Paraduodenale Pankreatitis
Synonyme: Groove-Pankreatitis (veraltet), Rinnenpankreatitis, zystische Duodenaldystrophie
Englisch: groove pancreatitis
Definition
Die paraduodenale Pankreatitis, kurz PP, ist eine seltene Form der chronischen Pankreatitis. Sie ist durch eine Fibrosierung der Furche (engl. groove) zwischen Pankreaskopf, Duodenum und Ductus choledochus gekennzeichnet.
Geschichte
Die paraduodenale Pankreatitis wurde erstmals 1976 von dem deutschen Arzt Volker Becker beschrieben.
Ätiologie
Die genaue Ursache ist unbekannt. Es besteht eine Assoziation mit langfristigem Alkoholmissbrauch, funktioneller Obstruktion des Ductus Santorini und Hyperplasie der Brunner-Drüsen.
Epidemiologie
Angaben zur Epidemiologie sind lückenhaft. Es wird vermutet, dass hauptsächlich Männer mittleren Alters mit einer Vorgeschichte von Alkohol- und Tabakkonsum betroffen sind.
Einteilung
Die paraduodenale Pankreatitis wird in zwei Formen unterteilt:
- Der groove-predominant-Typ bezeichnet die reine Form, die nur die Pankreatikoduodenalrinne betrifft.
- Der pancreas-involving-Typ bezeichnet die segmentale Form. Sie ist ebenfalls auf die Pankreatikoduodenalrinne zentriert, erstreckt sich aber auch medial in den Pankreaskopf.
Die Abgrenzung zwischen diesen beiden Formen ist jedoch nicht immer eindeutig. So kann es bei einer reinen paraduodenalen Pankreatitis in manchen Fällen zu einer fortschreitenden Einengung des Ductus pancreaticus und in der Folge zu diffusen Veränderungen im gesamten Pankreasparenchym kommen.
Symptome
Die paraduodenale Pankreatitis äußert sich klinisch durch Oberbauchschmerzen, Übelkeit, postprandiales Erbrechen sowie Diarrhoe und Gewichtsverlust. Darüber hinaus können sich ein Ikterus und ein Diabetes mellitus entwickeln.
Histopathologie
Histopathologische Merkmale der paraduodenalen Pankreatitis sind:
- erweiterter Ductus pancreaticus
- Pseudozysten in der Wand des Duodenums
- Granulationsgewebe, das verschmolzene Makrophagen vom Fremdkörpertyp enthält
- Hyperplasie der Brunner-Drüsen
- heterotopes Azinusgewebe des Pankreas, durchsetzt von dichter myofibroblastischer und neuraler Proliferation
- Beteiligung der Pankreatikoduodenalrinne durch fibrotische, entzündliche Veränderungen
Diagnostik
Die Diagnosestellung erfolgt mittels bildgebender und endoskopischer Untersuchungsverfahren.[1][2] Eine sichere Unterscheidung zwischen der reinen und der segmentalen Form ist hierbei meistens nicht möglich. Bei der segmentalen Form lassen sich jedoch häufig hypodense Läsionen im Pankreaskopf und Aufweitungen des Ductus pancreaticus erkennen. Bei der reinen Form erscheint das Pankreas normal.
Mögliche allgemeine Merkmale der paraduodenalen Pankreatitis in der Bildgebung sind:
- entzündliche Veränderungen der Bauchspeicheldrüse
- lokale Zysten
- Pankreasverkalkungen und Pseudozysten
- Kompression der Gallengänge und des Pankreasgangs
- Dilatation der Gallengänge des Pankreasgangs mit Double-Duct-Zeichen
- Erweiterung des Raums zwischen den distalen Pankreas- und Gallengängen und Duodenum
- zystische Verdickung der Pankreatikoduodenalrinne oder der Duodenalwand mit oder ohne Stenose des Duodenums
- umschriebene echoarme Veränderung zwischen Duodenum und Pankreasparenchym
- Verlust von Fettgewebe zwischen Pankreaskopf und Duodenum
- sichelförmiges, blattartiges Weichteilgewebe
- bananenförmige Gallenblase
Sonografie
In der Sonografie zeigt sich eine Verdickung des zweiten Teils des Duodenums sowie eine mögliche Kontinuität zu einer echoarmen Masse in der Nähe des Pankreaskopfes. Darüber hinaus kann eine Kalkpankreatitis nachweisbar sein. Gegebenenfalls ist eine leichte bis mittelschwere Dilatation des Pankreasgangs und des Ductus choledochus zu erkennen, die zum Double-Duct-Zeichen führt.
