Membrantransport
Definition
Membrantransport beschreibt in der Zellbiologie den Transport von Molekülen über semipermeable Zellmembranen, im weiteren Sinn den Stoffaustausch zwischen Intrazellulärraum und Extrazellulärraum.
Hintergrund
Wenn keine Begrenzungen vorliegen, verteilen sich Moleküle in wässriger Lösung durch Diffusion. Sie folgen dabei dem Konzentrationsgefälle, bis die Konzentration überall ausgeglichen ist und die maximale Entropie erreicht ist.
Zellmembranen bestehen aus einer Lipiddoppelschicht aus Phospholipiden und darin eingelagerten Proteinen. Die Phospholipide sind amphiphil: der hydrophile Kopf steht nach außen in Kontakt zur wässrigen Lösung, während die hydrophoben Kohlenwasserstoffketten innerhalb der Doppelschicht einander zugewandt sind.
Diese Konstruktion verhindert, dass Makromoleküle wie Proteine oder polare Moleküle spontan durch die Zellmembran treten. Nur kleine und ungeladene Moleküle sind zu freier Diffusion fähig. Für alle anderen Stoffe werden Transportmechanismen benötigt, um einen Stoffaustausch zwischen der Zellumgebung und dem Zellinneren zu ermöglichen. Man unterscheidet dabei zwei Formen:
- Transmembrantransport: Transport durch eine Zellmembran
- Membranverlagernder Transport: Aufnahme und Abgabe von Stoffen durch Vesikel
Im engeren Sinn ist mit "Membrantransport" meist der Transmembrantransport gemeint.
Transmembrantransport
Einteilung
...nach Modus
- freie Diffusion (engl. non-mediated transport): unspezifischer Transport ohne Beteiligung von Proteinen, nur möglich für kleine Moleküle
- spezifischer Transport (engl. mediated transport): Transport erfolgt über ein Transportprotein
...nach Energieaufwand
- passiver Transport: benötigt keine von außen zugeführte Energie, hierzu zählt die passive Diffusion über die Membran, sowie die erleichterte Diffusion über Kanal- oder Carrierproteine
- aktiver Transport: benötigt die Zufuhr von chemischer Energie (i.d.R. aus ATP-Hydrolyse)
...nach Teilchenzahl und Transportrichtung
- Uniport: Ein Teilchen wird in eine Richtung durch die Zellmembran transportiert.
- Symport: Zwei oder mehr verschiedene Teilchen werden in dieselbe Richtung durch die Zellmembran transportiert
- Antiport: Zwei oder mehr verschiedene Teilchen werden in entgegengesetzten Richtungen durch die Zellmembran transportiert
Freie Diffusion
Nur kleine Moleküle können frei über Membranen diffundieren. Die Permeabilität ist dabei proportional zur Lipophilie des Moleküls. Gase wie Sauerstoff oder Kohlenstoffdioxid können daher gut diffundieren, im Gegensatz zum polaren Wasser oder Ionen. Diffundierende Moleküle folgen dabei ihrem Konzentrationsgefälle, mit dem Bestreben, dieses auszugleichen. Dabei stellt sich ein Fließgleichgewicht zwischen Intra- und Extrazellularraum ein. Die freie Diffusion ist die einfachste Form des passiven Transports.
Spezifischer Transport
Der spezifische Transport erfordert Transportproteine, auch Translokatoren genannt. Sie lassen sich in Kanalproteine (z.B. Ionenkanäle) und Carrierproteine unterscheiden. Während bei den Kanalproteinen das passierende Molekül keine Bindung eingeht, kommt es bei Carriern zu einer Interaktion. Diese führt zur Konformationsänderung, die den Transfer über die Membran vermittelt.
Spezifischer passiver Transport
Der spezifische passive Transport wird auch als erleichterte Diffusion bezeichnet. Er kann auf zwei Weisen erfolgen:
...durch Kanalproteine
Kanalproteine tunneln die Zellmembran und ermöglichen so den Durchtritt geladener Teilchen wie Ionen. Das Kanalinnere ist dafür mit polaren Aminosäuregruppen ausgekleidet. Die verschiedenen Kanäle weisen eine unterschiedliche Leitfähigkeit für bestimmte Ionen oder Moleküle auf, es handelt sich also nicht um permissive "Röhren", sondern um selektive Kanäle.
