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Prämature Ovarialinsuffizienz

(Weitergeleitet von Klimakterium praecox)

Synonyme: vorzeitige Eierstockschwäche, Climacterium praecox, Klimakterium praecox, vorzeitige Menopause, prämature Menopause
Englisch: primary ovarian insufficiency, premature ovarian failure

1. Definition

Unter prämaturer Ovarialinsuffizienz, kurz POI, versteht man einen Verlust der Eierstockaktivität vor dem 40. Lebensjahr. Sie führt zu einem frühzeitigen Sistieren der Menstruation und damit zur Menopause.

2. Nomenklatur

Die Begriffe "vorzeitiges Eierstockversagen" bzw. "POF-Syndrom", POF für "premature ovarian failure", sollen nach den Empfehlungen der Leitliniengruppe der ESHRE nicht mehr verwendet werden.

3. Epidemiologie

Die berichtete Prävalenz von nicht-iatrogenen POI variiert von etwa 1% älteren Studien zufolge bis zu 3,5% in neueren Publikationen. Populationsmerkmale wie die ethnische Zugehörigkeit könnten die Prävalenz von nicht-iatrogenen POI möglicherweise beeinflussen.

4. Ätiologie

Der POI können verschiedene Ursachen zugrunde liegen. Man unterschiedet genetisch bedingte, primäre und erworbene, sekundäre Formen. In ca. 50% der Fälle bleibt die Ursache unklar. In diesem Fall spricht man von einer idiopathischen POI.

4.1. Primäre Formen

Bei ca. 10-15 % der Frauen ist die Ursache der POI ein Fragiles-X-Syndrom, d.h. die Verlängerung eines Triplettrepeats im Gen FMR1. Ferner tritt eine POI bei etwa 4-5 % der Frauen mit Ullrich-Turner-Syndrom auf, bei denen keine primäre Amenorrhoe vorlag, sowie bei X-Monosomien im chromosomalen Mosaik. Derzeit (2025) sind über 100 weitere Gene bzw Mutationen beschrieben, die mit einer POI assoziiert sind. Beispiele sind:

Weibliche Verwandte (wie Schwestern oder Töchter) von Frauen mit nicht-iatrogenen POI sollten darauf hingewiesen werden, dass sie ein erhöhtes Risiko haben, selbst an POI zu erkranken.

4.2. Sekundäre Formen

Eine sekundäre POI kann auftreten bei bzw. nach

Darüber hinaus spielen iatrogene Ursachen ein wichtige Rolle, zum Beispiel eine Strahlen- oder Chemotherapie, die zu einer Schädigung der Eierstöcke führt, oder Eingriffe am Ovar (z.B. Ovarektomie).

5. Klinik

Das klinische Bild ähnelt den Symptomen des Klimakteriums. Es beinhaltet:

In der Regel besteht eine Infertilität.

6. Komorbiditäten

Eine POI wird mit verschiedenen Komorbiditäten in Verbindung gebracht. Dazu zählen:

Darüber hinaus kann die Diagnose einer POI einen erheblichen Einfluss auf das psychische Wohlbefinden und die Lebensqualität haben.

7. Diagnostik

Hinweisgebend für das Vorliegen einer POI ist die Anamnese (Alter, Dauer des Ausbleibens der Regelblutung, Vorerkrankungen und Begleitsymptome).

Labordiagnostisch bestehen erhöhte Gonadotropinwerte (FSH) und niedrige Östradiolspiegel. Die Beurteilung der FSH-Konzentration sollte nach 4 bis 6 Wochen wiederholt werden, falls diagnostische Unsicherheiten bestehen.

Evtl. auslösende Grunderkrankungen oder genetische Faktoren können durch entsprechende Laboruntersuchungen (Autoantikörper inkl. Rheumafaktoren) bzw. molekulargenetische Untersuchungen identifiziert werden. Ferner ist bei allen Frauen mit nicht-iatrogenen POI eine Chromosomenanalyse empfehlenswert.

Durch die erhöhte Prävalenz einer POI bei Vorliegen einer Fragilen-X-Prämutation ist ein Gentest auf Fragiles X bei allen Frauen indiziert, bei denen eine POI diagnostiziert wurde. Aufgrund der möglichen Konsequenzen eines positiven Befundes, z.B. Risiko einer Fragiles-X-assoziierten Ataxie (FXTAS), muss vor der Genetik eine gründliche Aufklärung der Patientin erfolgen.

Ein generelles Screening auf andere Gendefekte wird derzeit (2025) nicht standardmäßig durchgeführt.

Die Laboruntersuchungen werden durch eine Sonographie der Eierstöcke ergänzt.

8. Diagnosekriterien

Die Leitliniengruppe empfiehlt folgende Diagnosekriterien:

  • gestörte Menstruationszyklen (spontane Amenorrhoe oder unregelmäßige Menstruationszyklen) für einen Zeitraum von mindestens 4 Monaten und
  • erhöhte FSH-Konzentration > 25 IU/l.

9. Therapie

Eine ursächliche Therapie einer POI ist nicht möglich. Die Chancen auf eine natürliche Konzeption sind drastisch verringert. Eine Eizellspende ist die einzige zuverlässige Option, um eine Schwangerschaft zu ermöglichen. Bei iatrogenen Ursachen eines POI kann vor der Behandlung eine Fertilitätsprotektion in Betracht gezogen werden.

Schwangerschaften bei Frauen mit Turner-Syndrom haben ein hohes Risiko für geburtshilfliche und nicht-geburtshilfliche Komplikationen und sollten in einer geeigneten geburtshilflichen Abteilung unter Einbeziehung eines Kardiologen behandelt werden.

Eine adäquate Hormonersatztherapie ist für Frauen mit POI zur Behandlung von Östrogenmangelsymptomen und zur Primärprävention kardiovaskulärer Folgeerkrankungen bzw. einer Osteoporose sinnvoll.

10. Literatur

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