Pseudotuberkulose (Geflügel)
Synonyme: Aviäre Pseudotuberkulose, Yersiniose, Rodentiose, Nagertuberkulose
Definition
Als Pseudotuberkulose bezeichnet man eine sporadisch auftretende und meist akut verlaufende Infektionskrankheit von Huhn, Pute und Ente.
Ätiologie
Yersinia pseudotuberculosis ist ein gramnegatives, nicht-sporenbildendes, kokkoides und in der Regel bewegliches Stäbchenbakterium aus der Familie der Enterobacteriaceae. Der 0,5 bis 1,5 µm große Erreger kann unter aeroben und anaeroben Bedingungen und bei 20 bis 35 °C auf üblichen Nährmedien sowie auch auf Selektivnährböden angezüchtet werden. Über die Virulenzfaktoren ist noch wenig bekannt.
Das Bakterium ist im Boden sowie im Wasser ein halbes bis ein ganzes Jahr überlebensfähig. Im Gegensatz dazu wird es durch Sonnenlicht, Austrocknung sowie durch handelsübliche Desinfektionsmittel in wenigen Stunden inaktiviert.
Epidemiologie
Yersinia pseudotuberculosis weist ein breites Wirtsspektrum auf und kommt v.a. bei kleinen Nagern und zahlreichen Wildvögeln vor. Diese sowie kontaminierter Kot klinisch manifester oder latent infizierter Tiere stellen die wichtigste Infektionsquelle für Geflügel dar.
Erkrankungen treten bei Hühnern, Puten und Enten jedoch nur sporadisch auf.
Pathogenese
Empfängliche Geflügel infizieren sich meist horizontal durch die orale Aufnahme des Erregers mit kontaminiertem Erdreich, Wasser, Futter oder Einstreu. Anschließend dringen die Bakterien in die Zellen des retikuloendothelialen Systems des Verdauungstrakts ein. Genauere Informationen über die Pathogenese liegen aufgrund von mangelndem Wissen über die Virulenzfaktoren und deren Einfluss auf den Schweregrad der Erkrankung nicht vor.
Chronische Krankheitsverläufe mit der Bildung von granulomatös-nekrobiotischen Herden in diversen inneren Organen treten nur sehr selten auf.
Klinik
Die Inkubationszeit beträgt 1 bis 8 Tage.
Akute Krankheitsverläufe sind durch plötzliche Todesfälle gekennzeichnet. Bei der chronischen Pseudotuberkulose hingegen entwickeln sich allgemeine Krankheitssymptome wie Apathie, Gewichtsverlust und Durchfall.
Pathohistologie
Die Tiere leiden sowohl an einer Hepato- als auch an einer Splenomegalie, die durch multiple stecknadelgroße, grau-gelbliche granulomähnliche Nekroseherde gekennzeichnet sind. Bei chronischen Verläufen nehmen die Nekrosen Erbsengröße an.
Im histologischen Schnittbild dominieren die Einwanderung von Entzündungszellen wie etwa Makrophagen und heterophile Granulozyten. Teilweise lässt sich auch fibrinöses Exsudat nachweisen.
Differenzialdiagnosen
Als Differenzialdiagnosen sind auszuschließen:
Diagnose
Anhand der Anamnese (Freilandhaltung, Kontakt zu Nagetieren und/oder Wildvögeln) und den typischen histopathologischen Veränderungen kann eine Verdachtsdiagnose ausgesprochen werden. Eine Sicherung der Diagnose kann die Erregeranzucht auf 5%igem Schafblutagar (bei 37 °C und unter mikroaerophilen Bedingungen) mit anschließender PCR und/oder MALDI-TOF erfolgen.
Therapie
Klinisch apparente Tiere können nach vorausgegangenem Antibiogramm mit Tetrazyklinen oder Aminoglykosiden behandelt werden.
Prophylaxe
Die Pseudotuberkulose lässt sich durch ein optimales Betriebshygienemanagement (effektive Schadnagerbekämpfung, strikte Hygienemaßnahmen, Trennung zwischen Nutz- und Wildgeflügel u.ä.) gut kontrollieren. Gefährdete Herden können mit autogenen Vakzinen geschützt werden.
Zoonotische Bedeutung
Die Pseudotuberkulose ist eine Zoonose. Menschen infizieren sich häufig durch die orale Aufnahme des Erregers. Infektionen führen zu Durchfallsymptomen, Fieber und abszedierender mesenterialer Lymphadenitis. Komplikationen treten selten auf, sodass einfache Krankheitsverläufe meist nur symptomatisch behandelt werden müssen.
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4
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