Smith-Magenis-Syndrom
Englisch: Smith-Magenis syndrome
Definition
Das Smith-Magenis-Syndrom, kurz SMS, ist eine sehr seltene Erbkrankheit, die auf eine Mikrodeletion des kurzen Arms von Chromosom 17 zurückzuführen ist. Das Syndrom ist durch ein sehr breites Spektrum unterschiedlicher Symptome gekennzeichnet.
Geschichte
Das Smith-Magenis-Syndrom wurden in den frühen 1980er Jahren entdeckt. Erstbeschreiber waren die beiden Genetikerinnen Ann Smith und Ellen Magenis.
Ätiologie
Das SMS entsteht meist durch eine Mikrodeletion des kurzen Arms von Chromosom 17 (del 17p11.2), wobei die Deletionsregion von Low Copy Repeats (LCRs) flankiert wird und in der Region selbst ein drittes Repeat (SMS-REPs) vorhanden ist.[2] In einigen Fällen sind kleinere oder größere Deletionen ursächlich, die durch ein ungleichmäßiges Crossing-over in der elterlichen Keimbahn entstehen. Eine Duplikation der Region 17p11.2 ist ebenfalls möglich, führt jedoch zu einem milderen Krankheitsbild oder ist Ursache des Potocki-Lupski-Syndroms.[1][2] Seltener ist eine Punktmutation im Retinsäure-induzierten Gen (RAI1-Gen), das für einen Transkriptionsfaktor kodiert, Auslöser des SMS.[3]
Bisher (2024) sind keine Risikofaktoren für das SMS bekannt, die Mutation tritt fast immer spontan auf. Das Wiederholungsrisiko ist gering, kann aber beim Vorliegen eines Keimzellmosaiks erhöht sein.
Symptome
Im Neugeborenenalter zeigen sich die Kinder hypoton, schläfrig und haben ein verringertes Reflexniveau. Zusätzlich liegen verschiedene Dysmorphien und Fehlbildungen vor, die i.d.R. erst im Verlauf auffällig werden. Dazu gehören z.B.:[1]
- merkwürdig geformte Ohren
- herausragender Unterkiefer
- sehr flaches Mittelgesicht
- breite Hände, kurze Zehen und Finger
- Kleinwuchs
- Progenie
- Mittelgesichtshypoplasie
- Herzfehler (40 % der Fälle)
- urogenitale Fehlbildungen (20 % der Fälle)
- Skoliose
- Ventrikulomegalie
Besonders charakteristisch für das SMS sind diverse Auffälligkeiten, die sich ab dem Kindesalter zeigen:
- Lernbehinderung (verlangsamtes Lernen von Sprache), mentale Retardation (IQ durchschnittlich bei 40 – 60) und Entwicklungsverzögerung
- Schlafstörungen durch Umkehrung des melatoningesteuerten Tag-Nacht-Rhythmus
- Tagesschläfrigkeit
- Ein- und Durchschlafsstörungen während der Nacht
- Verhaltensstörungen
- Unruhe
- destruktives Verhalten
- Aufmerksamkeitssuche
- Wutausbrüche bei geringer Provokation
- Autoaggressivität, insbesondere Onychotillomanie (Herausziehen von Zehen-/Fingernägeln)
- Autismus-ähnliches Verhalten
- Angst
- Einführen von Fremdkörpern in Körperöffnungen
- stereotype Verhaltensweisen (Sich-selbst-Umarmen, Lick-and-flip-Verhalten beim Blättern in Büchern)
Des Weiteren können ophthalmologische und otologische Störungen auftreten:
- Strabismus
- Netzhautablösungen
- Kurzsichtigkeit
- Brushfield-Spots der Iris
- chronische Mittelohrentzündung
- Schwerhörigkeit (Schallleitung- und Empfindungsschwerhörigkeit sind möglich)
Diagnostik
Verhaltensauffälligkeiten können hinweisgebend für die Diagnose des SMS sein. Zur Sicherung der Diagnose wird eine Genanalyse zum Nachweis der Deletion oder Mutation durchgeführt. Der molekulargenetische Nachweis der Deletion kann mittels FISH, Microarray oder Multiplex-PCR erfolgen. Größere Deletionen können ggf. karyografisch dargestellt werden. Bei fehlendem Nachweis einer Mikrodeletion erfolgt eine Sequenzierung des RAI-1-Gens.[2]
Therapie
- Ergotherapie
- Logopädie
- Physiotherapie
- Melatonin (gegen Schlafstörung)
- Risperdal (gegen autoaggressives Verhalten)
Eine ursächliche Therapie ist derzeit (2024) nicht möglich.
Literatur
- Ann et a. Overview of Smith-Magenis Syndrome. The Journal of the Association of Genetic Technologists 31(4). 2005
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Schaaf und Zschocke. Basiswissen Humangenetik. Kapitel 19.2.6 Smith Magenis Syndrom. S. 246ff. 3. Auflage. Springer Verlag. 2018
- ↑ 2,0 2,1 2,2 Medizinisch Genetisches Zentrum München – Smith-Magenis-Syndrom, abgerufen am 21.04.2024
- ↑ Orphanet – Smith-Magenis-Syndrom, abgerufen am 21.04.2024
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