Chronische Entzündung
Englisch: chronic inflammation
Definition
Eine chronische Entzündung ist eine Entzündungsreaktion, die über Wochen, Monate oder Jahre besteht. Der Begriff "chronisch" bezeichnet dabei sowohl die zeitliche Ausdehnung, als auch die histologischen Eigenschaften des entzündlichen Infiltrats. Kennzeichnend ist das Überwiegen mononukleärer Entzündungszellen wie Makrophagen, Lymphozyten und Plasmazellen.
Hintergrund
Die chronische Entzündung entsteht meist infolge einer persistierenden Noxe oder unvollständigen Elimination des Entzündungsreizes. Im Verlauf kommt es typischerweise zu Gewebedestruktion, Fibrose und Funktionsverlust.
Pathophysiologie
Bei der chronischen Entzündung stehen Histiozyten (Makrophagen) im Vordergrund. Diese sezernieren Zytokine und Wachstumsfaktoren, welche die
- die Proliferation von Fibroblasten und Endothelzellen stimulieren,
- die Angiogenese anregen und
- die Bildung von Granulationsgewebe fördern
Das Granulationsgewebe besteht aus zellulären Infiltraten (Makrophagen, Lymphozyten, Plasmazellen, teilweise segmentkernige Granulozyten), Kapillaren, Fibroblasten und Myofibroblasten.
Mit zunehmender Dauer kommt es zu Gewebeumbau, Narbenbildung und Organisation des Entzündungsareals.
Einteilung
Man unterscheidet folgende Hauptformen:
Eine Sonderform ist die granulomatöse Entzündung.
Primär-chronische Entzündung
Pathogenese
Die primär-chronische Entzündung zeigt von Beginn an die histologischen Merkmale einer chronischen Reaktion und entwickelt sich nicht aus einer akuten Entzündung.
Typische Ursachen:
| Ursache | Beispiele |
|---|---|
| Persistierende Infekte | Tuberkulose, Brucellose, Staphylococcus epidermidis bei Implantaten, virale Infektionen |
| Nicht degradierbare Fremdmaterialien | Asbest, Quarzkristalle, Nahtmaterial, Implantate |
| Autoimmunerkrankungen | Rheumatoide Arthritis, Hashimoto-Thyreoiditis, Autoimmungastritis |
| Deregulierte Immunantwort gegen luminale Antigene | Morbus Crohn, Colitis ulcerosa |
| Erkrankungen unbekannter Ätiologie | Sarkoidose |
Morphologie
Vorherrschende Zelltypen sind Makrophagen, Lymphozyten und Plasmazellen. Das morphologische Spektrum reicht von fibrosierenden und vernarbenden Formen über lymphoplasmazelluläre Reaktionen bis hin zu granulomatösen Entzündungen.
Sekundär-chronische Entzündung
Pathogenese
Diese Form entwickelt sich aus einer akuten Entzündung, wenn der Entzündungsreiz bestehen bleibt oder wiederkehrt.
Wichtige Varianten sind
- Chronisch eitrige Entzündung: entsteht meist aus einer akuten bakteriell-eitrigen Entzündung (z.B. chronische Osteomyelitis, chronisches Pleuraempyem) und führt zur Ausbildung von Granulationsgewebe und fibrotischer Kapsel.
- Abszessbildung: Ein eitriger, gefäßloser Hohlraum verhindert die effektive Phagozytose. Es entsteht eine fibröse Abszesskapsel mit Lymphozyten und Plasmazellen.
- Fremdkörperassoziierte Entzündungen: treten bei persistierendem, nicht phagozytierbarem Material auf (z.B. Nahtmaterial, Implantate). Staphylococcus epidermidis kann Biofilme auf Polymeroberflächen bilden, die die Abwehr hemmen.
- Persistenz chemischer, physikalischer oder viraler Noxen: z.B. chronisches Magen- oder Duodenalulkus, chronische Hepatitis B.
Morphologie
Histologisch zeigen sich häufig nebeneinander akute (Nekrosen, Exsudation) und chronische (Lymphozyten, Granulationsgewebe, Vernarbung) Komponenten.
Morphologische Varianten
Die chronische Entzündung kann morphologisch in drei Subtypen unterteilt werden:
- chronische granulierende Entzündung
- chronische lymphozytäre Entzündung
- granulomatöse Entzündung
Chronisch granulierende Entzündung
Die chronisch granulierende Entzündung entspricht dem Mechanismus der Defektheilung, wenn eine vollständige Regeneration nicht möglich ist. Das Granulationsgewebe enthält Kapillarsprossen, Fibroblasten und Makrophagen. Durch Kollagensynthese entsteht eine Fibrose.
Unterformen:
- xanthomatöse Entzündung (reich an Schaumzellen, z.B. xanthomatöse Pyelonephritis)
- hypertrophische granulierende Entzündung (z.B. Keloid, Granulationspolypen)
- sklerosierende Entzündung (z. B. Kapselfibrose nach Brustimplantat)
Chronisch lymphozytäre Entzündung
Die chronisch lymphozytäre Entzündung ist durch lymphozytär-plasmazelluläre Infiltrate als Ausdruck einer immunvermittelten Reaktion gekennzeichnet. Langfristig kommt es zu Parenchymdestruktion, Fibrose und Funktionsverlust.
Beispiele sind:
- Hashimoto-Thyreoiditis
- Systemischer Lupus erythematodes
- Rheumatoide Arthritis
- Sklerodermie
Granulomatöse Entzündung
Granulome bestehen aus Ansammlungen von Makrophagen, Epitheloidzellen und mehrkernigen Riesenzellen, umgeben von Lymphozyten. Sie treten bei spezifischen Infektionen oder Fremdkörperreaktionen auf.
Beispiele:
- infektiös: Tuberkulose, Lepra, Listeriose, Leishmaniose
- fremdkörperbedingt: Talkum, Nahtmaterial, Harnsäurekristalle, Cholesterinkristalle
- immunologisch: Sarkoidose
Riesenzelltypen:
- Langhans-Riesenzellen (geordnete Kernanordnung, z.B. Tuberkulose)
- Fremdkörperriesenzellen (ungeordnete Kerne, z.B. Implantate)
Quellen
- Böcker et al., Pathologie, 5. Auflage, Urban &Fischer, 2012
- eliph.klinikum.uni-heidelberg.de - Chronische Entzündung, abgerufen am 12.11.2025