Ventrikelseptumdefekt (Pferd)
Synonyme: VSD, Foramen interventriculare persistens
Englisch: ventricular septal defect
Definition
Der Ventrikelseptumdefekt, kurz VSD, ist eine kongenitale Fehlbildung des Herzens beim Pferd, bei der eine unphysiologische Verbindung zwischen dem rechten und linken Ventrikel besteht.
Epidemiologie
Der Ventrikelseptumdefekt ist die häufigste kongenitale Herzmissbildung beim Pferd. Ponys sind häufiger betroffen als Vollblutpferde.
Ätiologie
Die Fehlbildung entsteht durch einen unvollständigen Verschluss des Foramen interventriculare während der Embryonalphase. Der Defekt befindet sich meist im membranösen Anteil des Ventrikelseptums (Septum interventriculare), direkt ventral der Aorten- und Trikuspidalklappe.
Pathologie
Durch den fehlenden bzw. unvollständigen Verschluss des Foramen interventriculare kommt es zum Blutaustausch zwischen dem rechten (Ventriculus cordis dexter) und linken Ventrikel (Ventriculus cordis sinister).
Aufgrund der unterschiedlichen Druckverhältnisse in den beiden Herzkammern entsteht ein vom linken in den rechten Ventrikel gerichteten Blutfluss (Links-Rechts-Shunt). Auf diese Weise gelangt ein Teil des bereits oxygenierten Blutes (anstatt in die Aorta) erneut in den rechten Ventrikel. Der Druck im rechten Ventrikel steigt an, worauf dieser dilatiert und sich das vermehrte Blut in den Lungenkreislauf zurückstaut. In weiterer Folge entsteht einerseits eine pulmonale Hypertonie, andererseits (aufgrund dilatiertem rechten Ventrikel) eine Trikuspidalinsuffizienz.
Steigt der Druck im rechten Ventrikel weiter an, können die Druckveränderungen zu einer Umkehr des Shuntflusses führen. Das sauerstoffarme Blut gelangt dann vom rechten in den linken Ventrikel und dann im Zuge der Systole in den Körperkreislauf.
Klinik
Die klinischen Symptome hängen mit der Größe des Defektes und der Richtung des Shuntflusses zusammen. Die Erkrankung ist häufig asymptomatisch, sodass Symptome erst bei größeren Defekten entstehen.
Kleine Defekte mit Links-Rechts-Shunt verursachen in der Regel keine Probleme. Große Läsionen sowie die Shuntumkehr (Rechts-Links-Shunt) führen zu einer chronischen Unterversorgung des Körpers mit Sauerstoff. Die periphere Hypoxie zeigt sich v.a. durch Zyanose, Tachykardie und hochgradige Leistungsinsuffizienz.
Differenzialdiagnosen
Als Differenzialdiagnosen müssen v.a. respiratorische Erkrankungen (z.B. RAO), schwerwiegende orthopädische Probleme (z.B. massive Arthrosen) sowie andere Herzerkrankungen (z.B. Aorteninsuffizienz) ausgeschlossen werden.
Diagnose
Neben der Anamnese und klinischen Untersuchung ist v.a. eine gründliche Auskultation des Herzens für die Diagnosestellung wichtig. Hier fällt oftmals ein raues, holosystolisches Herzgeräusch auf, das rechts häufig besser hörbar ist als auf der linken Thoraxseite.
Die Diagnose ist dann mittels Echokardiographie (inkl. Doppler-Sonographie) zu stellen. Durch die Injektion von Kontrastmittel (geschütteltes Eigenblut, vermischt mit NaCl-Lösung) in die Vena jugularis externa kann der Shuntfluss bestimmt werden (beim Rechts-Links-Shunt lassen sich sogenannte "bubbles" im linken Herz nachweisen).
Therapie
Asymptomatische Ventrikelseptumdefekte benötigen keine Therapie. In diesem Fall sollten die Tiere regelmäßig (jährlich) kardiologisch untersucht und neu bewertet werden.
Größere Defekte sowie Defekte, die mit Leistungsintoleranz einhergehen, müssen immer mit einem Belastungs-EKG weiter abgeklärt werden. Bei Abweichungen darf das Tier nicht mehr sportlich genutzt werden. Zusätzlich können ACE-Hemmer angewendet werden, um sowohl die Vor- als auch Nachlast zu senken. Aufgrund der schlechten oralen Bioverfügbarkeit sowie der hohen Dosierungen (hohe Kosten) kommen ACE-Hemmer nur selten zum Einsatz.
Bei manifester Herzinsuffizienz mit Lungenödem und verminderter Kontraktilität sind Schleifendiuretika (z.B. Furosemid) und Digoxin indiziert. Häufig ist aber nur noch eine Euthanasie anzuraten.
Prognose
Die Prognose hängt von der Lokalisation und der Größe des Defekt sowie der Richtung des Shuntflusses ab. Defekte, die kleiner als ein Drittel des Aortenwurzeldurchmesser sind, besitzen grundsätzlich eine gute Prognose. Größere Defekte hingegen sowie Defekte mit Rechts-Links-Shunt sind als prognostisch ungünstig einzustufen.
Literatur
- Marr, CM. Cardiac murmurs: congenital heart disease. In: Marr CM, Bowen IM (Editors). 2010. Cardiology of the horse. Second edition. Saunders Elsevier Limited. 193-205. ISBN: 978-0-7020-2817-5
- Gehlen H, Hopster-Iversen C, Schmitz RR. Krankheiten des Herz-Kreislauf-Systems. In: Brehm W, Gehlen H, Ohnesorge B, Wehrend A (Hrsg.). 2017. Handbuch Pferdepraxis. 4., vollständig überarbeitete und erweiterte Auflage. Stuttgart: Enke Verlag in Georg Thieme Verlag KG. 237-283. ISBN: 978-3-13-219621-6
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