehr bestimmter Fische der Familie Scombridae (Makrelen, Thunfische), kann aber auch bei vielen anderen Fischarten auftreten.[2]
Ursächlich ist eine unzureichende Kühlung oder Konservierung. Durch bakterielle Histidin-Decarboxylase wird L-Histidin zu Histamin decarboxyliert. Folgende Spezies können diese Umwandlung verursachen: Acinetobacter, Citrobacter, Clostridien, Enterobacter, Escherichia coli, Klebsiella pneumoniae, Morganella morganii, Photobakterien, Pseudomonas, Serratia und Vibrionen.
Die erhöhten Histaminkonzentrationen und evtl. weitere Substanzen sind für die Symptomatik verantwortlich. Vermutlich hemmen diese unbekannten Substanzen den Metabolismus von Histamin und fördern die Degranulierung von Mastzellen, sodass diese endogenes Histamin freisetzen.
Kochen oder Einfrieren kann das Krankheitsbild nicht verhindern. Typischerweise haben betroffene Fische einen metallisch-scharfen oder pfeffrigen Geschmack, das Aroma und das Aussehen können jedoch völlig unauffällig sein.
Nicht jeder, der kontaminierten Fisch isst, wird krank, was eventuell auf die ungleiche Verteilung der Giftstoffe innerhalb des Fisches zurückzuführen ist. Außerdem kann eine individuell erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Histamin vorliegen (Histaminintoleranz, Mastzellaktivierungssyndrom).
Symptome
Die Symptome treten innerhalb von 15 bis 90 Minuten nach Ingestion auf. Die meisten Fälle verlaufen leicht, mit Kribbeln der Lippen, leichten Bauchschmerzen und Übelkeit. Häufig kommt es zu einer scharf abgrenzbaren Hautrötung im Gesicht, am Nacken oder am oberen Rumpf, die durch UV-Licht verstärkt wird. Weitere Symptome sind:
Die Symptome können fortschreiten zu Bronchospasmus, Übelkeit, Erbrechen, Diarrhö, abdominellen Krämpfen, Schluckstörungen, Kopfschmerzen, Palpitationen, Tachykardie, Hypotonie und Benommenheit.
Normalerweise bessern sich die Symptome auch ohne Behandlung innerhalb von 8 bis 12 Stunden. Bei Personen, die mit Isoniazid vorbehandelt sind, kann der Scombrotoxismus erheblich schwerer verlaufen, da dieses Medikament eine intestinale Histaminase blockiert und so den Histaminabbau im Darm verzögert.
Therapie
Die Behandlung des Scombrotoxismus entspricht der Therapie der Anaphylaxie.[3] Um die Histaminwirkung abzuschwächen, können H1-Antihistaminika (z.B. Dimetinden, Clemastin) eingesetzt werden. In schweren Fällen muss zusätzlich mit Volumen- und Sauerstoffgabe, H2-Antihistaminika (z.B. Ranitidin), Bronchospasmolytika (z.B. Salbutamol) und Adrenalin behandelt werden. Glukokortikoide (z.B. Methylprednisolon) werden bei Scombrotoxismus nicht mehr empfohlen.
Quellen
- ↑ Taylor SL et al. Histamine poisoning (scombroid fish poisoning): an allergy-like intoxication. J Toxicol Clin Toxicol. 1989
- ↑ Wörnle M. Eine Histaminvergiftung nach Thunfischkonsum. Notfall Rettungsmed 2024
- ↑ S2k-Leitlinie Akuttherapie und Management der Anaphylaxie. AWMF Registernummer 061 - 025, abgerufen am 01.08.2024
um diese Funktion zu nutzen.