Schnabel- und Federkrankheit (Papagei)
Synonym: Circovirus der Psittaziden
Englisch: Psittacine beak and feather disease, PBFD
Definition
Die Schnabel- und Federkrankheit ist eine Viruserkrankung, die mit Wachstumsstörungen von Schnabel, Krallen und Federn bei papageienartigen Vögeln einhergeht. Sie wird durch das Circovirus hervorgerufen und ist weltweit verbreitet.
Nomenklatur
Im deutschsprachigen Raum wird ebenfalls häufig die englische Bezeichnung Psittacine Beak and Feather Disease, kurz PBFD, verwendet.
Ätiologie
Das Circovirus vermehrt sich in den Organen des Immunsystems (Thymus und Bursa Fabricii), der Ösophagusschleimhaut, in Federfollikeln, Haut, und Unterhaut. Es wurden bisher Infektionen bei 42 verschiedenen Spezies der Aras, Kakadus, Edelpapageien, Agarporniden, Graupapageien, Amazonen, Wellensittichen und Nymphensittichen nachgewiesen. Außerhalb des Wirtes sind Circoviren als unbehüllte Viren äußert stabil gegenüber Desinfektionsmitteln und über Monate bis Jahre infektiös.
Pathogenese
Die Virusaufnahme erfolgt bei Nestlingen bei der Fütterung von Kropfinhalt, Koprophagie oder durch Inhalation von virushaltigem Feder- und Kotstaub. Die vertikale Übertragung ist vergleichsweise unbedeutend, kann aber durch Kontakt des schlüpfenden Jungvogels mit einer kontaminierten Eischale geschehen. Auch die Übertragung durch interagierende/pflegende Menschen und andere belebte Vektoren (Insekten, Schadnager) sollten nicht außer Acht gelassen werden.
Nach der Infektion kommt es zu einer kurzen Virämie, während dieser das Virus die Zellen des Immunsystems befällt und in Haut und Unterhaut gelangt. In der Haut wird dabei auch die Federpulpa befallen. Im späteren Verlauf kommt es auch zu Sekundärinfektionen.
In den Geweben kommt es bei der Infektion zu Hämorrhagien, Nekrosen und Apoptosen.
Inhalte aus der Bursa Fabricii gelangen in das Proctodeum und mischen sich in der Kloake mit Kot aus dem Coprodeum. Der Inhalt wird gemeinsam abgesetzt, sodass der Kot als Infektionsquelle dient. Außerdem sind Kropfinhalt, Federstaub und Hautschuppen infektiös.
Klinische Symptomatik
Die Inkubationszeit beträgt 3 bis 4 Wochen bei sich befiedernden Nestlingen und hängt bei Adulten von dem Zeitpunkt der Infektion und dem Abstand zur Beginn der Mauser ab. Damit kann sie bei adulten Tieren auch mehrere Monate betragen.
Es lassen sich drei Verlaufsformen beobachten:
Asymptomatisch
Bei der asymptomatischen Verlaufsform entwickeln sich Antikörper aufgrund einer vorübergehenden Virämie. Diese können das Virus zwar nicht eliminieren, aber die klinische Ausprägung verhindern. Meist sind betroffene Tiere adult infiziert worden. Sie scheiden ihr Leben lang das Virus aus, ohne daran zu erkranken und sind in Gruppenhaltungen besonders gefährlich für die Jungtiere und Zuchtanlagen.
Perakut
Es scheinen vor allem Kakadus und Graupapageien für den perakuten Verlauf empfindlich zu sein, der sich bei frisch geschlüpften Tieren in rapider Verschlechterung des Allgemeinzustands äußert. Die Tiere zeigen Apathie, Pneumonie, Diarrhoe, Abmagerung oder auch den plötzlichen Tod. Dabei werden keine Federveränderungen festgestellt.
Akut
Der akute Verlauf tritt bei Nestlingen (um den 30. Tag nach dem Schlupf) auf und führt 3 bis 4 Wochen nach der Infektion zu Apathie und Emesis. Es kommt zu symmetrischem Federausfall an den großen Flügel- und Schwanzfedern, aber auch des Konturgefieders. Die Federscheide ist verdickt und persistiert durch Unfähigkeit des Nestlings diese zu entfernen. Die Federn lassen sich dabei mit leichtem Zug herauslösen. Auch kommt es schneller zu Brüchen der sog. Blutfedern durch Einschnürungen, die als Sollbruchstellen fungieren. Der Bruch einer Blutfeder kann zu einem merklichen Blutverlust führen. Es kommt meist zu einem verfrühten Tod der Nestlinge, daher fehlen makroskopisch sichtbare Veränderungen an Schnabel- und Krallenhorn.
