Neugeborenenkrampf
Synonym: Zerebraler Anfall beim Neugeborenen
Definition
Unter einem Neugeborenenkrampf versteht man einen epileptischen Anfall bei einem Neugeborenen.
Epidemiologie
Etwa 0,2 bis 1 % der Neugeborenen sind von einem Krampfanfall betroffen. Bei Frühgeborenen treten Krampfanfälle häufiger auf.
Ätiologie
Zerebrale Krampfanfälle des Neugeborenen können bei verschiedenen Grunderkrankungen auftreten. Die häufigsten Auslöser sind:[1][2]
- Asphyxie mit hypoxisch-ischämischer Enzephalopathie
- Hirninfarkte
- intrakranielle Blutungen (z.B. subarachnoidal, intraventrikulär)
- Hirnvenenthrombosen
Weitere mögliche Ursachen sind u.a.:
- neonatale Hypoglykämie
- Elektrolytstörungen, insb. Hypokalziämie und Hyponatriämie
- Traumata
- Infektionen (Meningitis, Enzephalitis)
- Galaktosämie
- Pyridoxin-Mangel
- Entzugsymptomatik bei maternalem Drogenabusus während der Schwangerschaft
- Kernikterus
- Hyperammonämie
- zerebrale Fehlbildungen (z.B. Lissenzephalie, Holoprosenzephalie)
- Genmutationen (benigne familiäre neonatale Epilepsie)[3]
Klinik
Epileptische Anfälle bei Reifgeborenen zeichnen sich i.d.R. durch plötzlich auftretende, stereotype Bewegungen aus. Dabei handelt es sich z.B. um rhythmische kurze Zuckungen oder länger anhaltende Muskelkontraktionen. Darüber hinaus können Nystagmen, Schmatzen, Gähnen oder feine Zuckungen der Muskulatur der Hände oder Füße beobachtet werden. Die Bewegungen werden oft von Symptomen wie Apnoe, Hypotonie oder Tachykardie begleitet. Eine Hypersalivation kann ebenfalls auf einen Krampfanfall hinweisen. Eine Apathie oder ein Koma sind weitere mögliche Symptome.[1]
Bei Frühgeborenen ist das klinische Bild häufig undeutlich, die Symptome werden nicht als Krampfanfall interpretiert. Die Kinder zeigen eher tonische Bewegungen.
Generalisierte Krampfanfälle werden im Neugeborenenalter selten beobachtet.
Diagnostik
Bei Verdacht auf einen Krampfanfall, sollten der Blutzuckerspiegel sowie Serumcalcium, Serumnatrium und Serummagnesium bestimmt werden.
Wichtig sind ebenfalls eine Blutgasdiagnostik, ein Blutbild, eine Sonographie des Schädels und die Anfertigung eines Computertomogramms.
Stoffwechselerkrankungen sollten durch entsprechende Untersuchungen ausgeschlossen werden.
Therapie
Je länger der Krampfanfall dauert und je häufiger die Anfälle auftreten, desto größer ist das Risiko für bleibende Schäden des Gehirns. Aus diesem Grund ist eine frühzeitige Therapie erforderlich.
Häufig kann nicht auf die Laborergebnisse gewartet werden, so dass eine Behandlung entsprechend der Häufigkeit der genannten Ursachen begonnen wird. Dabei wird zunächst Glucose, dann Calciumglukonat und schließlich Magnesiumsulfat verabreicht.
Wenn sich die Symptome unter der Therapie nicht bessern, sollte Phenobarbital gegeben werden. Weiterhin möglich ist die Gabe von Phenytoin und Diazepam, wobei Blutdruck und Herzfrequenz kontrolliert werden müssen.
Wenn der Verdacht besteht, dass der Krampfanfall durch einen Mangel an Vitamin B6 hervorgerufen wurde, sollten 50 mg Vitamin B6 gegeben werden. Wichtig ist, dass die Verabreichung unter EEG-Kontrolle erfolgt.
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Prognose
Die Prognose ist abhängig von der zugrundeliegenden Erkrankung. Liegt keine schwerwiegende Grunderkrankung vor (z.B. ein Stoffwechseldefekt) und ist die Behandlung frühzeitig erfolgt, ist die Prognose relativ gut. In vielen Fällen ist nach Beendigung des Krampfanfalls keine medikamentöse Dauertherapie notwendig.
Quellen
- ↑ 1,0 1,1 S2k-Leitlinie Zerebrale Anfälle beim Neugeborenen der GNPI, 2012
- ↑ Ackermann et al. (Hrsg). AllEx - Alles fürs Examen. 2. überarbeitete und erweiterte Auflage. Thieme Verlag Stuttgart, 2014.
- ↑ Orphanet – Benigne familiäre Neugeborenenepilepsie, abgerufen am 12.05.2024
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