Pantherpilz
Lateinisch: Amanita pantherina
Definition
Der Pantherpilz ist ein hochgiftiger Blätterpilz aus der Gattung der Wulstlinge (Amanita) und der Familie der Wulstlingsverwandten (Amanitaceae). Er gehört zu den gefährlichsten Giftpilzen Europas und enthält die gleichen neurotoxischen Substanzen wie der Fliegenpilz, jedoch in deutlich höherer Konzentration.
Systematik
- Klasse: Agaricomycetes
- Unterklasse: Agaricomycetidae
- Ordnung: Champignonartige (Agaricales)
- Familie: Wulstlingsverwandte (Amanitaceae)
- Gattung: Wulstlinge (Amanita)
- Art: Pantherpilz (Amanita pantherina)
- Gattung: Wulstlinge (Amanita)
- Familie: Wulstlingsverwandte (Amanitaceae)
- Ordnung: Champignonartige (Agaricales)
- Unterklasse: Agaricomycetidae
Merkmale
Der Pantherpilz besitzt einen charakteristischen braun bis graubraun oder olivbraun gefärbten Hut, der ihn vom Fliegenpilz abgrenzt. Der Hut hat einen Durchmesser von 5 bis 20 cm und ist mit reinweißen, warzenartigen Flocken bedeckt, die leicht abgewischt werden können und bei Regen fehlen. Der Stiel ist 8 bis 20 cm lang, weiß, zylindrisch, hohl werdend und weist eine häutige, hängende, weiße Manschette auf. An der Basis findet man knollige Verdickungen und mehrere wulstige Ringe.
Verwechslungsgefahr
Der Pantherpilz kann verwechselt werden mit:
- Perlpilz (Amanita rubescens): Essbar, aber rötliche Verfärbungen, geriefte Knolle statt Gürtelzone
- Grauer Wulstling (Amanita spissa): Essbar, aber grauer Hutrand
Verwechslungen können fatal sein, da der Pantherpilz deutlich giftiger ist als der ähnlich aussehende Fliegenpilz.
Vorkommen
Der Pantherpilz ist in Europa, Asien und Nordamerika verbreitet. Er wächst von Sommer bis Herbst, bevorzugt in Nadel- und Mischwäldern, seltener in Laubwäldern. Als Mykorrhizapilz lebt der Pantherpilz in Symbiose mit verschiedenen Baumarten, insbesondere Nadelbäumen und ist demzufolge häufig in Fichten- und Kiefernwäldern anzutreffen.
Inhaltsstoffe
Die Toxizität beruht hauptsächlich auf folgenden Substanzen:
- Ibotensäure: Neurotoxische Substanz, die im Körper zu Muscimol umgewandelt wird, 3 bis 5x höhere Konzentration als im Fliegenpilz.
- Muscimol: Hauptwirkstoff nach Metabolisierung, wirkt als GABA-Agonist im zentralen Nervensystem.
- Muscarin: Parasympathomimetische Wirkung, aber nicht hauptverantwortlich für die Vergiftungssymptome.
Wirkmechanismus
Ibotensäure und Muscimol wirken als Agonisten und Modulatoren am GABA-Rezeptorsystem des zentralen Nervensystems. Sie führen zu Störungen der neuronalen Signalübertragung mit exzitatorischen und inhibitorischen Effekten. Das in geringen Mengen vorhandene Muscarin kann zusätzlich parasympathomimetische Symptome verursachen.
Toxikologie
Vergiftungssymptome
Die Vergiftung wird als Pantherina-Syndrom bezeichnet und manifestiert sich typischerweise 30 Minuten bis 2 Stunden nach Ingestion. Ihr Verlauf lässt sich in 2 Phasen unterteilen:
Frühe Phase
Hauptphase (1-3 Stunden nach Aufnahme)
- Starke Erregungszustände (Euphorie oder Dysphorie)
- Visuelle und akustische Halluzinationen
- Bewusstseinstrübung bis Bewusstlosigkeit
- Krampfanfälle (vor allem bei Kindern)
- Delirium, Desorientiertheit
- Mydriasis oder Miosis
- Tachykardie oder Bradykardie
- Speichelfluss, Schwitzen
- Dyspnoe
Die Symptome klingen meist nach 6-12 Stunden ab, können aber bis zu 24 Stunden anhalten.
Letalität
Bei schweren Verläufen kann es zu tiefer Bewusstlosigkeit und Koma kommen. Ateminsuffizienz und Kreislaufversagen führen schließlich zum Tod. Insgesamt sind tödliche Verläufe selten, aber möglich. Sie treten insbesondere auf bei:
- Kindern (höhere Empfindlichkeit)
- Aufnahme großer Mengen
- Verzögerter oder fehlender Behandlung
- Vorbestehenden Herz-Kreislauf-Erkrankungen
Die Letalitätsrate wird auf unter 1% geschätzt, jedoch sind Langzeitfolgen möglich.
Diagnostik
Die Diagnose basiert auf:
- Anamnese: Pilzmahlzeit wenige Stunden vor Symptombeginn
- Klinisches Bild: Charakteristische neuropsychiatrische Symptome
- Pilzbestimmung: Wenn möglich, Reste der verzehrten Pilze untersuchen lassen
- Labordiagnostik
Ein Nachweis von Ibotensäure/Muscimol im Urin ist möglich, erfordert aber eine Spezialdiagnostik.
Therapie
Primäre Giftentfernung
Eine primäre Giftentfernung ist nur indiziert, wenn seit der Ingestion noch nicht viel Zeit verstrichen ist und der Patient noch wach und kooperativ ist. Bei bereits symptomatischen Patienten wird sie nicht empfohlen. Als Maßnahmen kommen in Betracht:
- Induziertes Erbrechen
- Aktivkohle (innerhalb der ersten 1 bis 2 Stunden)
- Magenspülung (nur bei lebensbedrohlichen Vergiftungen)
Weiterführende Maßnahmen
- Kontakt mit Giftnotrufzentrale
- Stationäre Überwachung für mindestens 24 Stunden
- Intensivmedizinische Überwachung bei schweren Verläufen
Es gibt kein spezifisches Antidot gegen Muscimol. Bei ausgeprägten cholinergen Symptomen kann vorsichtig Atropin, bei anticholinergen Symptomen vorsichtig Physostigmin appliziert werden. Bei anhaltenden gastrointestinalen Symptomen müssen Volumen- und Elektrolytverluste ausgeglichen werden. Der Einsatz von Benzodiazepinen und Barbituraten gegen Krampfanfälle muss vorsichtig erfolgen, da sie die neurotoxische Wirkung von Muscimol verstärken können. Bei Atemdepression sind Intubation und Beatmung erforderlich.