Eine ständige Öffnung der Kanäle würde wie bei der freien Diffusion rasch zu einem Ausgleich des Konzentrationsgefälles führen. Daher sind die meisten Kanäle im Normalzustand geschlossen. Auf ein bestimmtes Signal hin – z.B. einen Liganden oder eine Änderung des Membranpotentials – kommt es zur Öffnung der Kanäle. Das ermöglicht den Durchtritt der Teilchen, bis der Kanal auf ein anderes Signal hin wieder geschlossen wird oder das Konzentrationsgefälle ausgeglichen ist.
...durch Carrierproteine
Carrierproteine transportieren Teilchen durch Änderungen ihrer räumlichen Konformation. Sie haben wie Enzyme eine Bindungsstelle für die zu transportierenden Moleküle oder Ionen. Nachdem der Carrier sein Teilchen gebunden hat, lagert sich seine Molekülstruktur so um, dass es durch die Membran geschleust und auf der anderen Seite freigesetzt wird. Man bezeichnet diesen Prozess vereinfacht auch als "Klapptür-Mechnanismus". Der passive Transport über Carrierproteine kann nur in Richtung des Konzentrationsgefälles erfolgen.
Spezifischer aktiver Transport
Der aktive Transport ist ein Transport, der unter Energieverbrauch stattfindet. Er kann gegen einen Konzentrationsgradienten oder elektrochemischen Gradienten laufen.
Man unterscheidet drei Formen des aktiven Transports:
Primär aktiver Transport
Der primär aktive Transport ist dadurch gekennzeichnet, dass direkt Energie durch ATP-Spaltung gewonnen wird. Bei den meisten Transmembranproteinen, die diese Form des Transports durchführen handelt es sich um ATPasen. Andere Energiequellen für den primär aktiven Transport sind Redoxreaktionen oder Lichtenergie (Photonen).
In Zellen erfolgt der wichtigste primär aktive Transport durch die Natrium-Kalium-ATPase, die unter Verbrauch von einem ATP-Molekül drei Natriumionen nach außen und zwei Kaliumionen in die Zelle transportiert und somit an der Aufrechterhaltung des Membranpotenzials beteiligt ist.
Sekundär aktiver Transport
Der sekundär aktive Transport wird auch als gekoppelter Transport oder Cotransport bezeichnet. Im Gegensatz zum primär aktiven Transport ist er nicht direkt ATP-abhängig. Er basiert auf dem elektrochemischen Gradienten, der durch die primär aktiven Ionenpumpen erzeugt wird. Wenn ein Ion oder Molekül entlang seines elektrochemischen Gradienten transportiert wird, erhöht das die Entropie, was als Energiequelle für andere Transportprozesse genutzt werden kann.
Die Zellen pumpen beispielsweise durch die Natrium-Kalium-ATPase ständig unter Energieaufwand Na+ in den Extrazellulärraum, so dass sich ein elektrochemischer Gradient in Richtung des Intrazellulärraums aufbaut. Der energiegewinnende Rücktransport von 2 Natriumionen in Richtung des Gradienten ermöglicht so dem Glucose-Symporter SGLT-1 den gleichzeitigen Transport von einem Glucosemolekül in die Zelle gegen das Konzentrationsgefälle.
Tertiär aktiver Transport
Der tertiär aktive Transport nutzt einen Gradienten, der durch einen sekundär aktiven Transport aufgebaut wurde. Ein Beispiel hierfür ist der Peptidtransporter 1 der Enterozyten des Darms zur Resorption von Di- und Tripeptiden.
Membranverlagernder Transport
Der membranverlagernde Transport ist eine Transportform für Makromoleküle wie Proteine, Polysaccharide oder Nukleinsäuren. Sie sind zu groß, um die Membran über Kanalproteine zu passieren – daher erfolgt der Transport über Vesikel.
Man unterscheidet nach der Transportrichtung drei Formen des membranverlagernden Transports:
- Endozytose: Aufnahme von Stoffen in die Zelle über die Bildung von Vesikeln
- Exozytose: Abgabe von Stoffen aus der Zelle durch Verschmelzung der Vesikel mit der Zellmembran
- Transzytose: Stofftransport durch die Zelle unter Nutzung von Endozytose und Exozytose
siehe auch: Membranfluss