Ackerschachtelhalm
Handelsnamen: H&S Schachtelhalmkraut Nr. 27
Synonyme: Equisetum arvense, Zinnkraut, Ackerzinnkraut, Katzenwedel, Pferdeschwanz, Schaftheu, Pfannebutzer, Scheuerkraut
Englisch: field horsetail, common horsetail
Definition
Der Ackerschachtelhalm, botanisch Equisetum arvense, ist eine Arzneipflanze aus der Familie der Schachtelhalmgewächse (Equisetaceae). Medizinisch genutzt werden die sterilen oberirdischen Teile der Pflanze, bezeichnet als Schachtelhalmkraut (Equiseti herba).
Geschichte und Etymologie
Der Gattungsname Equisetum leitet sich von den lateinischen Wörtern „equus" - Pferd und „seta“ - Tierhaar, Borste ab. Damit sind die steifen Borstenhaare der Nackenmähne eines Pferdes gemeint, denen der Schachtelhalm ähnelt. Die raue und harte Beschaffenheit der Stängel ist auf die Einlagerung von Kieselsäure zurückzuführen. Diese Eigenschaft machte die Pflanze früher zu einem beliebten Scheuermittel, insbesondere für Zinnputzmittel. Infolgedessen wird die Pflanze auch als „Zinnkraut“ bezeichnet.
Botanik
Schachtelhalmgewächse sind eine Gruppe von Sporenpflanzen, die während des Mesozoikums in großer Vielfalt existierten. Heute umfasst diese Familie lediglich etwa 30 Arten und ist global verbreitet. Der Ackerschachtelhalm ist typischerweise in den gemäßigten Klimazonen der nördlichen Hemisphäre anzutreffen.
Der morphologische Aufbau dieser Pflanzen ist gekennzeichnet durch aufrechte, hohle Halme, die sich in kurzen Abständen wirtelig verzweigen. An den Verzweigungspunkten bildet sich eine Blattscheide, die aus schuppenartigen, zugespitzten und miteinander verwachsenen Blättchen besteht. Diese Anordnung führt zur charakteristischen eingeschachtelten Struktur der Internodien, die der Pflanze ihren Namen verleiht.
In der Wachstumsphase im Frühjahr entwickelt der Schachtelhalm unverzweigte fertile Sprosse, die mit endständigen, zapfenähnlichen Sporophyllständen versehen sind. Diese braunen Strukturen sind für die Sporenproduktion zuständig. Nach dem Absterben der fertilen Triebe im späten Frühjahr erscheinen im Sommer grüne, bis zu 50 cm hohe sterile Sprosse, die quirlig verzweigt sind und die Photosynthesephase der Pflanze unterstützen.
Inhaltsstoffe
Das Schachtelhalmkraut enthält Flavonoidglykoside, insbesondere 3-O- und 7-O-Glucoside bzw. Diglucoside des Quercetins, Kaempferols, Luteolins sowie Genkwanins, freie Flavonoide und bis zu 1 % Kaffeesäureester. Weiterhin sind Kieselsäure und Silikate enthalten.
Medizinische Bedeutung
Als Droge dient das Schachtelhalmkraut, das aus den sterilen oberirdischen Teilen der Pflanze gewonnen wird. Die im Handel befindliche Droge stammt aus Ost- und Südeuropa oder aus China. Die Qualität des Schachtelhalmkrauts ist im Europäischen Arzneibuch (Ph. Eur.) festgelegt.
Das Kraut kann sowohl innerlich als auch äußerlich angewendet werden, wobei die Einsatzgebiete durch langjährige traditionelle Anwendung belegt sind. Das HMPC hat Schachtelhalmkraut als traditionelles pflanzliches Arzneimittel (§ 39a AMG) eingestuft. Weitere Monografien gibt es von ESCOP und der Kommission E.
Innere Anwendung
Innerlich wird Schachtelhalmkraut primär zur Unterstützung der Nieren- und Harnwegsfunktionen eingesetzt. Es erhöht die Urinproduktion und erleichtert die Durchspülung der ableitenden Harnwege, was insbesondere bei leichten Harnwegsbeschwerden sowie bei Nierengrieß von Bedeutung ist. Dies trägt dazu bei, die Ausscheidung von Sedimenten und die Linderung von Entzündungssymptomen zu fördern. Darüber hinaus wird es unterstützend bei der Behandlung von bakteriellen Harnwegsinfektionen verwendet. Die Kommission E erwähnt zusätzlich die Anwendung von Schachtelhalm bei posttraumatischen und statischen Ödemen, was die breite diuretische Wirksamkeit dieser Pflanze unterstreicht.
Äußere Anwendung
Äußerlich findet Schachtelhalmkraut Anwendung in der Wundbehandlung. Es wird aufgrund seiner blutstillenden Eigenschaften traditionell zur Behandlung von oberflächlichen Wunden eingesetzt. ESCOP und die Kommission E heben hervor, dass Schachtelhalm vor allem bei schlecht heilenden Wunden unterstützend wirken kann. Die äußere Anwendung basiert auf der adstringierenden und möglicherweise antimikrobiellen Wirkung des Krauts, die zur Reinigung der Wunden und zur Beschleunigung des Heilungsprozesses beiträgt.
Anwendungsformen
Schachtelhalmkraut wird in verschiedenen Darreichungsformen angeboten, darunter:
- pulverisierte Droge in Tabletten
- Trockenextrakte in Dragees und Kapseln
- alkoholische Auszüge in Tropfen und Saft
- Equisetum arvense homöopathische Urtinktur (⌀) in Tropfen
- ölige Auszüge bzw. Glycerinextrakte in Einreibungen
- geschnittenes Schachtelhalmkraut zur Teebereitung: Die empfohlene Tagesdosis für Schachtelhalmkraut liegt bei 6 g Droge. Für die Zubereitung werden 2 bis 4 g fein geschnittenes Schachtelhalmkraut mit 500 ml kochendem Wasser übergossen und 5 Min. gekocht. Anschließend lässt man den Ansatz 10 bis 15 Min. stehen und gibt ihn durch ein Teesieb (Infus).
Fertigarzneimittel: siehe Packungsbeilage.
Sonstige Anwendung
In der Kosmetik findet Schachtelhalmkraut als Bestandteil zahlreicher Naturkosmetika Anwendung. In der Landwirtschaft wird es zur biologischen Schädlingsbekämpfung gegen Bodenpilzerkrankungen eingesetzt.
Nebenwirkungen
- Selten leichte Magenbeschwerden
Kontraindikationen
Im Rahmen der Durchführung einer Durchspülungstherapie mit Schachtelhalmkraut ist eine ausreichende Flüssigkeitsaufnahme essenziell. Diese Therapie ist deshalb bei Patienten mit Flüssigkeitsretention kontraindiziert. Des Weiteren existieren bisher keine ausreichenden Studien, welche die Sicherheit der Anwendung von Schachtelhalmkraut während der Schwangerschaft und Stillzeit belegen. Aufgrund fehlender wissenschaftlicher Erkenntnisse wird zudem von der Anwendung bei Kindern unter 12 Jahren abgeraten.
Literatur
- E. Teuscher et. al., Biogene Arzneimittel - Lehrbuch der Pharmazeutischen Biologie, 8. Auflage, Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft, Stuttgart 2020
Weblinks
- Arzneipflanzenlexikon: Schachtelhalm. Abgerufen am 28.04.2024.
- Pharmakobotanik: Equiseti herba. Abgerufen am 28.04.2024.
- European Medicines Agency; Equiseti herba. Abgerufen am 28.04.2024.