Nierenabszess
Definition
Als Nierenabszess bezeichnet man eine abgekapselte, eitrige Entzündung (Abszess) im Nierenparenchym.
Ätiologie
Nierenabszesse entstehen meist aszendierend aufgrund einer vorbestehenden Obstruktion eines Tubulus oder bei Nierensteinen bzw. vesikorenalem Reflux. In seltenen Fällen können sie auch nach Radiofrequenzablation eines Nierentumors auftreten. Etwa zwei Drittel der Nierenabszesse werden durch gramnegative Bakterien ausgelöst (E. coli, Klebsiellen, Proteus spp.). In ca. einem Drittel der Fälle liegt eine systemische Infektion mit grampositiven Staphylokokken zugrunde, die nach hämatogener Streuung abszediert.
Risikofaktoren
Bekannte Risikofaktoren sind:
- Diabetes mellitus (3,8-faches Risiko gegenüber Gesunden)
- Harnstau
- Urolithiasis
- urologische Voroperation
- rezidivierende Harnwegsinfektionen
- Immunsuppression
- neurogene Harnblasenentleerungsstörung
- Schwangerschaft
- Nierentrauma
- Missbildungen (Zystennieren)
Klinik
Die Symptome sind zum Teil unspezifisch, sodass Diagnostik und Therapie verzögert werden können. Bei vorbestehendem Diabetes mellitus sind asymptomatische Verläufe möglich. Mögliche Symptome sind:
- reduzierter Allgemeinzustand mit Fieber und Schüttelfrost
- Flankenschmerz
- Pollakisurie, Algurie, Harndrang, Harnblasenschmerz
- selten palpabler Flankentumor
Diagnostik
In der Labordiagnostik fallen typischerweise eine Leukozytose, erhöhte Retentionsparameter (z.B. Kreatinin) und ein erhöhtes C-reaktives Protein (CRP) auf. In ca. 20 % der Fälle gelingt ein Erregernachweis in Blutkulturen. In der Sonographie ist der Abszess ggf. als echofreie oder -arme Zone sichtbar. Die Sensitivität des Ultraschalls beträgt etwa 60 %.
Die beste Darstellung gelingt mithilfe einer Computertomographie oder Magnetresonanztomographie, ggf. mit Einsatz von Kontrastmittel.
Differentialdiagnosen
Mögliche Differentialdiagnosen sind u.a.:
Therapie
Eine ursächliche Harnabflussstörung (z.B. durch Nierensteine) muss beseitigt werden. Bei kleinen Abszessen (< 3 cm) kann ein konservativer Therapieversuch mit Antibiotika erfolgen. Mittel der Wahl bei gramnegativen Erregern sind Cephalosporine der 3. Generation. Bei grampositiven Staphylokokken werden Penicilline (z.B. Piperacillin/Tazobactam), Cephalosporine oder Vancomycin eingesetzt.
Größere Abszesse müssen chirurgisch oder durch eine Punktion drainiert werden.
Literatur
- Schmelz et al.: Facharztwissen Urologie, 3. Auflage, Springer