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Hirnventrikel

(Weitergeleitet von Ventrikelsystem)

von lateinisch: ventriculus - kleiner Bauch
Synonyme: ventriculus cerebri, ventriculus encephali, Hirnkammer, innere Liquorräume
Englisch: cerebral ventricle

1. Definition

Die Hirnventrikel sind ausgedehnte, mit Liquor gefüllte Hohlräume im Inneren des Gehirns, die durch Foramina und Verbindungsstrukturen (beispielsweise den Aquaeductus mesencephali) miteinander kommunizieren.

2. Anatomie

Das Ventrikelsystem besteht aus 4 Ventrikeln und stammt aus dem Zentralkanal des Neuralrohrs durch unterschiedliche Wachstumsvorgänge. Dieses Hohlraumsystem enthält Liquor cerebrospinalis und wird als innerer Liquorraum bezeichnet. Der äußere Liquorraum liegt zwischen Arachnoidea und Pia mater. Beide Räume kommunizieren im Bereich des 4. Ventrikels miteinander. Die in den Ventrikeln befindlichen Plexus choroidei sezernieren den Liquor.

Das Gehirn weist je einen Seitenventrikel in jeder Großhirnhemisphäre, einen 3. Ventrikel im Diencephalon und den 4. Ventrikel im Rhombencephalon auf. Man unterscheidet demnach:

1) Blick von superior in das eröffnete Ventrikelsystem 2) Ausgusspräparat des Ventrikelsystems

2.1. Seitenventrikel

Die beiden Seitenventrikel liegen im Großhirn. In der menschlichen Anatomie wird der linke Seitenventrikel als 1. Hirnventrikel, der rechte als 2. Hirnventrikel bezeichnet.[1] Die komplexe Form der Seitenventrikel mit Vorder-, Unter- und Hinterhorn entsteht durch die entwicklungsgeschichtlich bedingte Rotation des Großhirns. Sie gliedern sich jeweils in folgende Abschnitte, die ohne definierbare Grenze fließend ineinander übergehen:

Zwischen Pars centralis und Cornu frontale liegt das Foramen interventriculare (Foramen Monroi). Durch die Foramina interventricularia stehen die beiden Seitenventrikel mit dem 3. Ventrikel in Verbindung. Ein Plexus choroideus befindet sich im Cornu temporale und in der Pars centralis bis zum Foramen interventriculare.

2.2. Dritter Hirnventrikel

Der unpaare 3. Hirnventrikel liegt im Diencephalon unterhalb des Corpus callosum. Es handelt sich um einen unpaaren, spaltförmigen Raum in der Medianebene. Die Seitenwand wird vom Thalamus und Hypothalamus gebildet. Zwischen den beiden Thalami besteht eine Adhaesio interthalamica. Der dritte Ventrikel steht über die Foramina interventricularia mit den Seitenventrikeln in Verbindung und mündet dorsal in den Aquaeductus mesencephali (Sylvii), über den er mit dem 4. Ventrikel in Verbindung steht. Am Dach des 3. Ventrikels ist an der Taenia thalami ein Plexus choroideus befestigt.

2.3. Vierter Hirnventrikel

Der ebenfalls unpaare 4. Hirnventrikel liegt im Rhombencephalon. Seinen Boden bildet die Rautengrube. Nach beiden Seiten entsendet er einen langen Recessus lateralis, an dessen Ende sich jeweils die Apertura lateralis (Foramen Luschkae) befindet. Den aus der Apertura lateralis in den Subarachnoidalraum heraustretenden Plexus choroideus bezeichnet man als Bochdalek-Blumenkörbchen. Des Weiteren findet sich ein Plexus choroideus am Dach des 4. Ventrikels am Velum medullare inferius.

Median liegt die Apertura mediana (Foramen Magendi). Durch die 3 Foramina kommuniziert der 4. Ventrikel mit den äußeren Liquorräumen. Ferner setzt sich der innere Liquorraum als Zentralkanal (Canalis centralis), der stellenweise obliteriert sein kann, ins Rückenmark fort.

2.4. Akzessorische Hirnventrikel

Ein gelegentlich vorkommendes, stark erweitertes Cavum septi pellucidi wird auch als unpaarer 5. Ventrikel bezeichnet, ein nachweisbares Cavum vergae als 6. Ventrikel.

