Insulin-Purging
von englisch: to purge - bereinigen, abführen
Synonym: Diabulimie
Definition
Insulin-Purging beschreibt das bewusste Reduzieren oder Auslassen der Insulingaben bei Typ-1-Diabetikern mit der Intention der Gewichtsreduktion. Aufgenommener Zucker bleibt vermehrt im Blut und wird über die Nieren eliminiert. Der Insulinmangel führt zu einer verstärkten Fettverbrennung. Gleichzeitig steigt das Risiko für eine diabetische Ketoazidose.
Hintergrund
Beim Insulin-Purging handelt es sich nicht um eine Essstörung im klassischen Sinn, sondern um eine diabetesspezifische, gegenregulatorische Maßnahme im Zusammenhang mit einer realen oder ängstlich antizipierten Gewichtszunahme. Teilweise kann das Verhalten jedoch auch im Rahmen einer Bulimie oder Anorexie auftreten.
Das Risiko eine Essstörung zu entwickeln, ist bei Typ-1-Diabetikern deutlich erhöht. Allein die intensive Auseinandersetzung mit Essen ist ein Risikofaktor. Zudem führt die Erkrankung zunächst zu einem Gewichtsverlust, nach Diagnosestellung und Beginn der Insulinbehandlung kommt es jedoch häufig zu einer deutlichen Gewichtssteigerung. Insbesondere in der Pubertät kann diese Entwicklung überfordern und eine Körperschemastörung begünstigen.
Epidemiologie
Es gibt nur wenige Studien über die Prävalenz des Insulin-Purgings. Es wird eine hohe Dunkelziffer von bis zu 30 % bei Personen mit Typ-1-Diabetes vermutet. Frauen sind dabei häufiger betroffen als Männer.
Pathophysiologie
Der Insulinmangel führt dazu, dass der über die Nahrung aufgenommene Zucker nicht in die Zellen aufgenommen werden kann. Der Blutzucker steigt an und sobald die Nierenschwelle für Glucose erreicht ist, wird dieser über die Niere ausgeschieden. Da Glucose osmotisch wirksam ist, kommt es zur Exsikkose mit Polyurie und Polydipsie.
Da die Glucose nicht ausreichend in die Zellen aufgenommen werden kann, fehlt dem Körper diese wichtige Energiequelle. Um den Energiebedarf des Körpers zu decken, werden vermehrt Fette abgebaut. Dabei entstehen Ketonkörper mit dem Risiko einer Ketoazidose. Gleichzeitig kommt es zu einer Hyperlipoproteinämie und Hypercholesterinämie.
Symptome
Allgemein kommt es zu Müdigkeit und Abgeschlagenheit. Weitere mögliche Symptome sind Polyurie und Polydipsie sowie ein Gewichtsverlust. Kommt es zur diabetischen Ketoazidose, finden sich zudem folgende Symptome:
Diagnostik
Eine schlecht eingestellte Stoffwechsellage mit einem hohen HbA1c-Wert kann ein Hinweis auf das Vorliegen eines Insulin-Purgings sein. Ebenso sollte man beim vermehrten Auftreten von Ketoazidosen und einem niedrigen Gewicht hellhörig werden.
Im Rahmen der Anamnese sollte man den Patienten auch über die Zufriedenheit mit seinem Körperbild befragen.
Bei Verdacht auf ein Insulin-Purging sollte neben der Erfassung der Vitalparameter eine Blutgasanalyse sowie eine Blutentnahme (mit Blutglucose, Elektrolyte, Ketonkörper, Kreatinin, Harnstoff, Serumosmolalität) erfolgen.
Komplikationen
Eine potenziell lebensbedrohliche Komplikation ist die diabetische Ketoazidose.
Durch den Insulinmangel sind die Blutzuckerwerte deutlich erhöht. Spätfolgen des Diabetes, wie die diabetische Neuropathie, Nephropathie und Retinopathie werden durch die hyperglykämische Stoffwechsellage beschleunigt.