Harndrang
Englisch: urinary urgency
Definition
Hintergrund
In den Nieren werden täglich 1 bis 1,5 Liter Urin gebildet. Dieser wird in der Harnblase gesammelt. Ist das Fassungsvermögen der Blase von ca. 500 ml erreicht, wird dies durch das Nervensystem dem Gehirn mitgeteilt. Die Menge an gebildetem Urin ist dabei abhängig von der Flüssigkeitszufuhr. Werden täglich mehr als 2-3 Liter Harn gebildet, spricht man von Polyurie. Tritt ein vermehrter Harndrang auf, ohne dass vermehrt Urin gebildet wurde, so spricht man von einer Pollakisurie.
Vermehrter Harndrang
Vermehrten Harndrang kann verschiedene Ursachen haben. Tritt ein vermehrter Harndrang nur gelegentlich auf, kann das an einer erhöhten Flüssigkeitszufuhr, sowie dem Konsum von Alkohol oder Kaffee liegen. Auch die Einnahme von Diuretika oder psychische Ursachen, wie Stress können den Harndrang beeinflussen.
Klagt ein Patient längerfristig über vermehrt auftretenden Harndrang ist dies meist Symptom einer anderen Erkrankung, z.B.:
- Diabetes mellitus
- Diabetes insipidus
- Stufe III eines akuten Nierenversagens
- Hyposthenurie
- Polydipsie
- Descensus uteri
- Prostatitis
- Erschlaffung der Beckenbodenmuskulatur nach Geburt oder bei Adipositas
Tritt der Harndrang vermehrt im Schlaf - also im Liegen - auf, können weitere Ursachen vorliegen, z.B.:
- Blasenentzündung
- Prostatahypertrophie
- Ausschwemmung von Ödemen der unteren Körperhälfte bei einer Herzinsuffizienz
Wenn es zu einem vermehrten Harndrang kommt, ohne dass vermehrt Urin gebildet wird, kommen als Ursachen in Frage:
- Erkrankungen der Prostata
- Reizblase
- frühe Phase der Schwangerschaft
Eine Sonderform des vermehrten Harndrangs ist der imperative Harndrang.
Diagnose
Um aus den oben genannten Gründen die Ursache für vermehrt auftretenden Harndrang zu filtern, sollte zunächst eine ausführliche Anamnese erhoben werden, die folgende Punkte abfragt:
- Wann am Tag tritt der Harndrang auf?
- In welchen Situationen tritt er auf?
- Was wurde zuvor gegessen und getrunken?
Gibt die anamnestische Befragung keine eindeutigen Hinweise, kann ein ausführliches Miktionstagebuch weiterhelfen.
Darüber hinaus ist eine Blut- und Urinuntersuchung sinnvoll. Hierbei wird vor allem auf folgende Parameter geachtet:
- Konzentration der Elektrolyte
- Blutzucker
- Hämatokrit
- Kreatinin
- Harnosmolarität
Bei der bildgebenden Diagnostik steht die Untersuchung Harnwege oder die Prostata mit Ultraschall im Vordergrund. Weitere Möglichkeiten eröffnen eine Miktionszysturethrografie oder eine Blasenspiegelung durchgeführt.
Therapie
Die Therapie ist abhängig von der Grunderkrankung. Liegt keine organische Ursache vor, kann dem Patienten ein Blasentraining helfen. Hierbei wird versucht, den Harndrang bewusst zu regulieren. Neben diesem Training können auch einige Medikamente Linderung bringen, z.B.:
- Anticholinerigka, Spasmolytika: senken die Kontraktionsbereitschaft der Blase
- Frauen: Östrogene
- Männer: Alphablocker: senken den Tonus der Blasenmuskulatur
Liegen psychische Ursachen vor, können eine Psychotherapie oder verschiedene Entspannungstechniken (z.B. Autogenes Training) helfen.