Primäre Amöben-Meningoenzephalitis
Synonyme: PAME, Naegleriasis
Englisch: primary amoebic meningoencephalitis
Definition
Die primäre Amöben-Meningoenzephalitis, kurz PAM, ist eine seltene Form der Amöbenenzephalitis, die durch die Amöbe Naegleria fowleri verursacht wird.
Epidemiologie
Bisher (2025) sind weltweit etwa 250 Fälle beschrieben. Es wird eine hohe Dunkelziffer vermutet. Betroffen sind vorwiegend Kinder oder junge Erwachsene ohne Vorerkrankungen.[1]
Ätiopathogenese
Über 90 % der Infektionen mit Naegleria fowleri sind in Zusammenhang mit Baden oder Tauchen in warmen Süßgewässern (über 30 °C) beschrieben. Dabei gelangen die Trophozoiten der Amöbe über die Nase in den Körper.
Sobald die Amöbe in die Nasenhöhle gelangt ist, haftet sie an der Nasenschleimhaut, dringt in diese ein und wandert entlang des Riechnerven durch die Siebplatte bis zum Riechkolben. Von dort aus gelangt sie ins Gehirn, wo sie sich vermehrt und Hirnödeme, Herniationen und schließlich den Tod verursacht.
Der genaue Pathomechanismus und die ausgelöste Immunantwort ist aktuell (2025) noch Gegenstand der Forschung.
Für eine Infektion reicht vermutlich ein kurzer, einmaliger Kontakt. Unter widrigen Bedingungen können die Amöben Zysten bilden, die gegen Kälte und Austrocknung, aber auch gegen chemische Wirkstoffe resistent sind.[1]
Klinik
Die klinischen Symptome der primären Amöben-Meningoenzephalitis entwickeln sich innerhalb von 1 bis 12 Tagen nach der Exposition, mit einem Median von 5 Tagen. Die Frühsymptome umfassen schwere Kopfschmerzen, Fieber, Übelkeit und Erbrechen. Gelegentlich treten als erste Anzeichen Veränderungen des Geschmacks- oder Geruchssinns auf.
Im weiteren Verlauf entwickeln sich charakteristische Zeichen einer Meningoenzephalitis: Nackensteifigkeit, Photophobie, Verwirrtheit, Halluzinationen, Benommenheit bis hin zum Koma, Krampfanfälle und fokale neurologische Ausfälle. Die Erkrankung ähnelt klinisch stark einer bakteriellen Meningitis, was die Diagnosestellung erschwert.
Die PAM schreitet rapide fort und führt meist innerhalb von 5 Tagen nach Symptombeginn zum Tod, in der Regel durch erhöhten Hirndruck und zerebrale Herniation. Bisher (2025) sind nur wenige Fälle dokumentiert, in denen die Erkrankung durch frühzeitige therapeutische Interventionen überlebt wurde.[1]
Diagnostik
Zu Beginn der Erkrankung zeigt sich in der bildgebenden Diagnostik (z.B. CT oder MRT) häufig ein Hirnödem.
Die Diagnosestellung erfolgt primär durch die Lumbalpunktion mit Liquoranalyse. Der Liquor zeigt charakteristische Veränderungen: erhöhte Zellzahl (> 300 Zellen/µl) mit Neutrophilie, erhöhte Proteinkonzentration (> 1000 mg/l) und niedrige Glukosekonzentration (≤ 10 mg/ 100 ml). Der intrakranielle Druck ist typischerweise stark erhöht.
Zur definitiven Bestätigung dient der direkte mikroskopische Erregernachweis im Liquor oder die Polymerase-Kettenreaktion (PCR), die die höchste Sensitivität und Spezifität aufweist.
Therapie
Bisher (2025) existiert keine etablierte Standardtherapie. Die meisten Informationen zur Wirksamkeit von Medikamenten basieren entweder auf Fallberichten oder In-vitro-Studien. Zu den am häufigsten, teils intrathekal angewandten Medikamenten zählen:
Prognose
Die Prognose der primären Amöben-Meningoenzephalitis ist ausgesprochen schlecht. Die Mortalität beträgt 95 - 98 %, selbst bei frühzeitiger Behandlung.
Prävention
Personen, die in warmen Klimazonen Wassersport betreiben, sollten den Kontakt mit Süßwasser wie Seen, Flüssen und Teichen vermeiden, besonders im Sommer, wenn die Wassertemperaturen höher sind.
In chloriertem oder Salzwasser ist das Risiko einer Infektion mit Naegleria fowleri deutlich geringer, da der Erreger dort nicht überleben kann.
Quelle
- ↑ 1,0 1,1 1,2 Robert Koch Institut: Amöbenenzephalitis, Stand 12/2023, zuletzt abgerufen am 10.10.2025
Literatur
- MSD Manuals — Amöbeninfektion des Gehirns: Primäre Amöben‑Meningoenzephalitis, abgerufen am 10. Oktober 2025
- CDC — Naegleria fowleri: Allgemeine Informationen, abgerufen am 10. Oktober 2025
- Infectious Disease Advisor — Naegleria fowleri: Diagnosis & Disease Information, abgerufen am 10. Oktober 2025
- Grace et al., Naegleria fowleri: pathogenesis, diagnosis, and treatment options, Antimicrob Agents Chemother, 2015
- Güémez und García, Primary Amoebic Meningoencephalitis by Naegleria fowleri: Pathogenesis and Treatments, Biomolecules, 2021
- Shrestha et al., Primary amoebic meningoencephalitis, J Neurosci Rural Pract, 2015