Phelan-McDermid-Syndrom
Synonyme: Monosomie 22q13, Mikrodeletion 22q13.3, PMD-Syndrom, PMDS
Definition
Das Phelan-McDermid-Syndrom ist eine seltene genetische Erkrankung, die mit schwerwiegenden neuromuskulären Symptomen sowie kognitiven Entwicklungsstörungen einhergeht.
- ICD10-Code: Q93.- Monosomien und Deletionen der Autosomen, anderenorts nicht klassifiziert
Epidemiologie
Die Prävalenz des Phelan-McDermid-Syndroms ist aktuell (2022) nicht bekannt. Es handelt sich jedoch um eine sehr seltene Erkrankung mit weltweit rund 2.500 Fällen. Aufgrund der heterogenen Symptomatik wird jedoch eine hohe Dunkelziffer vermutet.
Ätiologie
Dem Phelan-McDermid-Syndrom liegt eine Aberration des Chromosoms 22 (Lokus 22q13) unter Beteiligung des SHANK3-Gens zugrunde. Die genetische Grundlage bilden i.d.R. de novo-Deletionen, wobei bis zu 20 % der Fälle auf Translokationen oder Ringchromosomenbildung basieren.
Das SHANK3-Gen kodiert für ein Strukturprotein in postsynaptischen Strukturen von exzitatorischen glutamatergen Synapsen.
Symptomatik
Das Leitsymptom des Phelan-McDermid-Syndroms ist eine ausgeprägte Muskelhypotonie, die i.d.R. bereits bei Geburt vorliegt (Floppy infant). Später zeigt sich eine Entwicklungsverzögerung, die insbesondere die Sprache betrifft. Je nach Deletionsgröße sind weitere Symptome möglich, z.B.:
- Autismus-Spektrum-Störung (bis zu 70% d.F.)
- bipolare Störung
- Epilepsie (ca. 40 %)
- verminderte Schmerzempfindung (Hypalgesie)
- verminderte Schweißsekretion (Hypohidrose) mit Gefahr der Hyperthermie
- Entwicklung eines dementiellen Syndroms
- Schlafstörungen
- Arachnoidalzysten (15 %)
- Nierenfehlbildung (25 %), z.B. polyzystische Nierenerkrankung
- Herzfehler
- Autoimmunhepatitis
- Immundefizienz
- kraniofaziale Dysmorphie: längliche Kopfform (Skaphozephalus), Ohrmuscheldysplasien, Epikanthus, Ptosis, periorbitale Ödeme, verstrichenes Philtrum, betontes Kinn, große Hände, Syndaktylie der Zehen II und III, Nageldysplasien
Diagnostik
Aufgrund der Sprach- und Kommunikationsstörung sowie der erhöhten Schmerztoleranz gestaltet sich die Diagnose eines Phelan-McDermid-Syndrom schwierig. Bei entsprechendem klinischen Verdacht kann die Diagnose durch den Einsatz von Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung (FISH) oder vergleichender Genomhybridisierung (CGH) gesichert werden.
Differenzialdiagnosen
Therapie
Für das Phelan-McDermid-Syndrom gibt es zurzeit (2022) keine kausale Therapie. Die Behandlung beschränkt sich entsprechend auf die Besserung der Symptome und gestaltet sich interdisziplinär:
- genetische Beratung der Eltern
- psychiatrische Therapie der autistischen oder bipolaren Störungen
- logopädische Therapie zur Verbesserung der Sprachfähigkeiten
- Behandlung z.B. von renalen Fehlbildungen
- Physiotherapie
Literatur
- Phelan MC et al. 22q13 deletion syndrome, Am J Med Genet. 2001 Jun 15;101(2):91-9, abgerufen am 04.11.2019
- Manning MA et al. Terminal 22q Deletion Syndrome: A Newly Recognized Cause of Speech and Language Disability in the Autism Spectrum, Pediatrics August 2004, 114 (2) 451-457, abgerufen am 04.11.2019
- Cusmano-Ozog K et al. 22q13.3 deletion syndrome: A recognizable malformation syndrome associated with marked speech and language delay, Am J Med Genet Part C Semin Med Genet 145C:393–398, abgerufen am 04.11.2019
- Harony-Nicolas H et al. Phelan McDermid syndrome: from genetic discoveries to animal models and treatments, J Child Neurol. 2015;30(14):1861–1870, abgerufen am 04.11.2019
- Phelan-McDermid-Syndrome Foundation, abgerufen am 04.11.2019
- NORD: National Organization for Rare Disorders, abgerufen am 04.11.2019
- Phelan-McDermid-Gesellschaft, abgerufen am 04.11.2019
- Phelan-Mc-Dermid-Gesellschaft e. V. Leben mit dem Phelan-McDermid-Syndrom; abgerufen am 13.05.2022
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