Borreliose (Geflügel)
Synonyme: Spirochätose, Geflügelspirochätose, Borrelia-Infektion
Englisch: borreliosis
Definition
Die Borreliose ist eine meist akut-septikämisch, seltener chronisch verlaufende Infektionskrankheit des Geflügels, die im deutschsprachigen Raum (D, A, CH) nur selten diagnostiziert wird.
Ätiologie
Borrelia anserina ist ein unregelmäßig spiralig gewundenes Bakterium, das 0,2 bis 0,5 x 3 bis 20 µm groß ist. Durch die zahlreichen periplasmatischen Endoflagellen ist es äußerst beweglich.
Eine Erregeranzüchtung gelingt im embryonierten Hühnerei oder in HEF-Zellkulturen. Borrelia anserina ist primär pathogen, jedoch zeigen die verschiedene Feldstämme erhebliche Virulenzunterschiede. Anhand der Antigenstruktur können verschiedene Serovare unterschieden werden. Die Tenazität ist gering. Bei Umgebungstemperaturen überleben die Bakterien im verendeten Tier oder in der unbelebten Umwelt nur wenige Tage.
Epidemiologie
Geflügelborreliosen treten gehäuft in den Tropen, Subtropen und im südeuropäischen Raum auf. Empfänglich sind neben Gänsen auch Enten, Puten, Fasane und Hühner, wobei vorrangig Jungtiere betroffen sind. Andere, deutlich seltener vorkommende Vogelarten können jedoch auch erkranken. Aufgrund des Übertragungsmodus sind vor allem Tiere in Freilandhaltung betroffen.
Der Mensch sowie Säugetiere sind für die Erreger unempfänglich.
Pathogenese
Hauptüberträger der Bakterien sind Zecken (Argas persicus) sowie andere blutsaugende Arthropoden. Deutlich seltener kommt es zu Infektionen nach Kannibalismus und durch kontaminierte Kanülen und Injektionsnadeln. Da jedoch nur wenig über die einzelnen Virulenzfaktoren bekannt ist, liegen auch keine ausreichenden Daten zu den Pathomechanismen vor.
Klinik
Die Klinik hängt vom Alter, der Empfänglichkeit der Tiere, der Virulenz des Erregers sowie anderer beteiligter Pathogene ab. Die Morbidität und Mortalität schwankt daher zwischen 1 und 90 %.
Während Infektionen mit schwach-virulenten Stämmen häufig klinisch inapparent verlaufen oder nur mit milden Symptomen einhergehen, können hoch-virulente Stämme ein akut-septikämisches Erkrankungsbild erzeugen. Die Krankheit geht häufig mit unspezifischen Symptomen wie Apathie, Zyanosen im Kopfbereich, gesträubtem Gefieder und grünlichem Durchfall mit erhöhtem Harnsäureanteil einher. Die Tiere leiden an Fieber (> 43 °C) und an einem gestörten Allgemeinbefinden. Zusätzlich können Krämpfe, Atemnot und Lähmungserscheinungen auftreten. Der Tod tritt häufig nach einer drei- bis fünftägigen Krankheitsdauer ein.
Subakute bis chronische Verlaufsformen hingegen äußern sich in einer Anämie und Abmagerung.
Pathohistologie
Die hochgradig vergrößerte und marmorierte Milz sowie die ebenso stark vergrößerte Leber zeigen ekchymatöse Blutungen, miliare Nekrosen und Infarktnekrosen. Häufig liegt gleichzeitig auch eine stark vergrößerte Niere, ein Harnsäurestau und eine katarrhalische Dünndarmentzündung vor.
Im histologischen Schnittbild dominieren Blutungen und regressive Veränderungen. Durch Versilberung der Präparate kann der Erreger direkt dargestellt werden.
Differenzialdiagnosen
Diagnose
Die Diagnose wird anhand des direkten (mikroskopisch im Blut oder in Gewebeflüssigkeiten) sowie indirekten Erregernachweises (Antikörperdetektion mittels Agargelpräzipitationstest oder indirekter Immunfluoreszenztest) gestellt.
Therapie
Einzeltierbehandlungen sind mit Penicillinen oder Tetrazyklinen möglich.
Prophylaxe
Durch die Bekämpfung der Vektoren (Zecken, Arthropoden) kann die Borreliose wirksam kontrolliert werden. Parallel dazu kann eine Impfung mit inaktivierten oder attenuierten Impfstoffen durchgeführt werden.
Literatur
- Rautenschlein S, Ryll M. 2014. Erkrankungen des Nutzgeflügels. 1. Auflage. Stuttgart: UTB Verlag GmbH. ISBN: 978-3-8252-8565-5
- Siegmann O, Neumann U (Hrsg.) 2012. Kompendium der Geflügelkrankheiten. 7., überarbeitete Auflage. Hannover: Schlütersche Verlagsgesellschaft mbH & Co. KG. ISBN: 978-84268333-4
- Mayr A, Rolle M. Mayr A (Hrsg.). 2007. Medizinische Mikrobiologie, Infektions- und Seuchenlehre. 8., überarbeite Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in MVS Medizinverlage Stuttgart GmbH & Co. KG. ISBN: 978-3-8304-1060-7
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