Chlamydiose (Schaf)
Synonyme: Chlamydienabort, Virusabort der Schafe, enzootischer Schafabort
Englisch: ovine chlamydiosis, chlamydiosis in sheep, enzootic abortion of ewes (EAE), ovine enzootic abortion (OEA)
Definition
Als Chlamydiose bzw. Chlamydienabort bezeichnet man eine durch Bakterien der Gattung Chlamydia hervorgerufene und seuchenhaft verlaufende Infektionskrankheit beim Schaf.
Ätiologie
Die Chlamydiose wird durch Chlamydophila abortus verursacht. Chlamydien sind unbewegliche und gramnegative Bakterien, die sich nur innerhalb membrangebundener Vakuolen im Zytoplasma vermehren können.
Epidemiologie
Der Erreger tritt neben dem Schaf auch bei Rindern, Schweinen, Pferden, Wildwiederkäuern und beim Menschen auf. Serologischen Untersuchungen zufolge scheint das Bakterium weit in Schafbeständen verbreitet zu sein.
Eine massive Erregerausscheidung erfolgt im Rahmen des Aborts. Zusätzlich werden die Bakterien auch über die Milch, den Harn und den Kot ausgeschieden.
Pathogenese
Die Infektion findet peroral durch die Aufnahme erregerhaltiger Ausscheidungsprodukte (Abortmaterialien oder Exkremente sowie Sekrete) statt.
Die Pathogenese beginnt etwa um den 90. Trächtigkeitstag. Genau zu dieser Zeit erfährt der Fetus ein rasches Wachstum, weshalb es zu massiven Schädigungen kommt. Die Chlamydien invadieren die Plazenta und lösen eine rasch fortschreitende diffuse Entzündungsreaktion in Gang, die eine thrombotische Vaskulitis mit konsekutiver Gewebsnekrose nach sich zieht. Zusätzlich kommt es zu Veränderungen in der fetalen Leber und Lunge sowie zu hypoxischen Läsionen im Gehirn.
Der Abort ist vermutlich das Resultat mehrerer pathologischen Prozesse: Neben der Beinträchtigung des materno-fetalen Nährstoff- und Gasaustausches kommt es auch zu Störungen der hormonellen Regulation der Trächtigkeit sowie zur Induktion einer Zytokin-Ausschüttung.
Klinik
Die Erkrankung verursacht primär Aborte in der 2. Trächtigkeitshälfte, Geburten lebensschwacher Lämmer sowie Frühgeburten.
Erkrankte Mutterschafe sind selbst meist inapparent infiziert. Sie zeigen häufig keine schweren Symptome. Da infolge einer Erstinfektion in der Regel eine stabile Immunität aufgebaut wird, kommt es bei folgenden Trächtigkeiten zu keinen Aborten mehr. Innerhalb einer Herde geht der Infektionsprozess binnen weniger Ablammperioden in ein chronisches bzw. latentes Stadium über.
Differenzialdiagnosen
Als Differenzialdiagnosen kommen Infektionen mit Salmonella abortusovis, anderen Salmonella-Serovaren, Coxiella burnetii, Campylobacter fetus subspecies fetus, Listeria monocytogenes, Brucella, Leptospira und Border Disease Virus in Frage.
Diagnose
Die Diagnose der ovinen Chlamydiose folgt dem allgemeinen Schema der Chlamydiendiagnostik. Hierfür sind bakteriologische, serologisch und mikroskopische Untersuchungen von Ausstrichpräparaten (Abortmaterial u.ä.) durchzuführen.
Ein direkter Erregernachweis kann mittels Capture-ELISA in Vaginal-, Präputial- und Nachgeburtsproben erfolgen.
Therapie
Zu Beginn des Krankheitsgeschehens (erste Aborte innerhalb eines Bestandes) kann mit einer herdenweiten Tetrazyklin-Therapie ein Teil der Aborte verhindert werden.
Prophylaxe
Mithilfe von Impfstoffen können Aborte und die Erregerausscheidung reduziert werden.
Rechtliches
Die ovine Chlamydiose ist in Deutschland eine meldepflichtige Tierkrankheit.
Humanpathologie
Chlamydophila abortus ist ein Zoonoseerreger, der auch den Menschen infizieren kann. Beim Umgang mit erkrankten Tieren sowie deren Ausscheidungen sind besondere Hygienemaßnahmen zu treffen. Schwangere sind besonders gefährdet.
Quellen
- OIE - World Organisation For Animal Health. Enzootic Abortion of eves (ovine Chlamydiosis) (infection with Chlamydia abortus) OIE Terrestrial Manual 2018, Chapter 3.7.5. (abgerufen am 18.07.2021)
- Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft. Meldepflichtige Tierkrankheiten (abgerufen am 18.07.2021)
Literatur
- Mayr A, Rolle M. Mayr A (Hrsg.). Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeite Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1060-7