Ocrelizumab
Handelsname: Ocrevus®
Definition
Ocrelizumab ist ein antiinflammatorisch wirkender monoklonaler Antikörper, der gezielt an das Oberflächenantigen CD20 der B-Zellen bindet. Er wird zur Behandlung der multiplen Sklerose (MS) eingesetzt.
Biochemie
Ocrelizumab ist ein humanisierter monoklonaler Antikörper. Es handelt sich um ein Immunglobulin G1 mit einer konstanten humanen Region sowie variablen human-murinen Regionen, die gegen CD20 gerichtet sind. Das Molekulargewicht des Wirkstoffs beträgt 148,1 kDa.
Wirkmechanismus
Ocrelizumab bindet selektiv an das CD20-Antigen, das man auf der Zelloberfläche von B-Zellen findet. Diese Bindung führt zu einer Elimination der betroffenen B-Zell-Population durch eine zellvermittelte (ADCC) und komplementvermittelte zytotoxische Immunreaktion (ADCMC). Dadurch wirkt Ocrelizumab immunsuppressiv. Das CD20-Epitop, an das Ocrelizumab bindet, überlappt sich teilweise mit dem CD20-Epitop, an das Rituximab andockt.
Indikationen
- Primär progrediente MS (PPMS)
- Schubförmige MS (RMS)
Darreichungsform
- Ampullen á 10 ml zur intravenösen Infusion mit einer Wirkstoffkonzentration von 30 mg/ml, entsprechend einer Gesamtdosis von 300 mg Ocrelizumab
Prämedikation
Um die Wahrscheinlichkeit infusionsbedingter Reaktionen zu reduzieren, sollte folgende Prämedikation vor der Gabe von Ocrelizumab vorgenommen werden:
- Gabe von 100 mg Methylprednisolon (oder vergleichbares Glukokortikoid) i.v. ungefähr 30 Minuten vor der Infusion
- Gabe eines Antihistaminikums ungefähr 30-60 Minuten vor der Infusion.
Zusätzlich sollte die Gabe eines Antipyretikums (z.B. Paracetamol) vor der Infusion erwogen werden.
Dosierung
Die Initialdosis beträgt 600 mg Ocrelizumab, aufgeteilt auf 2 Infusionen a 300 mg im Abstand von 14 Tagen, danach erfolgt eine Gabe von 600 mg Ocrelizumab in einer Infusion alle 6 Monate. Die vom Hersteller angegeben Infusionszeiten sind einzuhalten. Keine Bolusinjektion!
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
- Infusionsbedingte Reaktionen (Pruritus, Flush, Erythem, Urtikaria, Blutdruckabfall, Fieber, Kopfschmerzen, Fatigue, Dyspnoe, Nausea, Tachykardie, Larynxödem, Pharynxödem)
- Infektionen
- Konjunktivitis
- Gastroenteritis
- Neutropenie[1]
- Verminderter Blutspiegel von IgG und IgM
Ein erhöhtes Risiko für das Auftreten maligner Tumoren kann nicht ausgeschlossen werden.
Kontraindikaton
Zu den Kontraindikationen zählen u.a.:
- Überempfindlichkeit gegenüber dem Wirkstoff
- Hepatitis B
- aktive Infektionskrankheit
- Patienten unter Immunsuppression
- Schwangerschaft (Nutzen-Risiko-Abwägung)
Nutzenbewertung
Auf der Basis der vorliegenden klinischen Daten wurde dem Wirkstoff vom IQWiG in der Gegenüberstellung zu einer zweckmäßigen Vergleichstherapie (z.B. Interferon-beta) ein beträchtlicher Zusatznutzen bei folgenden Patientengruppen attestiert:[2]
- Erwachsene unter 40 Jahren mit RMS, die bislang noch keine krankheitsmodifizierende Therapie erhalten haben oder mit krankheitsmodifizierender Therapie vorbehandelte Patienten, deren Erkrankung nicht hochaktiv ist
- Erwachsene mit hochaktiver RMS trotz Behandlung mit einer krankheitsmodifizierenden Therapie
Kosten
Die Jahrestherapiekosten für eine Behandlung mit Ocrelizumab liegen bei rund 31.000 €.[2]
Quellen
- ↑ Hess F et al. Ocrelizumab-assoziierte schwere Neutropenie: eine unterschätzte Komplikation der Therapie mit CD20-Antikörpern bei Multipler Sklerose? Nervenarzt 2023
- ↑ 2,0 2,1 IQWiG-Berichte – Nr. 619: Ocrelizumab (multiple Sklerose) - Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V, abgerufen am 1.8.2018
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