2.5. Dimensionen

Das in den Liquorräumen präsente Flüssigkeitsvolumen beträgt beim Erwachsenen etwa 125 bis 150 ml. Davon befindet sich etwa 20 % in den Hirnventrikeln, also rund 20 bis 25 ml. Die genauen Dimensionen der Hirnventrikel sind abhängig von Lebensalter und Geschlecht und weisen eine relativ große Spannweite auf.[2]

3. Histologie

3.1. Ependym

Die Hirnventrikel sind fast vollständig mit Ependym ausgekleidet, einem einschichtigen Epithel. Es ist überwiegend kubisch, kann aber auch mesothelartig oder hochprismatisch ausgebildet sein. Am apikalen Zellpol der Ependymzellen befinden sich zahlreiche Kinozilien und Mikrovilli.

Die Ependymzellen bilden über Gap Junctions, Desmosomen und Zonulae adhaerentes einen dichten, aber nicht undurchlässigen Zellverbund. Sie sitzen basal einem dichten Geflecht von Astrozyten auf. In dieser subependymalen Zone findet man auch Nervenzellen, deren Fortsätze durch das Ependym bis zum Ventrikellumen vorstoßen. Sie dienen wahrscheinlich als Chemosensoren.

Die Ependymzellen verfügen an ihrere Oberfläche über zahlreiche Transportproteine, die einen maßgeblichen Einfluss auf die Liquorzusammensetzung ausüben, z.B. über Glucosetransporter, Natrium-Kalium-Chlorid-Cotransporter und Aquaporine.

3.2. Plexus choroideus

Die Plexus choroidei sind knäuelartig geformte arteriovenöse Gefäßkonvolute, die aus spezialisierten Gliazellen bestehen. Sie sind für die Produktion von Liquor, die Bildung der Blut-Liquor-Schranke, sowie die Resorption und Entgiftung des Liquors verantwortlich. Ein Plexus choroideus besteht aus zwei Schichten:

Das Plexusepithel ähnelt dem Ependym, die Zellen sind jedoch durch Tight Junctions verbunden, bilden also eine zusammenhängende Diffusionsbarriere. Der Stoff- und Flüssigkeitstransport in den bzw. aus dem Liquor findet daher nur selektiv über Transportproteine und Aquaporine der Plexusepithelzellen statt.

Die Lamina propria stellt eine speziell differenzierte Form der Pia mater dar. Sie ist reich an Kollagenfasern und stark mit Kapillaren durchsetzt. Die Kapillaren verfügen über ein fenestriertes Endothel und eine kontinuierliche Basallamina.

4. Physiologie

Die Bewegung des Liquors in den Hirnventrikeln bezeichnet man als Liquorzirkulation. Sie ist herzzyklusabhängig und wird wesentlich vom Volumen des intrakraniellen arteriellen und venösen Bluts beeinflusst. Dadurch hat sie einen pulsatilen Charakter. Weiterhin wird sie von der Sezernierung, vom Abfluß und der Resorption des Liquors bestimmt. Der Liquor cerebrospinalis wird zum größten Teil in den Plexus choroideus gebildet. Ein geringer Anteil entstammt dem Extrazellulärraum des Hirnparenchyms und gelangt durch transependymalen Transport in den Ventrikelraum. Die täglich gebildete Gesamtmenge wird mit etwa 500 ml angegeben.

Von situativen gegenläufigen Bewegungen abgesehen, durchströmt der Liquor das Ventrikelsystem grundsätzlich von rostral nach kaudal, d.h. von den Seitenventrikeln über den 3. Ventrikel in Richtung des 4. Ventrikels. Dort fließt er über die 3 Foramina des 4. Ventrikels in den Subarachnoidalraum ab. Im Subarachoidalraum angekommen, wird er über Granulationes arachnoideae überwiegend in die Hirnsinus drainiert.

Ein Teil des Liquors gelangt in zerebrale Venenplexus oder Lymphbahnen. Ein weiterer, geringer Anteil des Liquors wird in den Zentralkanal des Rückenmarks geleitet.

5. Klinik

Bei Abflussbehinderungen im Ventrikelsystem kommt es zu einem Liquorstau mit Erhöhung des intrakraniellen Drucks. Dieses Krankheitsbild wird als Verschlusshydrozephalus bezeichnet.

6. Podcast

FlexTalk - Die Hirnventrikel
FlexTalk - Die Hirnventrikel

7. Quellen

  1. Waldeyer: Anatomie des Menschen. 18. Auflage. De Gruyter, Berlin 2009, ISBN 978-3-11-019353-4
  2. Schwarz, B: Das „altersgerechte“ Ventrikelsystem – Semiautomatische Volumetrie des Ventrikelsystems und Evaluation von „Evans Index“ und „Frontal and Occipital Horn Ratio“ in einer populationsbasierten MR-Studie Inaugural-Dissertation, 2014, abgerufen am 24.7.20924

8. Bildquelle

  • Bildquelle Podcast: © Midjourney

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