Antithrombin
Abkürzung: AT, AT III
Handelsnamen: Kybernin®, Atenativ®, Anbinex®, ATryn®
Englisch: antithrombin
Definition
Antithrombin, kurz AT, ist ein Protein, das hemmend auf die Blutgerinnung wirkt. Häufig begegnet man auch noch der älteren Bezeichnung Antithrombin III. Eine andere ältere Bezeichnung ist Heparin-Kofaktor I.
Antithrombin ist außerdem ein Blutprodukt, das unter anderem zur Substitution bei Patienten mit Antithrombinmangel verwendet wird (Antithrombin-Konzentrat).
Biochemie
Antithrombin ist ein Glykoprotein, das in der Leber gebildet wird. Es besteht aus 432 Aminosäuren und gehört zu den Serinproteaseinhibitoren. Das Protein enthält drei Disulfidbrücken und vier Glykosylierungsstellen. Die dominante Form des Antithrombin, α-Antithrombin, kommt im Blutplasma vor und hat an jeder Glykosylierungsstelle ein Oligosaccharid gebunden.
Das Molekulargewicht von Antithrombin beträgt etwa 58 kDa. Bei Gesunden hat Antithrombin eine Halbwertszeit von ca. 60 Stunden. Die Plasmakonzentration beträgt 3-5 µmol/l, dies entspricht etwa 150 mg/l.
Physiologie
Die Gerinnungshemmung erfolgt durch Inaktivierung der Gerinnungsfaktoren, hauptsächlich Thrombin und Faktor Xa, aber auch Faktor IXa, XIa und XIIa. Eine Wirkungsverstärkung erfährt Antithrombin durch Heparin, welches die Affinität des Antithrombins zu den Faktoren etwa um den Faktor 1000 steigert.
Klinik
Angeborener, heterozygoter Antithrombinmangel ist ein selten vorkommender, aber schwerwiegender Risikofaktor für Thromboembolien. Der Antithrombinspiegel gehört deshalb zur Thrombophiliediagnostik.[1] Ein homozygoter Antithrombinmangel ist mit dem Leben nicht vereinbar.
Die Bestimmung des Antithrombinspiegels kann, ähnlich wie der Quick-Wert, zur Beurteilung der Lebersyntheseleistung verwendet werden. Ein erniedrigter Antithrombinblutspiegel liegt auch bei einer Verbrauchskoagulopathie vor.
Bei einem Antithrombinmangel kann die Heparinwirkung vermindert bis aufgehoben sein.
Labormedizin
Material
Für die Untersuchung werden 5 ml Citratblut benötigt.
Hinweise zur Abnahme
Bei der Blutentnahme ist darauf zu achten, dass das Blutentnahmeröhrchen vollständig gefüllt ist und nach der Abnahme mehrfach geschwenkt wird. Die Citratblutprobe sollte innerhalb von wenigen Stunden analysiert werden, da sonst die Gefahr eines ungültigen Ergebnisses besteht. Sollte der Zeitraum bis zur Analyse absehbar länger sein, muss die Probe zunächst zentrifugiert werden und im Folgenden das Blutplasma abgetrennt und eingefroren werden.
Referenzbereich
- Konzentration im Citratplasma: 18 - 34 mg/dl
- Antithrombinaktivität: 75 - 125% (relativ zu einem Normalplasma)
Die Antithrombinaktivität wird mittels eines chromogenen Substrates aus Citratplasma bestimmt. Die Bestimmung der Antithrombinaktivität spielt eine wichtige Rolle bei der Untersuchung auf einen angeborenen Antithrombinmangel. Im Gegensatz zum erworbenen Antithrombinmangel ist die Antithrombinaktivität bei der hereditären Form erniedrigt.
Interpretation
Erhöhtes Antithrombin
Die Antithrombinkonzentration ist erhöht bei:
Erniedrigtes Antithrombin
Die Antithrombinkonzentration ist erniedrigt bei:
- angeborenem Antithrombinmangel
- Leberschäden
- Sepsis
- Proteinverlust z.B. im Rahmen von renalen Erkrankungen
- Verbrauchskoagulopathie
- Einnahme von Ovulationshemmern
- Heparintherapie (bis zum 2. Tag)
- Neugeborenen (physiologischer Vitamin-K-Mangel)
Störfaktoren
Durch Antikoagulantien kann die Antithrombinmessung auf verschiedene Weise gestört werden. Dies gilt insbesondere für die Medikation mit "DOAKs". Der Effekt ist allerdings von der jeweils verwendeten Messmethode abhängig.
Wenn die Antithrombinkonzentration im eigentlichen Sinne als Inaktivierung des Thrombins bestimmt wird, werden unter Einnahme von Thrombinhemmern logischerweise falsch hohe Werte gemessen.
Ein Teil der Assays zur Antithrombinbestimmung misst nicht die Antithrombin-, sondern die Anti-Faktor Xa-Aktivität des Enzyms. Bei Patienten, die Faktor-Xa-Hemmer nehmen, werden mit diesen Testsystemen falsch hohe Werte gemessen.
Die schon lange bekannte Störung durch Heparin wird meist durch Zusatz von Heparin-neutralisierenden Substanzen zum Reagenz abgefangen.
Literatur
- Laborlexikon.de; abgerufen am 03.02.2021
- Gerinnungskonsil: rationelle Diagnostik und Therapie von Gerinnungsstörungen; Pötzsch, Bernd et al.: (2002)