Verletzung des Rotatorenintervalls
Englisch: rotator cuff interval tear, rotator interval tear
Definition
Verletzungen des Rotatorenintervalls, kurz RCI-Läsionen, sind Läsionen der glenohumeralen Gelenkkapsel zwischen der Supraspinatus- und Subscapularissehne. Begleitend können Verletzungen des Ligamentum coracohumerale und des Ligamentum glenohumerale superius auftreten.
Anatomie
Das Rotatorenintervall (RCI) wird durch das Ligamentum glenohumerale superius (SGHL) und das Ligamentum coracohumerale (CHL) verstärkt. Sie formen gemeinsam die Rotatorenintervallschlinge ("Bizeps-Pulley"). Diese umschließt am Humeruskopf die in der Gelenkkapsel verlaufende lange Bizepssehne. Das Rotatorenintervall verhindert eine übermäßige Flexion und Außenrotation des Humerus.
Ätiologie
Die häufigste Ursache einer Verletzung des Rotatorenintervalls ist eine anteriore Schulterinstabilität. Bei bis zu 50 % der anterioren Schulterluxationen ist das Rotatorenintervall gerissen. Chronische Verletzungen finden sich bei Personen mit berufs- oder sportbedingter Überkopfarbeit.
Begleitverletzungen
Große Läsionen des Rotatorenintervalls mit Beteiligung des CHL und SGHL führen zu einer Dislokation der langen Bizepssehne (Pulley-Läsion). Bei einer medialen Subluxation der Bizepssehne aufgrund einer kleinen Verletzung des Bizeps-Pulley spricht man auch von einer "Hidden Lesion", da die Läsion in der Arthroskopie aufgrund der intakten Gelenkkapsel nicht sichtbar ist. Dabei ist die Subscapularissehne am Ansatz teilrupturiert.
Weitere assoziierte Verletzungen sind:
- Rotatorenmanschettenruptur (45 %): anteriore Supraspinatussehne, superiore Subscapularissehne
- Verletzung des anterioren und anterosuperioren Labrums
Klassifikation
...nach Morphologie
Man unterscheidet zwei Formen der RCI-Läsion:
- Typ 1: Fibrose (adhäsive Kapsulitis): verdicktes Ligamentum coracohumerale mit Fibrose und Ödem im umgebenden Fettgewebe. Die restliche Gelenkkapsel ist bei der adhäsiven Kapsulitis ebenfalls verändert.
- Typ 2: Riss
...nach Ausmaß
- kleine isolierte Kapselrisse
- moderater Kapselriss mit posteroinferiorer Mikroinstabilität
- Pulley-Läsion mit Dislokation der Bizepssehne
- Große RCI-Verletzung mit Riss der anterioren Supraspinatus- und/oder superioren Subscapularissehne
Klinik
Das häufigste Symptom einer Verletzung des Rotatorenintervalls sind vordere Schulterschmerzen. Weiterhin zeigt sich eine geringe Schulterinstabilität. Die inferiore Translation des Humeruskopfes führt zu einem Sulcus-Zeichen.
Diagnostik
RCI-Läsionen werden radiologisch diagnostiziert. Methode der Wahl ist die MR-Arthrographie.
Magnetresonanztomographie
Das Rotatorenintervall kann in der Magnetresonanztomographie (MRT) insbesondere in der parasagittalen Ebene beurteilt werden. In der T2w-FS-Sequenz weist das verletzte Rotatorenintervall ein hohes Signal auf. Weiterhin können gerissene Fasern des Ligamentum coracohumerale und des lateralen SGHL vorliegen. In der T1w-Sequenz weist das veletzte Rotatorenintervall ein intermediäres Signal auf.
Bei chronischen Verletzungen ist das CHL und das SGHL verdickt und vernarbt. Bei der Hidden Lesion ist die Bizepssehne subluxiert.
MR-Arthrographie
In der MR-Arthrographie sind normalerweise das CHL und das laterale SGHL gut erkennbar. Bei einer RCI-Läsion reicht das Kontrastmittel bis zur Basis des Processus coracoideus. Akute Rupturen führen zu einem Kontrastmittelübertritt durch die Kapsel des verletzten Rotatorenintervalls.
Therapie
Große symptomatische RCI-Läsionen werden chirurgisch behandelt. Wird im Rahmen einer Rotatorenmanschettenoperation ein verletztes Rotatorenintervall nicht behandelt, können anhaltende Schmerzen und eine Instabilität die Folge sein.
Literatur
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- Lee JC et al. MRI of the rotator interval of the shoulder, Clin Radiol. 2007;62(5):416-423
- Weishaupt D et al. Lesions of the reflection pulley of the long biceps tendon. MR arthrographic findings, Invest Radiol. 1999;34(7):463-469
- Zappia M et al. Long head of the biceps tendon and rotator interval, Musculoskelet Surg. 2013;97 Suppl 2:S99-S108
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