Das Flexikon
als App
logo Einloggen

Lissenzephalie

von altgriechisch: λισσός ("lissos") - glatt
Synonym: Gyrierungsstörung
Englisch: lissencephaly

1. Definition

Der Begriff Lissenzephalie steht für eine Gruppe von seltenen angeborenen Fehlbildungen des Gehirns, bei denen keine ausreichende Gyrierung der Hirnrinde (Cortex cerebri) vorliegt. Die Hirnoberfläche erscheint dadurch ungewöhnlich glatt. Lissenzephalien werden oftmals durch eine psychomotorische Entwicklungsverzögerung sowie eine Epilepsie auffällig.

2. Epidemiologie

Die betreffenden Fehlbildungen sind selten. Genaue Angaben zur Prävalenz liegen bislang nicht vor (2023).

3. Ätiologie

Ursächlich für eine Lissenzephalie sind meist Genmutationen, die zu einer unvollständigen Migration der kortikalen Neurone während der pränatalen Entwicklung führen. Die häufigsten Mutationen, die mit einer Lissenzephalie assoziiert sind, betreffen die Gene LIS1, DCX, DYNC1H1 und TUBA1A.

Es kann zudem auch ein Zusammenhang mit syndromalen Erkrankungen bestehen. Dazu gehört beispielsweise das Miller-Dieker-Syndrom, bei dem eine Mikrodeletion auf Chromosom 17 vorliegt.

Auch exogene Faktoren, wie z.B. Vergiftungen, können zu den Lissenzephalien führen.

4. Pathophysiologie

Aufgrund des gestörten Migrationsprozesses kommt es zu variabel auftretenden, morphologischen Veränderungen der Hirnrinde. Dazu gehören die Pachygyrie (breite, flache Gyri) und die Agyrie (teilweise oder gänzlich fehlende Gyrierung). Beide Malformationen weisen einen verdickten Kortex auf. Liegt lediglich eine Pachygyrie vor, spricht man auch von einer inkompletten Lissenzephalie.

In bestimmten Fällen (z.B. bei Heterozygotie) zeigt nur ein Teil der Neuronen eine Migrationsstörung, sodass es lediglich zu einer imkompletten Migration kommt. Dies wird als subkortikale Bandheterotopie bezeichnet, im MRT ist dabei subkortikal ein Band sichtbar.

5. Einteilung

Anhand von radiologischen und pathologischen Kriterien ist eine Zuordnung zu den folgenden vier Typen möglich:[1]

In neueren Klassifikationen werden je nach zugrundeliegender genetischer Ursache zahlreiche verschiedene Lissenzephalie-Formen unterschieden.[2] Insgesamt ist die Einteilung der Lissenzephalien in der Literatur nicht einheitlich.

6. Pathologie

Die Großhirnhemisphären weisen in der Regel eine glatte Oberfläche auf, mit nur angedeuteten primären Sulci (z.B. Sulcus lateralis oder centralis). Bei der klassischen Lissenzephalie mit einer LIS1-Mutation ist die Agyrie bevorzugt frontal und die Pachygyrie okzipital lokalisiert.

7. Klinik

Die Ausprägung der Symptomatik ist variabel. Schwere Lissenzephalie-Formen sind durch signifikante Entwicklungsverzögerungen gekennzeichnet und können im Verlauf zerebrale Krampfanfälle auslösen. Der Verlauf einer subkortikalen Bandheterotopie ist in der Regel weniger schwerwiegend als der einer klassischen Lissenzephalie.

8. Diagnostik

Die Diagnosestellung erfolgt mittels Sonographie und MRT sowie eines molekulargenetischen Mutationsnachweises.

9. Therapie

Eine Kausaltherapie existiert nicht, daher erfolgt die Behandlung rein symptomatisch.

10. Quellen

  1. Morris-Rosendahl et al., Klinik, Genetik und Pathogenese der Lissenzephalien, Deutsches Ärzteblatt, 2003
  2. Di Donato, Genetik der kortikalen Fehlbildungen, medgen, 2018

11. Literatur

Empfehlung

Shop News Jobs CME Flexa Piccer
NEU: Log dich ein, um Artikel in persönlichen Favoriten-Listen zu speichern.
A
A
A

Teilen Was zeigt hierher Versionsgeschichte Artikel erstellen Discord
Georg Graf von Westphalen
Arzt | Ärztin
Dr. Frank Antwerpes
Arzt | Ärztin
Inga Haas
DocCheck Team
Diese Funktion steht nur eingeloggten Abonnenten zur Verfügung
Letzter Edit:
21.03.2024, 08:56
13.099 Aufrufe
Nutzung: BY-NC-SA
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...