Feuerspuckerlunge
Synonym: Feuerspeierlunge, Kohlenwasserstoffpneumonitis
Englisch: fire-eater's lung, hydrocarbon pneumonitis
Definition
Die Feuerspuckerlunge ist eine chemische Pneumonitis. Sie wird durch Aspiration von kohlenwasserstoffhaltigen Flüssigkeiten ausgelöst, die zum Feuerspucken verwendet werden.
Ätiologie
Die häufigste Ursache sind Unfälle beim Feuerspucken, wenn aufgrund von Hustenreiz Flüssigkeiten aus dem Mund in die Atemwege gelangen. Dies geschieht vor allem bei Kindern und Laien, die das Feuerspucken ausprobieren wollen, seltener bei professionellen Darbietungen.[1][2][3][4]
Das Aspirationsrisiko ist abhängig von der Beschaffenheit der Feuerspuckerflüssigkeit. Es steigt mit zunehmender Flüchtigkeit, abnehmender Oberflächenspannung und abnehmender Viskosität.[2]
Pathophysiologie
Durch die lipolytische Wirkung der aspirierten Flüssigkeit kommt es zur Schädigung des Surfactant der Bronchiolen und der Alveolen. Die Zellmembranen der Alveolarepithelzellen werden lysiert, was eine Fieberreaktion auslöst. Die Alveolen kollabieren und es kommt zur Ausbildung von Atelektasen. Das Air Trapping und die Hypoxämie sind abhängig vom Ausmaß der geschädigten Lungenoberfläche. Die Lungenschädigung präsentiert sich als akute, exsudative Alveolitis und Bronchiolitis mit Ödembildung.[2] Durch die toxische Schädigung ist die Abwehrfähigkeit der Lunge eingeschränkt, sodass es sekundär zu einer Infektion kommen kann.
Symptome
Innerhalb von 24 Stunden entwickeln sich typischerweise folgende Symptome:[4]
- Husten (trocken oder produktiv)
- Fieber
- Brennen im Nasenrachenraum
- Schulter- u. Thoraxschmerz
- Dyspnoe, Tachypnoe
- Hämoptysen
Weitere mögliche Symptome sind Nausea, Schwindel und Kopfschmerzen.
Die Dauer der Symptomatik und der weitere Verlauf ist abhängig vom Schweregrad der Lungenschädigung. Er lässt sich aufgrund indivdueller Unterschiede nicht eindeutig mit der Menge der aspirierten Flüssigkeit korrelieren.
Komplikationen
Fieber mit Leukozytose, das nach dem dritten Krankheitstag anhält, ist i.d.R. durch eine bakterielle Pneumonie (Superinfektion) verursacht.[2]
Als weitere Komplikationen wurden akutes Lungenversagen (ARDS), pulmonale Abszesse, Pneumothorax bzw. Hydropneumothorax oder Emphysembullae beschrieben.[4]
Diagnostik
Die Diagnostik umfasst folgende Maßnahmen:[4]
- Klinische Untersuchung, Auskultation, Körpertemperatur
- Bildgebung: Röntgen-Thorax, CT-Thorax – typischer Befund: basale alveoläre Infiltrationen;
Kontrollaufnahmen im Abstand von 3 bis 5 Tagen - Bronchoskopie (keine Routinemaßnahme)
- Lungenfunktionsprüfung
- Blutbild, CRP, Blutgasanalyse – typischer Befund: respiratorische Partialinsuffizienz
- Blutkultur und bronchoalveoläre Lavage (BAL) bei v.a. Superinfektion
Therapie
Eine kausale Therapie im Sinne einer Entgiftung der aspirierten Flüssigkeit gibt es derzeit (2024) nicht.
Wichtig sind anfangs ausschließlich symptomatische antitussive (z.B. Codein) und antipyretische (z.B. Ibuprofen) Maßnahmen.[2] Bei Bronchospasmen sollten Beta-2-Sympathomimetika (z.B. Salbutamol) inhalativ eingesetzt werden.
Zur antibiotischen Therapie gibt es unterschiedliche Empfehlungen. Einerseits sollten Antibiotika nicht prophylaktisch, sondern nur gezielt eingesetzt werden, insbesondere, wenn eine bakterielle Superinfektion vorliegt.[3] Da sich die initialen, toxisch verursachten Symptome mit denen einer bakteriellen Pneumonie überlagern, wird andererseits für eine sofortige antibiotische Behandlung über mindestens fünf Tage plädiert. Dabei sollten Wirkstoffe eingesetzt werden, die das Keimspektrum einer nosokomial erworbenen Pneumonie abdecken.[4]
Die Anwendung von Glukokortikoiden wird kontrovers diskutiert. Es existiert keine ausreichende klinische Evidenz für die Wirksamkeit. Das Auftreten einer bakteriellen Superinfektion wird sogar forciert.[4] Wenn überhaupt, wird eine kombinierte inhalative und systemische Anwendung empfohlen.[3] Die zytolytisch ausgelöste Fieberreaktion kann durch Glukokortikoide nicht beeinflusst werden.[2]
Einzelne Fallberichte schildern eine Besserung des Befunds nach segmentaler bronchoalveolärer Lavage mit Kochsalzlösung.[5]
Prognose
Die Pneumonitis kann innerhalb von 10 Tagen in eine proliferative Form übergehen und in eine Fibrosierung (streifig-fibrotische Residuen) münden, die zur Obstruktion der distalen Atemwege führen kann.[2][4]
Quellen
- ↑ Ewert R et al. Akzidentelle Aspiration und Ingestion von Petroleum bei einem »Feuerschlucker«. Dtsch Med Wochenschr 1992
- ↑ 2,0 2,1 2,2 2,3 2,4 2,5 2,6 Borer H, Koelz AM. «Feuerspeierlunge» (Kohlewasserstoffpneumonitis). Schweiz Med Wochenschr 1994
- ↑ 3,0 3,1 3,2 Junge B et al. Fire eater's risk: lipoid pneumonia following aspiration of a liquid hydrocarbon mixture. Pneumologie. 2002
- ↑ 4,0 4,1 4,2 4,3 4,4 4,5 4,6 Lampert S et al. Feuerspuckerlunge. Zwei Kasuistiken und Literaturübersicht. Dtsch Med Wochenschr. 2006
- ↑ Kim HJ, Lee WH, Jeong N, Lee JH, Park JH, Jang HJ, Kim HK. Lipoid pneumonitis in a patient with an accidental ingestion of kerosene successfully treated with bronchoscopic segmental lavage and systemic steroid: Case report. Medicine (Baltimore). 2018 Oct;97(41):e12786. doi: 10.1097/MD.0000000000012786. PMID: 30313102; PMCID: PMC6203505.
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