Psoroptes
Synonyme: Saugmilben, Räudemilben
Definition
Psoroptes ist eine Gattung der Milben (Acari) innerhalb der Ordnung Sarcoptiformes. Sie sind die Erreger der Räude bei verschiedenen Haussäugetieren.
Taxonomie
- Stamm: Arthropoda
- Unterstamm: Amandibulata
- Klasse: Arachnida
- Unterklasse: Acari
- Überordnung: Actinotrichida
- Ordnung: Sarcoptiformes
- Unterordnung: Oribatida
- Überkohorte: Desmonomatides
- Kohorte: Astigmata
- Überfamilie: Sarcoptoidea
- Familie: Psoroptidae
- Gattung: Psoroptes
- Familie: Psoroptidae
- Überfamilie: Sarcoptoidea
- Kohorte: Astigmata
- Überkohorte: Desmonomatides
- Unterordnung: Oribatida
- Ordnung: Sarcoptiformes
- Überordnung: Actinotrichida
- Unterklasse: Acari
- Klasse: Arachnida
- Unterstamm: Amandibulata
Morphologie
Psoroptes-Milben sind zwischen 560 und 820 µm (Weibchen) bzw. 380 und 570 µm (Männchen) lang und deutlich größer als Milben aus den Gattungen Sarcoptes und Chorioptes. Die Milben besitzen ein längliches und spitzes Gnathosoma sowie lange Beine mit langen, 3-gliedrigen Prätarsen (Haftstiel, abgesonderte Struktur am letzten Tarsenglied) und trompetenförmigen Haftglocken. Beim Weibchen fehlen die Prätarsi am 3. und beim Männchen am kurzen 4. Beinpaar.
Arten
Die Gattung Psoroptes besteht aus mehreren Arten. Da die hohe Variabilität der morphologischen Merkmale sowie die sehr geringen genetischen Unterschiede untereinander nur für eine bzw. zwei Arten sprechen, unterscheidet man zwischen:
Verschiedene Autoren beschreiben darüber hinaus Psoroptes cuniculi als gesonderte Art.
Entwicklung
Die weiblichen Milben leben im Durchschnitt etwa 2 Wochen (zwischen 11 und 42 Tagen) und legen in dieser Zeit zwischen 30 und 80 große und ovale Eier, die etwa 250 µm lang sind. Aus den Eiern schlüpfen nach maximal 10 Tagen die Larven, die sich nach einer Häutung und zwei Nymphenstadien (Proto- und Tritonymphe) zu den Adulti weiter entwickeln. Der gesamte Entwicklungszyklus einer Generation dauert ca. 3 Wochen.
Die Milbenpopulation verdoppelt sich etwa im Wochenrhythmus, wobei alle Stadien Nahrung aufnehmen. Dazu stechen sie mit ihren Mundwerkzeugen die Epidermis an, um Gewebsflüssigkeit sowie gelegentlich auch Blut zu saugen. Die Parasiten sind auch in der Lage, das Exsudat auch ohne den Stechakt aufzunehmen.
Die einzelnen Milben bevorzugen für ihren Saugakt unterschiedliche Körperstellen: entweder sie parasitieren an der Innenseite der Ohrmuschel sowie des äußerer Gehörgangs (bei Kaninchen, Ziegen und Pferden) oder sie befallen unterschiedliche Abschnitte des Rumpfes.
Vorkommen
Psoroptes-Milben infestieren Wiederkäuer, Equiden und Kaninchen und sind weltweit verbreitet. Bei Rindern tritt die Psoroptes-Räude hauptsächlich in Mastbeständen auf. Die Psoroptes-Räude der Schafe gilt in vielen Ländern als getilgt (z.B. Australien, Neuseeland, USA, Kanada), kommt jedoch in vielen Ländern Europas, Asiens und Afrikas sowie in Lateinamerika noch immer häufig vor. Psoroptes-Milben verursachen bei Ziegen eine Ohrräude, die weltweit auftritt. In Mitteleuropa kommt zudem häufig noch die Psoroptes-Räude der Kaninchen vor.
Epidemiologie
Psoroptes-Milben können abseits vom Wirt noch etwa 2 bis 3 Wochen lang überleben und infektiös bleiben. Eine Übertragung der Milben erfolgt hauptsächlich durch direkten Kontakt der Tiere untereinander, wobei die Erreger auch aus einer kontaminierten Umgebung oder von Gegenständen auf die Wirte übergehen können (z.B. Stallungen, Fahrzeuge, Bürsten, u.ä.). Zu den häufigsten Ansteckungsquellen zählen inapparent infestierte Tiere aus dem eigenen oder aus einem fremden Bestand, die dann durch Zukauf in eine gesunde Herde eingebracht werden. Die Milben können dabei in Rückzugsgebieten (z.B. am Ohrgrund oder in der Infraorbital- oder Interdigitalgegend) mindestens ein Jahr lang überleben.
