Brustimplantat
Englisch: breast implant
Definition
Brustimplantate sind Implantate, die im Rahmen einer Mammaaugmentation (Brustvergrößerung) oder Brustrekonstruktion in den Brustbereich eingebracht werden.
Aufbau
Brustimplantate bestehen aus einer Implantathülle und einer Implantatfüllung. Die Form des Implantats wird von der Hülle bestimmt.
Implantatform
Brustimplantate können rotationssymmetrisch linsenförmig oder asymmetrisch tropfenförmig sein. Asymmetrische Implantate imitieren die natürliche Brustform. Man nennt sie deshalb auch anatomische Brustimplantate.
Anatomische Implantate sind im oberen Bereich schmal und verbreitern sich nach unten hin. Dadurch empfindet das Implantat die physiologische Form der Brust nach und erzeugt eine natürliche Brustsilhouette. Um anatomische Implantate an die individuellen Verhältnisse anzupassen, können sie in drei Dimensionen variiert werden: Breite, Höhe und Projektionsdicke.
Bei asymmetrischen Implantaten führt die mögliche Drehung des Brustimplantats im Implantatlager jedoch manchmal zu einer ungewollten Formveränderung der operierten Brust. Bei rotationssymmetrischen Implantaten besteht diese Gefahr nicht. Um die Wahrscheinlichkeit einer Drehung zu senken, werden asymmetrische Implantate in der Regel nur texturiert ausgeführt.
Implantathülle
Die Hülle von Brustimplantaten besteht aus einem weichem Silikonelastomer, genauer gesagt aus hoch vernetzten Polydimethylsiloxan-Polymeren. Sie kann glatt, texturiert bzw. strukturiert oder mit anderen Materialien beschichtet sein. Texturierte und beschichtete Implantate haben eine matte, raue Oberfläche und erzeugen eine geringere Umgebungsreaktion des angrenzenden Bindegewebes. Dadurch wird das Risiko einer Kapselfibrose gesenkt.
Zur Beschichtung von Brustimplantaten wird u.a. Polyurethanschaum eingesetzt. Da diese Implanate in geringen Mengen karzinogenes 2,4-Toluoldiamin freisetzen, sind sie nicht in allen Ländern zugelassen. Das damit verbundene Karzinomrisiko wird jedoch als eher gering eingeschätzt und von der FDA mit 1:1 Million angegeben.
2002 wurden kurzzeitig auch titanbeschichtete Implantate angeboten, aber wieder vom Markt genommen. Andere Beschichtungsmaterialien (z.B. Spinnenseide) wurden in Studien getestet. Ob sie Marktreife erlangen, ist zur Zeit (2022) nicht abzusehen.
Implantatfüllung
Die Füllung von Brustimplantaten besteht bei den heute (2024) verfügbaren Implantaten fast ausschließlich aus Silikongel, seltener aus Kochsalzlösung. Silikongel bietet dabei die bessere Haptik. Silikonfüllungen werden in zwei Varianten angeboten:
- als nicht formbeständiges flüssiges Silikongel
- als formbeständiges kohäsives Silikongel
Kohäsives Silikongel kann im Gegensatz zu flüssigem Silikongel zwar austreten, aber nicht auslaufen. Das ist im Fall eines Implantatrisses von entscheidendem Vorteil, da sich flüssiges Silikon aufgrund seiner adhäsiven Eigenschaften nur schwer aus dem Gewebe entfernen lässt.
Kochsalzlösung ist als Füllung weniger problematisch, da sie im Gegensatz zu Silikongel vom Körper vollständig resorbiert wird. Sie hat allerdings den Nachteil eines unnatürlichen Tragegefühls, da das Implantat "schwabbelt". Außerdem bietet es nicht die mit natürlichem Gewebe vergleichbare Haptik von Silikongel.
In der Vergangenheit wurde auch mit anderen Füllungen experimentiert, z.B. mit Sojaöl, Hydrogel oder Polypropylen. Diese Füllungen hatten jedoch entweder deutliche Schwächen oder konnten sich am Markt nicht durchsetzen. Polypropylenfüllungen führen durch Wassereinlagerung zu einem zunehmenden Wachstum des Implantats. In den USA und Europa ist diese Implantatfüllung nicht mehr zugelassen.
Neben einlumigen Brustimplantaten gibt es Varianten mit mehreren Implantatkammern, die wiederum auf verschiedene Weise gefüllt sein können:
- Konventionelle Doppellumenprothese: große innere Kammer mit Silikongel, kleinere äußere Kammer mit Kochsalzlösung
- Umgekehrte Doppellumenprothese: innere Kammer enthält Kochsalzlösung, äußere Kammer enthält Silikongel
- Gel-Gel-Doppellumenprothese: innere und äußere Kammer enthalten Silikongel
- Tripellumenprothese: Silikongel in der inneren und mittleren Kammer, Kochsalzlösung in der äußeren Kammer
Implantatgröße
Brustimplantate sind in vielen verschiedenen Größen erhältlich. Bei rotationssymmetrischen Implantaten können das Volumen, der Durchmesser und die Projektion variiert werden. Das Volumen wird in ml oder ccm angeben, Durchmesser und Projektion in cm. Anatomische Brustimplantate haben statt des Durchmessers Angaben zur Breite und Höhe.
Gängige Volumina liegen zwischen 100 und 300 ml, wobei die meisten Hersteller auch größere Brustimplantate bis zu 500 ml und darüber anbieten. Die gewählte Größe darf nicht zu stark von der natürlichen Brustgröße abweichen, wenn kein unnatürliches Ergebnis entstehen soll. Bei überdimensionierten Implantaten können zudem in der Haut über dem Implantat Dehnungsstreifen auftreten, die das kosmetische Ergebnis verschlechtern.
