Parathormon
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Synonyme: Pth, Parathyrin
Englisch: parathyroid hormone (PTH), parathormone, parathyrin
1. Definition
Parathormon ist ein Hormon, das von den Hauptzellen der Nebenschilddrüsen (Glandulae parathyreoidae) gebildet wird.
2. Biochemie
Das Parathormon ist ein Polypeptid, das aus 84 Aminosäuren besteht. Die Vorstufe des Parathormons, das Prä-Pro-Parathormon, wird zunächst als 115 Aminosäuren langes Protein in den Ribosomen synthetisiert. Kotranslational kommt es hierbei zur Abspaltung der aminoterminalen Prä-Sequenz. Das entstandene, 90 Aminosäuren lange, Pro-Parathormon erfährt dann eine weitere Abspaltung posttranslational im Golgi-Apparat.
Das N-terminale, 34 Aminosäuren lange Segment des fertigen Parathormons bildet den biologisch aktiven Part.
3. Physiologie
Reiz für die Freisetzung von Parathormon ist ein Absinken des Calciumspiegels (Hypokalzämie). Ein Anstieg des Serumcalciums über den Normalwert hemmt im Gegenzug die Parathormon-Sekretion - es besteht also eine Gegenkoppelung (negative Rückkoppelung).
Die Messung des Calciumspiegels erfolgt über spezielle G-Protein-gekoppelte Rezeptoren auf der Zellmembran der Hauptzellen der Nebenschilddrüse, die so genannten calciumsensitiven Rezeptoren (CaSR).
Die direkten und indirekten Wirkungen des Parathormons bewirken eine Erhöhung der freien (ungebundenen) Calciumkonzentration im Blut.
Eselsbrücke: "Parathormon macht Calcium parat".
Der Gegenspieler des Parathormons bei der Regulation des Calciumspiegels ist das Calcitonin.
3.1. Direkte Wirkungen
- Niere: Fördert die Calciumrückresorption und hemmt die Rückresorption von Phosphat
- Knochen: Parathormon fördert bei intermittierender Gabe durch Stimulation der Osteoblasten die periostale und endostale Knochenneubildung
3.2. Indirekte Wirkungen
- Knochen: Parathormon führt durch eine indirekte Stimulation der Osteoklasten zum Knochenabbau, da Osteoklasten selbst keine Parathormon-Rezeptoren besitzen. Parathormon bindet an die PTH-Rezeptoren der Osteoblasten, die daraufhin mehr RANKL exprimieren und weniger Osteoprotegerin (OPG) sezernieren. Diese beiden Effekte führen zur Bildung neuer Osteoklasten, die den Knochen resorbieren.
- Niere: Stimuliert die Bildung von Calcitriol, das die Calciumaufnahme in der Niere erhöht
- Darm: Stimuliert die Resorption von Calcium im Dünndarm.
3.3. Halbwertszeit
Die biologische Halbwertszeit des Parathormon ist sehr kurz. Bereits nach 3-5 Minuten zerfällt das Polypeptid in unterschiedlich lange Fragmente.
4. Labormedizin
4.1. Material
Für die Untersuchung wird 1 ml Serum benötigt.
4.2. Präanalytik
Die Blutentnahme erfolgt morgens beim nüchternen Patienten. Parathormon ist in Vollblut nicht stabil, da es zeitnah durch Proteasen im Blut degradiert wird. Blutproben für die Parathormon-Messung müssen daher unverzüglich ins Labor gebracht werden. Bei längerer Transportdauer muss die Blutprobe tiefgefroren werden (unter -20°C).
4.3. Referenzbereich
Der Normwert von Parathormon im Serum beträgt 12 bis 72 ng/l bzw. 1,5 bis 6,0 pmol/l.
4.4. Interpretation
4.4.1. Hinweis
Die Diagnose eines Hypo- oder Hyperparathyreoidismus erfolgt über eine Bestimmung der Serumkonzentrationen von Parathormon, Calcium, Phosphat, Magnesium und alkalischer Phosphatase.
4.4.2. Hyperparathyreoidismus
Eine Erhöhung des Parathormonspiegels bezeichnet man als Hyperparathyreoidismus. Man unterscheidet zwischen:
- primärem Hyperparathyreoidismus aufgrund einer Überfunktion der Nebenschilddrüse (z.B. bei hormonproduzierenden Adenomen)
- sekundärem Hyperparathyreoidismus als Folge einer Hypokalzämie und Hyperphosphatämie (z.B. im Rahmen einer chronischen Niereninsuffizienz oder bei Leberzirrhose)
- tertiärem Hyperparathyreoidismus durch autonome Überproduktion von Parathormon als Folge eines langjährigen sekundären Hyperparathyreoidismus
4.4.3. Hypoparathyreoidismus
Die Erniedrigung des Parathormonspiegels bezeichnet man als Hypoparathyreoidismus. Er kann
bei akzidenteller Entfernung der Epithelkörperchen im Rahmen von Schilddrüsenoperationen oder nach chirurgischer Entfernung der Epithelkörperchen (Parathyreoidektomie) auftreten.
4.4.4. Übersicht
Serum-PTH | Serumcalcium | Interpretation |
---|---|---|
↑ | ↑ |
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↓ |
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↓ | ↑ |
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↓ |
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↑: erhöht; ↓: erniedrigt
5. Therapeutische Relevanz
Das rekombinante Fragment des Parathormons (Teriparatid) wird zur osteoanabolen Therapie der Osteoporose eingesetzt.
6. Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 19.04.2021