Endosonografie
Die pathologischen Veränderungen lassen sich endosonografisch oft besser darstellen, als mittels transabdomineller Bildgebung. Die Endosonografie eignet sich besonders gut zur genauen Lokalisierung der Erkrankung. Zusätzlich ermöglicht sie die Entnahme von Gewebeproben.
CT
Bei der paraduodenalen Pankreatitis wird meist ein Mehrschicht-CT (MDCT) angewendet. Das fibröse Gewebe innerhalb der Pankreatikoduodenalrinne ist nach Kontrastmittelgabe durch eine späte Kontrastmittelanreicherung zu erkennen.
MRT
Der charakteristische Befund in der Kernspintomografie ist eine flächige blattartige Masse zwischen Pankreaskopf und Duodenum. Zu den Signaleigenschaften gehören:
- T1: Hypointens zum Pankreasparenchym
- T2: hypo-, iso- oder leicht hyperintens
Durch die in der verringerte Signalintensität in der T1-Wichtung eignet sich die MRT im Vergleich zur CT besser, um Veränderungen des Pankreas festzustellen. Die Hypodensität entsteht hierbei durch die Parenchymatrophie und Fibrosierung.
Mit Hilfe der T2-Wichtung kann auf den Grad der Krankheitsaktivität geschlossen werden. Während sich in der Anfangsphase der Erkrankung vor allem durch Ödeme bedingte hyperintense Signale zeigen, schwingt dies im fortgeschrittenen Stadium zu iso- bis hypointensen Veränderungen um. Grund hierfür ist die fortschreitende Fibrosierung. Zudem lassen sich die zystischen Veränderungen und die damit einhergehenden Wandverdickungen in der T2-Wichtung gut darstellen.
MRCP
Die Aufweitungen der Pankreasgänge im Rahmen einer segementalen paraduodenalen Pankreatitis können mittels MRCP diagnostiziert werden.
Differentialdiagnose
Die wichtigste Differentialdiagnose ist das Pankreaskarzinom, da sich die paraduodenale Pankreatitis sowohl klinisch als auch radiologisch ähnlich manifestiert. Gelingt per Bildgebung oder Endosonografie keine sichere Abgrenzung, ist gegebenenfalls ein operatives Vorgehen mittels Pankreatikoduodenektomie indiziert.
Therapie
Zur Behandlung der paraduodenalen Pankreatitis existiert aufgrund der begrenzten Fallzahl und der geringen Anzahl an Studien bisher (2022) kein einheitliches Vorgehen. Besteht eine symptomatische Obstruktion der Gallengänge oder des Pankreasgangs durch den entzündlichen Pseudotumor, ist eine endoskopische Behandlung mittels Stenteinlage möglich. Je nach Ausmaß und Therapieansprechen kann jedoch auch ohne Malignitätsverdacht eine Operation erforderlich sein.
Literatur
- Schima, W.; „Paraduodenale Pankreatitis: eine benigne Differenzialdiagnose zum Pankreaskarzinom“; Springer 2019
- Zadeh et al.: Paraduodenal Pancreatitis: A Deceptive Abdominal Mass with Unique Histologic Findings Hindawi Case Reports in Surgery, Volume 2020
um diese Funktion zu nutzen.