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Subscapularissehnenruptur

Englisch: subscapularis tear, SSC tear, subscapularis ruptur, anterior cuff tear

1. Definition

Die Subscapularissehnenruptur, kurz SSC-Ruptur, ist eine seltene Form der Rotatorenmanschettenruptur. Typischerweise ist der superiore Abschnitt innerhalb der ersten 2 cm vom Sehnenansatz am Tuberculum minus betroffen.

2. Anatomie

Der Musculus subscapularis dient der Innenrotation und Adduktion des Humerus. Die Subscapularissehne ist Teil der sogenannten Rotatorenmanschette. Letztere setzt sich aus den Sehnen der vier Rotatorenmanschettenmuskeln zusammen und umschließt den Humeruskopf von drei Seiten:

Der Musculus subscapularis hat seinen Ursprung in der Fossa subscapularis und setzt am Tuberculum minus an. Die Sehneninsertion (Footprint) erstreckt sich kraniokaudal über ca. 2,5 cm. Das oberste Drittel ist der kräftigste und funktionell wichtigste Anteil. Hier ist die Insertion 1,5 bis 2,5 cm breit. Nach kaudal nimmt die Breite kontinuierlich bis auf wenige Millimeter ab. Am Unterrand der Sehne kann bei einigen Personen ein rein muskulärer Ansatz vorkommen. Funktionell und hinsichtlich der Innervation (Nervi subscapularis superior et inferior) können der kraniale und kaudale Anteil als getrennte Einheiten betrachtet werden.

3. Epidemiologie

Eine Subscapularissehnenruptur tritt zwei- bis dreimal häufiger bei Männern auf. Das mittlere Erkrankungsalter beträgt 50 Jahre.

Ein Riss der Subscapularissehne macht 2 bis 3,5 % der Rotatorenmanschettenrupturen aus. Jedoch wird von einer hohen Dunkelziffer ausgegangen, sodass sie möglicherweise ein Drittel der Rotatorenmanschettenläsionen ausmacht.[1]

4. Lokalisation

In den meisten Fällen beginnt die Ruptur als gelenkseitige Partialruptur am Oberrand der Sehneninsertion. Diese geht im Verlauf in eine transmurale Ruptur über, die sich nach kaudal ausweitet. Eine frühe Mitbeteiligung des Bizeps-Pulley mit konsekutiver Tendinopathie und später Dislokation der Bizepssehne ist typisch. Läsionen im mittleren oder unteren Sehnenanteil bei intaktem Oberrand sind seltener.

5. Ätiologie

Anteriore Supraspinatussehnenrupturen gehen oft mit einer Beteiligung der Subscapularissehne einher: Bei einer transmuralen Supraspinatussehnenruptur ist in 30 % der Fälle die Subscapularissehne mitbetroffen. Gleichzeitig kann eine Verletzung oder Instabilität der langen Bizepssehne vorliegen.

Eine isolierte SSC-Ruptur infolge eines Traumas ist deutlich seltener und kann bei einem Sturz oder einer starken Muskelkontraktion (z.B. beim Werfen) auftreten. Bei älteren Patienten prädisponiert eine ausgedünnte, laxe Sehne aufgrund einer Schulterinstabilität nach anteriorer Schulterluxation für eine SSC-Ruptur. Im Rahmen einer posterioren Schulterluxation kommt es in 14 % der Fällen zu einer SSC-Ruptur.

Eine Subscapularissehnenruptur kommt auch im Rahmen bestimmter Impingementsyndrome vor:

Zuletzt kann es auch postoperativ zu einer SSC-Ruptur kommen: Während einer offenen Reparatur des anterioren Labrums oder einer Arthroplastik wird die SSC-Sehne häufig chirurgisch durchtrennt. Die reparierte Tenotomiestelle prädisponiert für eine Ruptur.

6. Klassifikation

Die Lafosse-Klassifikation unterscheidet zwischen 5 Schweregaden:

  • Grad 1: Partialruptur des oberen Drittels
  • Grad 2: Transmurale Ruptur des oberen Drittels
  • Grad 3: Transmurale Ruptur der oberen zwei Dritteln
  • Grad 4: Transmurale Ruptur der gesamten SSC-Sehne (komplette Ruptur)
  • Grad 5: Grad 4 + > 50 % fettige Atrophie des Musculus subscapularis

Die Unterscheidung zwischen partieller und transmuraler Ruptur bezieht sich auf die anteroposteriore und nicht auf die superoinferiore Ausdehnung der Subscapularissehne. Um Verwirrung zwischen beiden Begriffen zu vermeiden, sind auch folgende Bezeichnungen möglich:

  • Grad 1 = niedriggradige Partialruptur
  • Grad 2 = mittelgradige Partialruptur
  • Grad 3 = hochgradige Partialruptur
  • Grad 4 = Komplettruptur

Weitere Möglichkeiten zur Einteilung sind die Klassifikation nach Yoo und Rhee sowie die Pfirrmann-Klassifikation.

7. Klinik

SSC-Rupturen führen zu nächtlich betonten Schulterschmerzen, einer Druckschmerzhaftigkeit der vorderen Schulter sowie zu einer abgeschwächten Innenrotation. Typischerweise treten die Symptome allmählich bzw. verzögert auf. Auch asymptomatische Verläufe kommen nicht selten vor.

