Osteolyse
von altgriechisch: ὀστέον ("ostéon") - Knochen, λύσις ("lýsis") - Auflösung
Synonym: Knochenabbau, Knochenläsion
Englisch: osteolysis
Definition
Osteolyse ist die aktive Auflösung bzw. Resorption von Knochengewebe. Ihr Gegenteil ist die Osteogenese.
ICD10-Code: M89.5
Lokalisation
Osteolysen können diffus den gesamten Knochen betreffen oder als umschriebene Osteolysen auf einen Bereich beschränkt sein. Eine diffuse Osteolyse führt zu einer insgesamt reduzierten Knochendichte eines Knochens.
Physiologische Osteolysen
Osteolysen treten physiologischerweise im Rahmen des normalen Knochenumbaus auf. Das dient dazu, funktionell nicht oder wenig belasteten Knochen zu reduzieren. Dieser Prozess wird durch Osteoklasten ausgeführt und hormonell kontrolliert. Ihre Aktivität steht in einem dynamischen Gleichgewicht mit der Knochensynthese durch die Osteoblasten.
Pathologische Osteolysen
Knochenabbauende Prozesse können auch durch pathologische Vorgänge ausgelöst werden, z.B. durch Stoffwechselstörungen, Entzündungen, Zysten, Tumoren oder Metastasen. Sie lassen sich durch umschriebene oder diffuse Aufhellungen im Röntgenbild darstellen. Mögliche Ursachen sind:
- Störungen des (Knochen-)Stoffwechsels
- Tumoren
- Knochentumoren (z.B. Osteosarkom, eosinophiles Granulom)
- Knochenmetastasen
- Hämatologische Neoplasien (z.B. Plasmozytom)
- Infektionen/Entzündungen
- Speicherkrankheiten
- Operative Eingriffe
- Osteolysen bei Gelenkimplantaten (periprothetische Osteolyse)
Diagnostik
Die Diagnostik von Osteolysen erfolgt in erster Linie radiologisch. Der Zeitraum, in dem eine Knochendestruktion im Röntgenbild in Erscheinung tritt, beträgt mindestens 10 Tage. Für die Differenzialdiagnostik sind neben dem Vergleich mit Voraufnahmen insbesondere die Symptome und das Alter des Patienten sowie die Lokalisation und das spezifische Erscheinungsbild der Osteolyse wichtig. Liegen keine pathognomonischen Zeichen vor, wird die Aggressivität der Osteolyse mittels der modifizierten Lodwick-Klassifikation und der Art der Periostreaktion eingeschätzt.
Alter
Alterstypische Osteolysen sind beispielsweise bei
- Säuglingen und Kleinkindern: metastasierte Neuroblastome
- Kindern und Jugendlichen: Ewing-Sarkome und einfache Knochenzysten in den langen Röhrenknochen
- Erwachsenen (20 bis 50 Jahre): Riesenzelltumore
- Personen mittleren bis höheren Alters: Metastasen und multiples Myelom
Lokalisation/Erscheinungsbild
Die Lokalisation und das spezifische Erscheinungsbild der Osteolyse sind ein wichtiges Kriterium bei
- Wirbelkörperhämangiomen
- einfachen Knochenzysten: Zeichen des „herabfallenden Fragments"
- subchondralen Zysten (degenerative Zyste oder intraossäre Ganglienzyste): intraläsionale Gase in juxtaartikulärer Lokalisation
- Morbus Paget: vergrößerter Knochen mit vergröberten Trabekeln und verdickter Kortikalis
- Enchondrom: chondroide Matrix in geographischer, lytischer Läsion der Hand
- Langerhanszellhistiozytose: Vertebra plana bei ansonstem gesundem Kind
- intraossärem Lipom des Calcaneus: Kokardenzeichen
Bei der chondroiden Matrix finden sich punktförmige, popcornartige oder bogen- und ringförmige Verkalkungen ("rings and arcs"). Sie kommt bei Enchondromen, Chondroblastomen und Chondrosarkomen vor. Eine osteoide Matrix weist eher ein wolkenartiges, verschwommenes Aussehen auf und findet sich bei Osteosarkomen, Osteoidosteomen und Osteoblastomen.
Muster
In der Bildgebung erlaubt das Muster der Osteolyse Rückschlüsse auf ihre Aggressivität. Grundsätzlich gilt, dass Spongiosa rascher zerstört wird als Kompakta. Osteolysen der Spongiosa sind jedoch schwerer zu erkennen.
Man unterscheidet anhand der Lodwick-Klassifikation drei Osteolyseformen (in aufsteigender Aggressivität):
- Grad I: Geographische Osteolyse. Sie weist eine rundliche bis landkartenartige Form auf und entsteht aufgrund eines sich langsam entwickelnden Krankheitsprozesses – insbesondere wenn die Osteolyse scharf begrenzt ist. Teilweise ist sie durch einen Sklerosesaum vom erhaltenen Knochen getrennt. Unscharfe Konturen weisen auf einen aggressiveren Abbau hin.
- Grad II: Mottenfrass-ähnliche Osteolyse. Das noch teilweise erhaltene Knochengewebe ist von zahlreichen, bis 5 mm großen Destruktionsherden durchsetzt.
- Grad III: Permeative Osteolyse. Es bestehen sehr viele kleine Destruktionsherde mit unscharfer Grenze zum gesunden Knochen. Die sichtbare ossäre Destruktion hinkt dem tatsächlichen Knochenbefall nach.
Die modifizierte Lodwick-Klassifikation berücksichtigt noch weitere Faktoren. Sie stellt eine relativ zuverlässige Methode dar, um festzustellen, ob eine Knochenläsion mit hoher Wahrscheinlichkeit benigne ist.
Periostreaktion
Ist eine Periostreaktion vorhanden, unterscheidet man zwischen:
- solider Periostreaktion: einzelne Schicht neuen Knochens, die dicker als 1 mm ist und in ihrer Ausdehnung nicht unterbrochen wird.
- unterbrochener Periostreaktion: nicht kontinuierliche bzw. solide Knochenneubildung (z.B. divergierende Spiculae oder Codman-Dreieck). Sie weist auf eine aggressive Läsion hin.