Puerperalfieber
Synonyme: Wochenbettfieber, Kindbettfieber, Puerperalsepsis
Englisch: childbed fever, puerperal sepsis
Definition
Unter Puerperalfieber subsumiert man entzündliche Veränderungen des weiblichen Genitaltraktes im Wochenbett, verursacht durch das Eindringen pathogener Bakterien in die Geburtswunden.
Geschichte
Das Puerperalfieber ist eng mit dem Namen des ungarisch-österreichischen Gynäkologen Ignaz Semmelweis (1818-1865) verbunden, der sich als erster Mediziner erfolgreich mit der Ätiologie der Erkrankung auseinander setzte und sie als Infektion identifizierte. Durch Einführung der Händedesinfektion gelang es ihm, die hohe Inzidenz des Puerperalfiebers an seiner Klinik deutlich zu senken.
Epidemiologie
Da Entbindungen in Deutschland überwiegend in Krankenhäusern durchgeführt werden, handelt es sich beim Puerperalfieber in der Regel um eine Nosokomialinfektion. Die Häufigkeit des Puerperalfiebers wird in Deutschland mit etwa 5% angegeben. Die genaue Inzidenz ist abhängig vom jeweiligen Zentrum.
Ätiologie und Pathogenese
Die Endometritis puerperalis ist die häufigste Ursache des Wochenbettfiebers. Sie wird durch aus der Scheide stammende Bakterien ausgelöst, die in die Geburtswunden aszendieren. Begünstigt wird die Entstehung der Infektion durch:
- vaginale, operative Entbindung
- Kaiserschnitt
- vorzeitigen Blasensprung
- häufige vaginale Untersuchungen
- Retention von Plazentaresten
- Lochialstau
Bei den puerperalen Infektionen handelt es sich in erster Linie um Mischinfektionen - die häufigsten Erreger sind beta-hämolysierende Streptokokken, Staphylokokken, Enterokokken, Escherichia coli und Proteus.
Auch infizierte Dammrisse, Dammschnittwunden und Hämatome können - unabhängig vom uterinen Krankheitsgeschehen - ein Puerperalfieber auslösen.
Symptomatik
Solange die Entzündung auf das Uteruskavum begrenzt ist, entwickelt die Patientin in der Regel keine Allgemeinsymptome. Wenn sich ein Lochialstau ausbildet und die Entzündung über das Uteruskavum hinaus greift, treten folgende Symptome auf:
- Hohes, ggf. remittierendes Fieber mit Schüttelfrost
- Kopfschmerzen
- Tachykardie
- Tachypnoe
- Anämie mit Leukozytose und Linksverschiebung
- Benommenheit
Diagnostik
Klinische Untersuchung
- druckdolenter, großer und kaum kontrahierter Uterus
- fötider Geruch des Wochenflusses
Apparative Untersuchungen
- Ultraschalluntersuchung: Material im Cavum uteri
Verlauf
Bei anhaltend hohem Fieber und großer Druckschmerzhaftigkeit der Gebärmutter ist die Infektion bereits auf das Myometrium übergegangen - es entsteht eine Endomyometritis. Durch weitere Ausbreitung über die Tuben (Adnexitis oder Adnexabszess) oder in die Parametrien (Parametritis) kann die Infektion in eine Sepsis mit Schock, Multiorganversagen (Lunge, Niere) und massiven Gerinnungsstörungen übergehen. Durch die Invasion gramnegativer Bakterien in die Blutbahn, aktivieren deren Hüllstrukturen sowohl die intrinsische als auch extrinsische Gerinnungskaskade. Es kommt zur disseminierten intravasalen Gerinnung (DIC), die in erste Linie die Nieren und die Lunge in Mitleidenschaft zieht.
Therapie
Erster Schritt bei Endometritis und/oder Lochialstau ist die Gabe von Kontraktionsmitteln, z.B. Oxytozin in Kombination mit Methylergometrin. Retiniertes Material wird durch Kürettage entfernt, evtl. muss vorher eine Dilatation des Zervikalkanals durchgeführt werden. Da bei der Kürettage erhöhte Perforationsgefahr besteht, sollte eine Antibiotikaprophylaxe durchgeführt werden.
Bei leichteren Formen der Endometritis und des Lochialstaus, kann ggf. auf Antibiotika verzichtet werden.
Bei Endomyometritis, Adnexitis und Parametritis müssen hohe Dosen Breitbandantibiotika gegeben werden. Um einer Gerinnungsstörung bei Sepsis vorzubeugen, wird Heparin infundiert - ist die Gerinnungsstörung bereits eingetreten, ist die Gabe von fresh frozen plasma indiziert.