Luspatercept
Handelsname: Reblozyl®
Synonym: ACE-536
Englisch: luspatercept
Definition
Luspatercept ist ein Arzneistoff, der als Erythrozyten-Reife-Aktivator (ERA) zur Therapie der Anämie bei Beta-Thalassämie und myelodysplastischen Syndromen (MDS) eingesetzt wird.
Chemie
Luspatercept ist ein rekombinantes Fusionsprotein, bestehend aus einer modifizierten extrazellulären Domäne des Activin-Rezeptors Typ IIb (ACVR2B) und dem Fc-Fragment des humanen IgG1.
Wirkmechanismus
Bei MDS und Beta-Thalassämie sind bestimmte Proteine der TGF-β-Superfamilie (z.B. Myostatin, GDF11 und Activin B) überexprimiert. Sie bewirken über SMAD2- und SMAD3-abhängige Signalwege eine Hemmung der erythrozytären Differenzierung in der späten Phase der Erythropoese.
Luspatercept bindet an diese Proteine und hebt so den hemmenden Effekt auf die Erythropoese auf. Dadurch kann bei bestimmten Patienten mit MDS und Beta-Thalassämie die Hämoglobinkonzentration erhöht und/oder der Transfusionsbedarf gesenkt werden.
Pharmakokinetik
Nach subkutaner Verabreichung wird Luspatercept langsam resorbiert, wobei die maximale Serumkonzentration oft ca. 7 Tage nach Dosisgabe beobachtet wird. Bei Verabreichung alle drei Wochen erreicht die Serumkonzentration den steady state nach drei Dosen. Das scheinbare Verteilungsvolumen beträgt ca. 7-10 Liter.
Lusopatercept wird im Rahmen von allgemeinen Proteinabbauprozessen zu Aminosäuren katabolisiert. Die Plasmahalbwertszeit beträgt 11-13 Tage.
Indikation
- Erwachsene Patienten mit transfusionsbedürftiger Anämie aufgrund eines myelodysplastischen Syndroms mit Ringsideroblasten (MDS-RS) mit sehr niedrigem, niedrigem oder intermediärem Risiko (gemäß IPSS-R), die auf eine Erythropoetin-basierte Therapie nicht zufriedenstellend angesprochen haben oder dafür nicht geeignet sind
- Erwachsene Patienten mit transfusionsbedürftiger Anämie aufgrund einer Beta-Thalassämie
Luspatercept ist nicht indiziert als Ersatz für die Transfusion von Erythrozytenkonzentraten (EK) bei Patienten, die eine sofortige Behandlung ihrer Anämie benötigen.
Darreichungsform
Luspatercept liegt als weißes bis cremefarbenes lyophilisiertes Pulver zur Herstellung einer Injektionslösung vor. Dabei enthält eine Durchstechflasche 25 mg oder 75 mg Luspatercept. Der Wirkstoff wird subkutan verabreicht.
Dosierung
Bei Patienten mit MDS wird Luspatercept anfangs einmal alle 3 Wochen in einer Dosis von 1,0 mg/kgKG verabreicht. Bei Patienten, die nach mindestens 2 aufeinanderfolgenden Dosen nicht frei von EK-Transfusionen sind, kann die Dosis auf 1,33 mg/kgKG und nach weiteren 6 Wochen ggf. auf 1,75 mg/kgKG erhöht werden.
Patienten mit einer Beta-Thalassämie erhalten 1,0 mg/kgKG Luspatercept einmal alle 3 Wochen. Bei Patienten, die nach 6 Wochen kein Ansprechen erreichen (Reduktion der EK-Transfusionslast um mindestens ein Drittel), kann die Dosis auf 1,25 mg/kgKG erhöht werden.
Die Behandlung mit Luspatercept ist abzubrechen, wenn Patienten nach 9 Wochen Behandlung (3 Dosen) mit der höchsten Dosis keine Reduktion der Transfusionslast verzeichnen oder wenn eine inakzeptable Toxizität auftritt. Weitere Hinweise zur Dosierung sind der Fachinformation zu entnehmen.[1]
Hinweis: Diese Dosierungsangaben können Fehler enthalten. Ausschlaggebend ist die Dosierungsempfehlung in der Herstellerinformation.
Nebenwirkungen
Zu den häufigen oder schwerwiegenden Nebenwirkungen zählen:
- Reaktionen an der Injektionsstelle (z.B. Erythem, Juckreiz, Schwellung)
- Überempfindlichkeitsreaktionen (z.B. Augenlidödem, Angioödem, Exanthem)
- Ermüdung, Asthenie
- Diarrhö
- Übelkeit
- Schwindelgefühl
- Dyspnoe
- Rückenschmerzen
- Kopfschmerzen
- Arthralgien
- Synkope
- erhöhte Infektanfälligkeit: Bronchitis, Harnwegsinfektion
- Hyperurikämie
- Anstieg des Blutdrucks (durchschnittlich um 5 mmHg) bis hin zur Hypertonie
- erhöhte Gefahr von Thromboembolien (tiefe Venenthrombose, Pfortaderthrombose, Lungenembolie, ischämischer Schlaganfall) bei Patienten mit Beta-Thalassämie
- Beeinträchtigung der weiblichen Fertilität und der embryofetalen Entwicklung (Teratogenität) in Tierexperimenten
Wechselwirkungen
Wechselwirkungen mit anderen Arzneimitteln sind nicht bekannt.
Kontraindikationen
- Überempfindlichkeit gegen den Wirkstoff oder einen der sonstigen Bestandteile
- Schwangerschaft, Stillzeit
Zulassung
Die FDA verlieh dem Arzneistoff 2013 den Orphan-Drug-Status. Im November 2019 erfolgte die Zulassung. Im April 2020 hat der Ausschuss für Humanarzneimittel (CHMP) der EMA eine Zulassungsempfehlung für Luspatercept ausgesprochen.
Luspatercept wurde von Acceleron Pharma in Kooperation mit Celgene (bzw. Bristol-Myers Squibb) entwickelt.
Nutzenbewertung
Das IQWiG kommt im Rahmen der Nutzenbewertung von Luspatercept zu der Einschätzung, dass ein Zusatznutzen des Wirkstoffs bei MDS-RS nicht belegt ist.[2]
Kosten
Die Jahrestherapiekosten von Luspatercept liegen gerundet zwischen 64.000 und 127.000 €.[2]
Quellen
- ↑ EMA Fachinformation Reblozyl, abgerufen am 07.06.2020
- ↑ 2,0 2,1 IQWiG: Luspatercept (myelodysplastische Syndrome) Nutzenbewertung gemäß § 35a SGB V, abgerufen am 25.09.2023
Literatur
- FDA Prescribing Information Reblozyl, abgerufen am 08.07.2020
- clinicaltrials.gov MEDALIST-Studie, abgerufen am 08.07.2020
- clinicaltrials.gov BELIEVE-Studie, abgerufen am 08.07.2020
Quellen
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