Haltbarkeit
Die mittlere Lebensdauer von Brustimplantaten wird zwischen 10 und 20 Jahren angegeben, wobei der Begriff "Lebensdauer" häufig nicht eindeutig definiert ist. Im Hinblick auf mögliche Komplikationen ist die Dichtigkeit der Implantathülle einer der wichtigsten Faktoren. Einflussgrößen, welche die Haltbarkeit beeinflussen, sind die Materialeigenschaften des Brustimplantats und die Belastung, der es ausgesetzt ist. Neben "natürlicher" Materialalterung können Traumen, intensive mechanische Manipulation oder zu starke Kompression im Rahmen einer Mammographie zu Leckagen bzw. Rupturen der Implantathülle führen.
Die Zahlenangaben zur Häufigkeit von Implantatrupturen sind sehr unterschiedlich. Von den Herstellern werden für Brustimplantate mit Kochsalzlösung so genannte "Deflationsraten" von etwa 10 % nach einer Tragedauer von 10 Jahren angegeben. Vergleichbare Zahlen werden für Implantate mit Silikongel kommuniziert.
In einer herstellerunabhängigen Studie der FDA an 344 Patientinnen mit Silikongel-gefüllten Brustprothesen, die im Mittel 10,8 Jahre alt waren, ließen sich im MRT bei mehr als 50 % der Implantate Silikonaustritte nachweisen. In rund 12 % der Fälle befand sich das Silikongel dabei sogar jenseits der das Implantat umgebenden Bindegewebskapsel.[1]
Operationsrisiken
Die Einbringung von Brustimplantaten ist mit den typischen Operationsrisiken verbunden. Dazu zählen u.a.:
Da der Eingriff in Allgemeinanästhesie durchgeführt wird, besteht zudem ein Narkoserisiko.
Langzeitrisiken
BIA-ALCL
Texturierte Brustimplantate sind mit einem erhöhten Risiko für die Entwicklung eines anaplastisch-großzelligen Lymphoms (ALCL) verbunden. Diese seltene Variante des Non-Hodgkin-Lymphoms wird auch als Brustimplantat-assoziiertes anaplastisch-großzelliges Lymphom (BIA-ALCL) bezeichnet.[2]
Ein BIA-ALCL entwickelt sich etwa zehn Jahre nach der Implantation. Als erste Krankheitsmainifestation tritt zwischen dem Implantat und der umgebenden Bindegewebskapsel ein persistentes periimplantäres Serom auf. In dem Serom entwickelt sich der Tumor, der zunächst lokal beschränkt bleibt. Nach der Invasion der Tumorzellen in die Bindegewebskapsel kann es zu einem Befall der regionalen Lymphknoten und zur Fernmetastasierung kommen.
Bis zum September 2017 lagen nach Aussage der US-amerikanischen Arzneimittelbehörde FDA kumuliert Meldungen zu 414 Fällen von BIA-ALCL in den USA vor, von denen 9 einen tödlichen Verlauf zeigten.[2] Eine weitere Analyse der FDA führte schließlich zum Rückruf bestimmter texturierter Brustimplantate im Juli 2019.[3]
Breast Implant Illness
Ein weiteres Langzeitrisiko von Brustimplantaten ist die sogenannte Breast Implant Illness (BII), die sich durch verschiedene neurologische und psychische Symptome bemerkbar macht.
Komplikationen
Zu den ästhetischen Komplikationen von Brustimplantaten zählen:
Entfernung
Die Enfernung von Brustimplantaten kann entweder als En-bloc-Resektion oder durch eine Kapsulektomie erfolgen.
En-bloc-Resektion
Die En-bloc-Resektion ist bei defekten Implantaten (Silikonaustritt) oder bei Pathologien im Implantatlager die Methode der Wahl. Das Implanat wird zusammen mit der Kapsel in einem Stück entnommen, ohne die Kapsel zu verletzen. Dabei ist eine schrittweise, umsichtige Präparation entlang der Bindegewebshülle notwendig. Der Zugang erfolgt über die alte Operationsnarbe, die dazu in der Regel erweitert werden muss.
Kapsulektomie
Totale Kapsulektomie
Wenn die Implantatkapsel nicht en bloc entfernt werden kann, weil man intraoperativ feststellt, dass sich Risse oder Löcher in der Kapsel gebildet haben, kommt eine totale Kapsulektomie zum Einsatz. Zuerst wird das Implantat mit möglichst großen Kapselanteilen entfernt, im Nachgang die verbliebenen Kapselreste.
Partielle Kapsulektomie
Bei der partiellen Kapsulektomie werden Teile der Kapsel im Körper belassen, meist die dorsalen Kapselanteile an der Brustwand.
Quellen
- ↑ Brown SL, Middleton MS, Berg WA, Soo MS, Pennello G.: Prevalence of rupture of silicone gel breast implants revealed on MR imaging in a population of women in Birmingham, Alabama. AJR Am J Roentgenol. 2000 Oct;175(4):1057-64 PMID 11000165
- ↑ 2,0 2,1 FDA: Breast Implant-Associated Anaplastic Large Cell Lymphoma (BIA-ALCL) abgerufen am 5.7.2018
- ↑ FDA takes action to protect patients from risk of certain textured breast implants; requests Allergan voluntarily recall certain breast implants and tissue expanders from market, abgerufen am 25.7.2019