Parascariose (Pferd)
Synonym: Parascaris equorum-Infektion des Pferdes
Definition
Als Parascariose des Pferdes bezeichnet man eine Infektion der Pferde mit dem Pferdespulwurm (Parascaris equorum).
Erreger
Die Parascariose wird durch Parascaris equorum aus der Familie der Ascarididae (Spulwürmer) verursacht.
Die adulten Parasiten besitzen eine Mundöffnung, die mit drei großen, herzförmigen Lippen umgeben und an der Innenseite tief eingekerbt ist. Die Männchen sind zwischen 15 und 28 cm lang, besitzen schmale Kaudalflügel und sind mit 75 bis 100 Paar präanalen Papillen, zwei Paar doppelten und drei Paar einfachen postanalen Papillen versehen. Die Spicula sind 2 bis 2,5 mm lang. Weibchen sind zwischen 16 und 50 cm lang und haben ihre Vulva zwischen dem ersten und zweiten Körperviertel ausgebildet.
Eier von Parascaris equorum sind 90 bis 100 μm groß, kugelförmig, dickschalig und mit einer braunen Oberflächenschicht überzogen (kann verloren gehen).
Vorkommen
Parascaris equorum kommt am häufigsten bei Fohlen und Jährlingen vor und ist weltweit verbreitet. Einer Studie zufolge wiesen in Oberbayern 65 % von 37 untersuchten Fohlen und 3 % von 37 Mutterstuten Parascaris-Eier im Kot auf.
Entwicklung
Geschlechtsreife Parasiten siedeln sich im Dünndarm an. Dort produzieren die Weibchen große Mengen an Eiern, die mit dem Kot ausgeschieden und an die Umwelt abgegeben werden. Bei optimalen Temperaturverhältnissen (25 bis 27 °C) enthalten die Eier bereits nach 10 bis 15 Tagen infektionsfähige Drittlarven (L3).
Nachdem die Eier von Pferden oral aufgenommen wurden (z.B. bei der Weidehaltung), schlüpfen die Larven aus der Eihülle und gelangen so vom Dünndarm aus über das Pfortadersystem in die Leber (innerhalb von 24 bis 48 Stunden). Nach einer etwa einwöchigen Migrationsphase dringen die Larven in die Lebervenen ein und werden so über die Vena cava caudalis, das Herz und die Lungenarterien in die Lunge transportiert. Der Höhepunkt der Lungenbesiedelung liegt etwa 14 Tage p.i.. Die Parasiten bohren sich in die Alveolen und erreichen über die Trachea, den Pharynx und den Ösophagus etwa um den 23. Tag den Dünndarm (Jejunum), um dort Geschlechtsreife zu erlangen.
Nach einer Präpatenz zwischen 72 und 115 Tagen scheiden befallene Pferde für höchstens 2 Jahre Parascaris equorum-Eier aus.
Epidemiologie
Fohlen infizieren sich in frühem Lebensalter und scheiden nach dem Ablauf der Präpatenz zahlreiche Eier aus. Der Höhepunkt der Eiausscheidung liegt etwa im Alter zwischen 16 und 18 Wochen - anschließend sinkt sie ab. Da Fohlen eine deutlich höhere Befallsrate sowie auch höhere Intensität der Eiausscheidung aufweisen, müssen sie auch als die hauptsächliche Kontaminationsquelle angesehen werden.
Als epidemiologisch wichtig erwies sich die lange Lebenszeit der Parascaris-Eier in der Umwelt. In feuchtem Milieu sowie in kühlen Temperaturen können Spulwurmeier viele Monate (bis hin zu 5 Jahre) überleben. Temperaturen jenseits der 40 °C sind für die Eier schädlich - besonders in Kombination mit Austrocknungseffekten.
Regionen mit gemäßigtem Klima ermöglichen, dass die Mehrzahl der (während des Frühjahres und Sommers) ausgeschiedenen Eier im gleichen Jahr die Entwicklung bis zur infektiösen Larve durchlaufen. Im Gegensatz dazu überwintern Eier, die gegen Ende der Weidesaison an die Umwelt abgegeben wurden. Solche Eier entwickeln sich im folgenden Jahr (bei günstigeren Bedingungen) weiter.
