Muscimol
Synonyme: Agarin, NSC-333569, Pantherin
Englisch: muscimol
Definition
Muscimol ist ein biogenes Toxin bestimmter Amanita-Arten (Amanitaceae, Wulstlingsartige), das als Pilzgift an der Auslösung des Pantherina-Syndroms (Fliegenpilzsyndrom) beteiligt ist.
Chemie
Muscimol ist ein Isoxazol-Derivat. Die Summenformel ist C4H6N2O2. Der chemische Name lautet
- 5-(Aminomethyl)-1,2-oxazol-3-on (IUPAC)
Die molare Masse beträgt 114,1 g/mol, der Oktanol-Wasser-Koeffizient (logP) -1,6. Die CAS-Nummer ist 2763-96-4. Bei Raumtemperatur ist Muscimol ein farbloser kristalliner Feststoff, der in Wasser sehr gut löslich ist.
Biochemie
Der Roter Fliegenpilz (Amanita muscaria) enthält weniger als 0,01 bis 1,0 %, der Pantherpilz (Amanita pantherina) 0,19 bis 1,9 % Muscimol. Die von den Wachstumsbedingungen abhängige Konzentration im Fleisch der Fruchtkörper ist höher als in der Huthaut und den Stielen. Muscimol entsteht durch Decarboxylierung aus Ibotensäure wahrscheinlich zum großen Teil erst bei der Verarbeitung und/oder nach dem Verzehr der Pilze im menschlichen Organismus.[1]
Wirkungsmechanismus
Muscimol ist eine unspezifischer Agonist an GABA-A-Rezeptoren und löst dadurch die gleichen Wirkungen wie Gamma-Aminobuttersäure aus.[1]
Toxikologie
Die LD50 von Muscimol wird bei der Ratte mit 4,5 mg/kgKG nach intravenöser bzw. 45 mg/kgKG nach oraler Applikation angegeben. Beim Menschen wurden Vergiftungen nach oraler Aufnahme von 6 mg Muscimol beschrieben.[1]
Verwendung
Muscimol wurde in einer klinischen Studie (Phase 1) bei Patienten mit therapieresistenter Epilepsie untersucht. Durch die intrazerebrale Muscimol-Infusion in den epileptischen Herd konnten die Krampfanfälle nicht unterdrückt werden.[2] Eine weitere Phase 1-Studie, in der die Wirksamkeit von Muscimol nach intrazerebraler Infusion in eine subthalamische Region bei Patienten mit Parkinson-Krankheit untersucht werden sollte, wurde abgebrochen.[3]
Nach Abziehen der Huthaut, Kochen und Salzen werden Fliegenpilze (z.B. in Frankreich, Japan, Sibirien) ohne toxische Wirkungen verzehrt.[1][4]
Missbrauch
Bereits im Altertum wurden Fliegen- und Pantherpilze zur Auslösung von Rauschzuständen verwendet. Dabei werden die Pilze meist roh gegessen, zu Salat zubereitet oder in getrockneten Zustand mit Tabak oder Cannabis vermischt geraucht. Üblicherweise wird zur Rauschauslösung ein kleiner oder ein halber großer Pilz verzehrt. Die Rauschsymptome entsprechen einer akuten toxischen Psychose mit Halluzinationen. Die Wirkung setzt nach 30 bis 90 Minuten mit initialer Übelkeit und Erbrechen ein. Der Rauschzustand kann bis zu 8 Stunden anhalten.[5]
siehe auch: Pantherina-Syndrom
Produktwarnung
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit warnt (August 2024) vor Muscimol-haltigen Gummibärchen („Muscimol Gummies“). Eine Packung enthält zwei Gummibärchen mit (einer toxischen Dosis von) jeweils 5 mg Muscimol.[6]
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 1,3 Teuscher E, Lindequist U. Biogene Gifte. 3. Aufl., Stuttgart : Wiss Verl.ges. 2010
- ↑ Heiss JD et al. Convection-Enhanced Delivery of Muscimol in Patients with Drug-Resistant Epilepsy. Neurosurgery. 2019
- ↑ Convection-Enhanced Delivery to Study the Pathophysiology Underlying the Clinical Features of Parkinson s Disease. Clinical Trials NCT00921128, abgerufen am 17.08.2024
- ↑ Flammer R, Horak E. Giftpilze - Pilzgifte. Basel : Schwabe 2003
- ↑ Scherbaum N. Das Drogentaschenbuch. 6. Aufl., Stuttgart, New York : Thieme 2019
- ↑ Muscimol Gummies, 2 Gummibärchen pro Packung. Lebensmittelwarnung 14.08.2024, abgerufen am 16.08.2024
Weblinks
- Drugbank - Muscimol, abgerufen am 16.08.2024
- PharmaWiki - Fliegenpilz, abgerufen am 16.08.2024
- PubChem: 4266
- MeSH: 68009118
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