Dysphagie (Hund)
von griechisch: dys - schlecht und phagein - essen
Synonym: Schluckstörung
Englisch: dysphagia
Definition
Die Dysphagie ist eine aufgrund unterschiedlicher Pathomechanismen verursachte Störungen des Schluckvorganges beim Hund.
Ätiologie
Beim Hund gibt es drei Hauptursachen einer Dysphagie:
- anatomische Veränderungen im Maul oder im Pharynx (Rachen)
- Schmerzen bei der Futteraufnahme, beim Kauvorgang oder beim Schlucken
- neuromuskuläre Störungen der kranialen und pharyngealen Muskeln, die am Schluckakt beteiligt sind
Phase | Kategorie | Ursachen |
---|---|---|
orale Dysphagie | morphologische Ursachen |
|
funktionelle Ursachen |
| |
pharyngeale Dysphagie | morphologische Ursachen |
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funktionelle Ursachen |
|
Physiologie
Der Schluckakt ist ein komplexer Bewegungsvorgang, der sowohl die Muskeln der Zunge, als auch des weichen Gaumens, des Pharynx, des Ösophagus und des gastroösophagealen Sphinkters beansprucht. Der Schluckreflex wird von verschiedenen Kopfnerven (V, VII, IX und XII) sowie von ihren Nuklei im Hirnstamm und dem Schluckzentrum in der Formatio reticularis kontrolliert.[1]
Ein physiologischer Schluckakt verläuft grundsätzlich in mehreren Phasen. Je nach Autor und Literatur werden diese unterschiedlich bezeichnet, wobei meist folgende drei Abschnitte unterschieden werden:
- orale Phase
- pharyngeale Phase
- krikopharyngeale Phase
In der oralen Phase wird das Futter nach dem Kauen an der Zungenbasis platziert und geformt. Dysphagien dieser Phase werden daher meist durch Störungen der Zungenfunktion (anatomisch vs. funktionell) verursacht. In der pharyngealen Phase wird der Bolus durch Kontraktionen - die von rostral nach kaudal verlaufen - in die krikopharyngeale Passage befördert. Im Anschluss relaxiert der krikopharyngeale Sphinkter und der Bolus kann in den kranialen Ösophagus eintreten. Dysphagien in dieser Phase kommen v.a. durch Dysfunktionen der pharyngealen Konstriktormuskeln aber auch durch morphologische Ursachen des Oropharynx (Pars oralis pharyngis) zustande. Während der krikopharyngealen Phase kontrahieren sich die pharyngealen Muskeln, worauf der obere ösophageale Sphinkter relaxiert. Ursachen einer Dysphagie in dieser Phase sind z.B. eine krikopharyngeale Achalasie oder Inkoordination.
Mit dem Eintritt des Bolus in den Ösophagus übernimmt die ösophageale Phase, sodass Peristaltikwellen das Futter entlang des Ösophagus in Richtung Magen transportieren.
Klinik
Neben einer mehr oder weniger deutlich ausgeprägten Dysphagie zeigen betroffene Tiere meist noch weitere Symptome, die anamnestisch abgeklärt werden müssen. Neben der Unfähigkeit, den aufgenommenen Futterbolus abschlucken zu können, kommt es oftmals auch zu Würgen, Hypersalivation (v.a. bei Speicheldrüsenerkrankungen, Schmerz, neuromuskulären Störungen oder anatomischen Läsionen), Regurgitieren, Husten oder Dyspnoe, Fallenlassen von Futter aus dem Maul während dem Fressen, zögerndes Fressen, Gewichtsverlust und Wachstumsstörungen.
Eine orale Dysphagie geht auch mit Schwierigkeiten der Futter- und Wasseraufnahme einher. Oftmals können auch noch exzessive Kaubewegungen und übertriebene Kopfbewegungen beobachtet werden. Bei einer pharyngealen Dysphagie funktioniert die Futteraufnahme meistens normal, jedoch versuchen die Tiere typischerweise vermehrt und wiederholt zu schlucken. Durch die Schluckbeschwerden sind die Tiere sichtlich irritiert und versuchen mit den Pfoten am Hals zu reiben. Bei obstruktiven morphologischen Veränderungen im Pharynx (z.B. Einengung des Nasopharynx oder Pharynxfremdkörper) kommt es zuerst zu Atemproblemen (geräuschvolle Atmung, Stenosegeräusche und Dyspnoe), bevor eine erschwerte Futteraufnahme und Abschluckprobleme auftreten.
Diagnose
Zusätzlich zur Anamnese und einer klinischen Untersuchung sollte stets eine gründliche neurologische Untersuchung durchgeführt werden. Hier sind v.a. die Kopfnerven zu überprüfen, auf eine generalisierte Schwäche sowie Muskelatrophie und Leistungsschwäche zu achten.
Anschließend ist eine detaillierte Untersuchung der Maulhöhle und des Pharynx vorzunehmen (meist in Sedation). In erster Linie muss auf Schmerz, Krepitation, Muskelatrophie, Foetor ex ore, Neoplasien und Hinweise auf respiratorische Störungen geachtet werden. Die Untersuchung kann mit einem Laryngoskop oder Endoskop erleichtert werden. Beim Vorliegen von Neoplasien ist eine Biopsie oder Feinnadelaspiration indiziert. Bei Verdacht auf Zahnprobleme oder Fremdkörperverletzungen sollten Röntgenbilder, eine Ultraschalluntersuchung und/oder ein CT angefertigt werden.
Bei Hunden mit Anzeichen von Allgemeinstörungen ist eine Hämatologie und ein Chemieprofil anzufertigen. Eine Erhöhung der Kreatinkinase kann erste Hinweise auf eine Polymyositis geben. Je nach Befund der klinischen und neurologischen Untersuchung sowie der vorliegenden Symptome können weitere Untersuchungen und Laboruntersuchungen angeschlossen werden (z.B. Acetylcholinrezeptor-Antikörper bei Verdacht auf Myasthenia gravis). Beim Ausschluss morphologischer Ursachen kann auch durch eine fluoroskopische Untersuchung des Schluckaktes (Schluckstudie) die Ursache der Dysphagie erkannt werden.
Therapie
Die Therapie der Dysphagie richtet sich nach der zugrundeliegenden Krankheit und ist individuell anzupassen.
Literatur
- Hans G. Niemand (Begründer), Peter F. Suter, Barbara Kohn, Günter Schwarz (Herausgeber). Praktikum der Hundeklinik. 11., überarbeitete und erweiterte Auflage. Enke-Verlag, 2012.
Quellen
- ↑ Rachel E. Pollard. Imaging Evaluation of Dogs and Cats with Dysphagia ISRN Vet Sci. 2012; 2012: 238505. Published online 2012 Oct 31. doi: 10.5402/2012/238505 (abgerufen am 07.12.2019)
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