Pathogenese
Wandernde Larven rufen im Leberparenchym zunächst Hämorrhagien und Zellzerstörungen hervor. Im Anschluss folgen entzündliche Infiltrate (Leukozyten, Monozyten, eosinophile Granulozyten) und Fibrose. Makroskopisch können die Veränderungen als etwa 2 mm große, grau-weißliche Knötchen erkannt werden.
In der Lunge abgesiedelte Larven führen zu Hämorrhagien, Zerstörung der Alveolarwände,, Ödembildung in den intralobulären Septen, eosinophilen Infiltraten und Bildung lymphozytärer Knötchen. Larven können zudem über den großen Blutkreislauf in verschiedene Organe auswandern und dort ebenfalls Veränderungen hervorrufen.
Spulwürmer - die im Dünndarm parasitieren - leben hauptsächlich von den oberflächlichen Schleimhautschichten. Sie führen meist zu einer chronischen katarrhalischen Enteritis, die eine ähnliche Pathogenese haben dürfte, wie die Ascaris suum-Infektion beim Schwein: Verkürzung der Villi sowie Vertiefung der Krypten (die zu Malabsorption führen), Hyperplasie der Becherzellen mit deutlich herabgesetzter Schleimproduktion, zelluläre Infiltration der Lamina propria mucosae, Mastzellhyperplasie und Verdickung der Lamina muscularis mucosae.
Fohlen mit intestinalem Parascaris-Befall zeigen verminderte Futteraufnahme, erhöhten Wassergehalt des Körpers, Verminderung des Albuminpools und eine reduzierte Einbaurate von Methionin aus der Nahrung in Plasmaproteine.
Immunität
Da weitaus häufiger Fohlen mit Parascaris equorum befallen sind als ältere Tiere, kann von einer Entwicklung protektiver Abwehrmechanismen gegen Spulwürmer ausgegangen werden. Diese wird etwa ab dem 6. Lebensmonat wirksam, konnte bisher (2018) jedoch nicht näher charakterisiert werden.
Klinik
Nach etwa 2 Wochen (nach starken Infektionen) können Störungen des Allgemeinbefindens und der Gewichtsentwicklung auftreten. Hinzu kommen Husten und Nasenausfluss, die bis zu 10 Tage andauern können. Außerdem werden Bluteosinophilie (Maximalwerte zwischen dem 20. und 30. Tag p.i.) beobachtet.
Ein intestinaler Befall mit Parascaris equorum kann sich klinisch in wechselnder Fresslust, glanzlosem Haarkleid, kurzen Kolikanfällen und Abmagerung manifestieren. Ein hochgradiger Befall führt zu Kolikanfällen, Dünndarmobturation und -invagination sowie Darmperforation mit Peritonitis. Dünndarmobturationen können v.a. im Herbst auftreten, nachdem sich junge Fohlen zu Beginn der Weideperiode mit Spulwürmern infiziert haben.
Diagnose
Dia Diagnose wird anhand des klinischen Bildes sowie einer koproskopischen Untersuchung gestellt.
Therapie
Die Parascariose kann mithilfe zahlreicher Anthelmintika behandelt werden. Da viele Wirkstoffe jedoch nur die adulten sowie juvenilen Parascaris-Stadien im Darm beseitigen, sollte eine Behandlung mit Ivermectin vorgezogen werden. Ivermectin erfasst neben den Adulten auch die Larvalstadien in der Lunge.
Da aufgrund des Massenabsterbens der Parasiten eine Darmobturation die Folge sein kann, kann ein chirurgischer Eingriff in manchen Fällen notwendig werden. Hierbei ist es auch nicht sinnvoll eine fraktionierte Wurmausscheidung durch Halbierung der Dosis anzustreben, da die meisten Mittel auch in niedriger Dosis eine gute Wirkung gegen die Parasiten haben.
Bekämpfung
Neben strikten Hygienemaßnahmen (Stall, Ausläufe, Weide) sollten planmäßige anthelmintische Behandlungen einer ganzen Pferdegruppe durchgeführt werden. Stuten sollten etwa 4 Wochen vor dem Abfohlen und Fohlen erstmals im Alter von 6 bis 8 Wochen behandelt werden. Dieser Behandlungsplan sollte in Intervallen von 6 bis 8 Wochen bis zu einem Alter der Fohlen von 6 bis 12 Monaten weitergeführt werden.
Literatur
- Boch, Josef, Supperer, Rudolf. Veterinärmedizinische Parasitologie. 6. vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Parey Verlag, 2005
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