Partialrupturen können im Verlauf zu größeren Rissen fortschreiten. Aufgrund der Bildung von Narbengewebe kann es in einigen Fällen trotz kompletter Ruptur zu einer gewissen Wiedererlangung der Muskelfunktion kommen. In diesen Fällen ist die Ruptur in der Arthroskopie auch nicht immer erkennbar.

Weitere klinische Zeichen einer Subscapularisläsion sind:

  • Lift-Off-Test: Unfähigkeit, die Hand gegen einen Widerstand vom Rücken abzuheben.
  • Belly-Press-Test: Unfähigkeit, die Handfläche in passiver Position auf dem Bauch zu halten.
  • Innenrotation-Lag-Test: Der Arm wird hinter dem Rücken maximal nach innen rotiert. Der Patient kann diese Position nicht halten.

8. Diagnostik

Die klinische Verdachtsdiagnose einer Subscapularisläsion wird radiologisch bestätigt. Insbesondere bei einer großen anterioren Supraspinatussehnenruptur oder subluxierter bzw. dislozierter Bizepssehne muss an eine SSC-Ruptur gedacht werden. Am häufigsten liegt eine unter 1 cm große Partialruptur des superioren Drittels ansatznah am Tuberculum minus vor. Verletzungen des Muskelansatzes sind selten und treten meist im Rahmen einer anterioren Schulterinstabilität auf.

8.1. Konventionelles Röntgen

Im Röntgenbild sind subkortikale Zysten und Sklerosen sowie Enthesophyten hinweisend auf eine zugrundeliegende Pathologie der Sehne. Eine Subscpularissehnenruptur kann nicht dargestellt werden.

8.2. Computertomographie

In der Computertomographie (CT) können ebenfalls ossäre Veränderungen auf eine zugrundeliegende Tendinopathie hinweisen. Nach intraartikulärer Kontrastmittelgabe können SSC-Rupturen gut dargestellt werden. Die CT-Arthrographie wird insbesondere bei Patienten mit Arthroplastik eingesetzt.

8.3. Magnetresonanztomographie

In der Magnetresonanztomographie (MRT) zeigt die Sehne ein hohes Signal oder einen Defekt in der T2w-FS-Sequenz. Die Sehne ist ausgedünnt und weist ein intermediäres T1w-Signal auf. Bei Partialrupturen ist der gelenkseitige Teil deutlich häufiger als die bursaseitige Oberfläche betroffen. Bei der transmuralen Ruptur reicht der Defekt von der gelenkseitigen bis zur bursaseitigen Oberfläche.

Über den Bandkomplex aus Ligamentum glenohumerale superius und Ligamentum coracohumerale sind die Subscapularissehne und die Supraspinatussehne fest verbunden. Diese Gewebebrücke ist bei retrahierten Rupturen der Subscapularissehne oft gut erkennbar und wird als Komma-Zeichen bezeichnet.[2][3][4]

Chronische Risse führen zu einer fettigen Muskelatrophie. SSC-Rupturen sind am besten in axialer und parasagittaler Ebene erkennbar. Ein sekundäres Zeichen einer Subscapularissehnenruptur ist die Subluxation oder Dislokation der langen Bizepssehne. Die diagnostische Genauigkeit der MRT beträgt bis zu 90 %.

8.4. MR-Arthrographie

Bei der direkten MR-Arthrographie wird Kontrastmittel intraartikulär appliziert und anschließend eine MRT durchgeführt. Das Kontrastmitel dringt in den Defekt der Subscapularissehne ein. Weiterhin kann das Kontrastmittel über das Tuberculum minus austreten, sofern Narbengewebe dies nicht verhindert. Die Sensitivität beträgt 90 %, die Spezifität 91 %.

8.5. Sonographie

In de Sonographie ist ein hypoechogener Defekt in der Subscapularissehne erkennbar. Begleitend kann eine Subluxation oder Dislokation der Bizepssehne vorliegen. Die Sonographie wird insbesondere bei Patienten nach Arthroplastik eingesetzt.

9. Differenzialdiagnosen

Radiologisch müssen folgende Differenzialdiagnosen erwogen werden:

  • Tendinopathie der Subscapularissehne: verdickte Sehne mit intratendinös erhöhtem T2w-Signal ohne Signalausdehnung bis oder Defekt entlang der Sehnenoberfläche. Zwischen den signalfreien Sehnenfaszikeln am Ansatz können Muskelfasern vorliegen und eine Tendinopathie vortäuschen.
  • Subluxation/Dislokation oder Riss der langen Bizepssehne: oft assoziiert mit einem Riss der superioren Subscapularissehne. Seltener auch isolierte Bizepsinstabiliät sekundär nach Pulley-Läsion.
  • Verletzung des Rotatorenintervalls: assoziiert mit Partialruptur der Subscapularissehne, Verletzung der anterioren Supraspinatussehne sowie Pulley-Läsion.
  • Erguss im Recessus subscapularis: kann aufgrund eines Partialvolumeneffekts insbesondere in parakoronarer und/oder axialer Ebene mit einer Ruptur verwechselt werden.
  • anterosuperiores Impingement: Riss der Subscapularissehne, der Supraspinatussehne, des Ligamentum glenohumerale superius sowie Riss oder Subluxation/Dislokation der langen Bizepssehne

10. Therapie

Bei kleinen Partialrupturen kommt ein Débridement in Frage. Transmurale Rupturen bedürfen einer chirurgischen Reparatur. Bei erheblicher Muskelatrophie kann ein Sehnen- bzw. Muskeltransfer notwendig sein.

11. Literatur

12. Quellen

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