Bei einem Befall einer Schafherde kann es binnen kurzer Zeit zu einer epidemischen Ausbreitung der Psoroptes-Milbe kommen. Ausbrüche sind zu jeder Jahreszeit möglich, treten jedoch gehäuft im Herbst während der Schafwanderung oder im Winter während der Stallhaltung auf. Da Psoroptes ovis äußerst wirtsspezifisch ist, findet unter natürlichen Haltungsbedingungen selten bis gar keine Übertragung zwischen Schafen und Rindern statt. Ein Übertritt der Milben zwischen Schafen und Ziegen wurde ebenso nicht beobachtet, wohl aber zwischen Kaninchen und Ziegen.
Die Psoroptes-Räude der Rinder tritt regional verschieden auf. In Mitteleuropa wird die Parasitose vor allem durch den Tierhandel weit verbreitet. Ausbrüche sind besonders in den Wintermonaten bei Mastbullen im Stall zu beobachten. Milchbetriebe sind seltener betroffen.
Immunologie
Psoroptes-Milben verursachen beim Rind sowie anderen befallenen Tieren initial eine oberflächliche perivaskuläre, exsudative Dermatitis. Histologisch gleicht diese Entzündung dem Bild einer allergischen Reaktion: hochgradig ödematöse Haut sowie Infiltrationen mit eosinophilen Granulozyten, Mastzellen und Plasmazellen.
Es wird angenommen, dass diese Veränderungen auf eine Überempfindlichkeitsreaktion gegen Milbenallergene zurückzuführen ist.
Klinik
Die Symptomatik wird neben den allergischen Prozessen durch weitere Faktoren wie z.B. bakterielle Sekundärinfektionen bestimmt. Die Psoroptes-Räude manifestiert sich bei den einzelnen Tierarten in unterschiedlichen Bildern:
- Schaf: Hautläsionen an den dicht bewollten Körperregionen (Nacken, Schultern, Rücken, Flanken). Zuerst treten Papeln auf, dann seröses Exsudat mit Bildung trockener, gelblicher Krusten, die von einem entzündeten Rand umgeben sind. Vliesaufhellung, fleckig-flächenhafter Wollausfall und allmähliche Hautverdickung sowie Faltenbildung folgen. Starker Juckreiz, Unruhe, ständiges Scheuern, Beißen und Kratzen mit den Hinterbeinen führen zu Exkoriationen und Gewichtsverlust, gelegentlich zum Tod der Tiere.
- Rind: Anfangs Papeln und Krusten an Widerrist, Nacken, Schwanzansatz, Rücken und Flanken mit Tendenz zur Ausbreitung. Die Krusten sowie ausgefallene Haare lassen sich leicht flächenhaft ablösen - darunter befinden sich meist massenhaft Milben, Es bestehen hochgradiger Juckreiz, Unruhe, Scheuern und vermehrtes Lecken. Aufgrund der Läsionen sind die Tiere geschwächt und verlieren stark an Gewicht. Sie können bei hochgradigem Befall (> 40 % der Hautoberfläche) verenden.
- Ziege: Meist Ohrräude auf der Ohrmuschel und am Ohrgrund, selten auf andere Körperregionen ausgebreitet; tritt vor allem bei langhaarigen Ziegenrassen auf (z.B. Angora).
- Kaninchen: Meist Ohrräude mit teils massiver Krustenbildung (blätterteigähnlich, gelb-bräunlich) im Gehörgang und an der Ohrmuschelinnenseite. Es besteht ein massenhafter Milbenbefall, selten eine Ausbreitung auf die Außenseite des Ohres oder auf das Mittel- und Innenohr.
- Pferd: Die Läsionen beginnen meist im Langhaarbereich (Mähne, Schwanz), dann breiten sie sich über die Sattellage, Schulter und Kruppe aus. Gelegentlich kommt es auch zur Ohrräude.
Diagnose
Der Milbennachweis erfolgt mittels lichtmikroskopischer Untersuchung von Krusten oder Hautgeschabsel unter Zuhilfenahme der KOH-Methode. Bei Schafen und Ziegen kann für die Herdendiagnostik ein ELISA (Antikörpernachweis) durchgeführt werden.
Meldepflicht
In Österreich ist die Psoroptes-Räude der Schafe, Ziegen und Pferde eine anzeigepflichtige Tierseuche, die behandlungspflichtig ist. Ein hochgradiger Befall (Einzeltiere oder auch Herden) muss durch Keulung getilgt werden.
Therapie
Beim Rind kann ein Psoroptes-Befall mit makrozyklischen Laktonen oder Pyrethroiden im Pour-on-Verfahren behandelt werden. Die Fußräude der Pferde und Schafe lässt sich durch lokale Waschbehandlungen mit Akariziden therapieren. In den meisten Fällen ist eine 2-malige Behandlung im Abstand von 7 bis 10 Tagen notwendig.
Um eine erneute Infektion zu verhindern, ist eine Stallentwesung mit anschließender Reinigung und Desinfektion unbedingt notwendig.
Literatur
- Eckert, Johannes, Friedhoff, Karl Theodor, Zahner, Horst, Deplazes, Peter. Lehrbuch der Parasitologie für die Tiermedizin. 2., vollständig überarbeitete Auflage. Enke-Verlag, 2008.
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