Chronisch
Bei subadulten Psittaziden im Alter von 6 Monaten bis 3 Jahren, aber auch bei geriatrischen Tieren, kann es zu Veränderungen an Schnabel- und Krallenhorn kommen. Dabei fällt zuerst eine vermehrte Staubablagerung am Schnabelhorn auf, die durch übermäßige Produktion durch die Daunenfedern zustande kommt. Je nach Mauser-Stadium sind eventuell nur wenige Federn verändert, wie bereits bei der akuten Form beschrieben. Dazu kommen die abnormen Ausbildungen an Horngebilden, die sich in weichem, brüchigem Horn an Schnabel und Nägeln oder Längsfissuren äußern. Es kann zur hochgradig schmerzhaften Ablösung des Gaumendachs (Nekrosen) vom Oberschnabel kommen. Mit jeder weiteren Mauser kann das Federbild sich verschlechtern.
Durch den Befall der Immunzellen kommt es zudem zu einer Immunsuppression (klinisch sichtbar in einer Leukopenie), worauf die Sterblichkeit dieser Viruserkrankung beruht. Die durchschnittliche Überlebensdauer beträgt 6 bis 12 Monate nach den ersten Symptomen, danach kommt es häufig zum Tod durch Sekundärinfektionen (z.B. Aspergillose oder Septikämie).
Pathologie
In den infizierten Geweben (v.a. in den Keratinozyten der Federn und Zellen der Haut) fallen histologisch intrazytoplasmatische Einschlusskörperchen auf. Makroskopisch zeigen sich keine pathologischen Hinweise – hierbei kann man lediglich die Folgen der jeweiligen letalen Sekundärinfektion nachweisen.
Diagnose
Intra vitam ergibt sich der Verdacht durch die Anamnese erheben sowie bei Auftreten der Feder- und Schnabelveränderungen. Der Federverlust passiert dabei ohne Juckreiz und häufig symmetrisch.
Eine Blutuntersuchung kann eine Leukopenie zeigen. Durch eine PCR aus Federproben (optimalerweise Blutfedern mit sichtbaren Veränderungen wie den erwähnten Einschnürungen) und/oder heparinisiertem Blut, kann der Verdacht bestätigt werden. Sollte die Leukopenie sehr ausgeprägt sein, fallen die Blutproben negativ aus. Wenn eine nicht-befallene Feder eingeschickt wird, kann es ebenfalls zu falsch-negativen Ergebnissen kommen. Auch in einer Hautbiopsie lassen sich die Einschlusskörperchen, Apoptose, und Nekrose histologisch feststellen.
Eine Antikörpermessung im Serum ist allgemein nicht zu empfehlen, da diese häufig trotz Infektion negativ ist.
Differentialdiagnosen
- Polyomavirus der Psittaziden
- Federrupfen
- Federtrauma
- Schnabeltrauma
- hochgradiger Mineralstoff- oder Vitaminmangel
- fehlerhafte Haltung, Ektoparasiten
- bakterielle oder mykotische Haut- und Schnabelerkrankungen
Prophylaxe
Quarantäne und Testung von Neuzugängen, Abschirmung der Bestände. Eine Impfung gibt es nicht.
Therapie
Es ist keine virusspezifische Therapie möglich. Die Lebensqualität hängt vom Management der Horngebilde ab (regelmäßiges Kürzen und Zurechtfeilen). Zudem ist das Raumklima zu optimieren, um das Risiko einer Sekundärinfektion zu verringern. Darüber hinaus sind die Stärkung des Immunsystems mittels ausgewogener Ernährung (Vitamin-A-Substitution, Probiotika) und Stressminimierung indiziert. Auch bei der Bestandssanierung muss darauf geachtet werden, dass Circoviren sehr beständig sind und nur wenige Desinfektionsmittel (z.B. Glutaraldehyd-basiert) die unbehüllten Viren inaktivieren können.
Literatur
- Kaleta, Erhard F., and Maria-Elisabeth Krautwald-Junghanns. Kompendium der Ziervogelkrankheiten. Schlütersche, 1999. S.269-271.
- Christen, Cornelia, et al. Leitsymptome bei Papageien und Sittichen: Diagnostischer Leitfaden und Therapie. Georg Thieme Verlag, 2010. S.117-119.
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